Finissage mit Versteigerung des Lebenswerkes von Jürgen WeberDr. med. Peter Gottschalk (l.) überreicht Jürgen Weber einen Blumenstrauß.

Die stolze Summe von 4000 Euro kam bei der Auktion im Greizer Krankenhaus für einen guten Zweck zusammen
GREIZ. „Zum ersten, zum zweiten – und zum dritten“ hieß es am Dienstagabend in der Magistrale der Kreiskrankenhaus Greiz GmbH, als das Lebenswerk des Greizer Künstlers Jürgen Weber „unter den Hammer“ kam. Mit viel Fingerspitzengefühl, Fachwissen und einer großen Portion Humor hatte Auktionatorin Ines Wartenberg fast alle Bilder an den Mann, wahlweise die Frau gebracht. „Einfach toll, ich bin begeistert, dass wir eine Summe von 4000 Euro erzielt haben“, freute sich der Vorsitzende des Krankenhausfördervereins, Dr. Jürgen Reinhöfer nach Bekanntgabe des Ergebnisses. Der Verein ist es auch, der die stolze Erlössumme zum Kauf eines medizinischen Gerätes erhält. „Aus tiefer Dankbarkeit heraus, vor allem gegenüber dem Leitenden Chefarzt, Dr. med. Peter Gottschalk, habe ich meine Bilder dem Krankenhaus überlassen“, widersetzte sich Jürgen Weber augenzwinkernd dem Vorwurf, er sei „nicht ganz richtig im Kopf“, sein Lebenswerk zu verschenken. Wie er versichert, falle es ihm nicht schwer, sich von seinen Werken zu trennen: „Ich weiß sie in guten Händen.“
Der Versteigerung war die Finissage zur Ausstellung „Der Alte Wilde“ vorangegangen. Seit Mitte Juni hatte man knapp fünfzig Bilder des Greizer Künstlers in der Magistrale der Klinik anschauen können. Die Bilder von Jürgen Weber sind etwas ganz Besonderes: dem Betrachter assoziieren sie sofort Werke von Friedensreich Hundertwasser, Marc Chagall, Wassily Kandinski oder Pablo Picasso. Die Malerei begleitete Jürgen Weber durch alle leichten, aber auch schwierigen Lebenslagen. „Oft verschmolz ich regelrecht mit dem Künstler. Malte ich ein Hundertwasserbild, trug ich sogar bunte Strümpfe“, wiederholt der Künstler immer wieder – auch dem Vorwurf begegnend, dass es sich doch um Fälschungen handelt, positioniert sich der Künstler entschieden. Auf Leinwand werden die Werke der Künstler nachgemalt – mit kleinen Fehlern. „Dies ist gewollt und Absicht“, so der Künstler.

Antje-Gesine Marsch @16.07.2014

Laudatio zur Finissage der Ausstellung „Der Alte Wilde“
Sehr geehrte Damen und Herren,
die alte Weisheit, dass Kunst zunächst und zuallererst Handwerk ist, lässt sich leicht nachvollziehen: Der Bildhauer, der bei der jeweiligen Gesteinsart nicht weiß, wie der Meißel anzusetzen ist, der Maler, der die naturalistisch exakte Perspektive nicht zustande bringt, der Komponist, dem die Harmonielehre nicht vertraut ist – all das ist undenkbar. Die wahren Abenteuer sind im Kopf – und die schönsten Ideen ohnehin. Bei Jürgen Weber trifft das genau zu: Seine – aus kräftigen, manchmal fast schreienden, kontrastreichen Farben zusammen gefügte Ornamente glühen förmlich vor überschäumender, gleichzeitig aber auch gebremster Ausgelassenheit. Wie sagt man so schön? Er hat sein Handwerk gelernt…was umso erstaunlicher ist, da er niemals eine Kunstakademie besuchte. 1941 im Erzgebirge geboren, wuchs Jürgen Weber in einem evangelischen Stift auf. Dort regten ihn die Ordensschwestern zum Malen an – das seit dem 8. Lebensjahr. In Karlsruhe fand er eine Pflegefamilie.
Wenn Jürgen Weber aus seinem Leben spricht, dann blitzen seine Augen auf. Vieles scheint abenteuerlich, manches sogar tragisch. Er hat die ganze Welt gesehen und trotzdem zog es ihn vor wenigen Jahren zurück nach Greiz, die Stadt, in der er viele für ihn wichtige und bereichernde Jahre verbrachte.
Was braucht ein Mensch, um glücklich zu sein? Diese Frage stellte schon Friedensreich Hundertwasser. Er fand sein persönliches Glück in der Malerei. Ich kann mir gut vorstellen, dass es bei Jürgen Weber ähnlich war, ist und bleibt. Seine Kunst vermag es im Handumdrehen, den Betrachter in eine andere Welt zu entführen. So manches Mal wird dieser Satz leichtfertig oder vorschnell gesagt, doch trifft es auf die Ausstellung „Der Alte Wilde“ einhundert prozentig zu.
Was braucht ein Mensch, um glücklich zu sein? Bei Jürgen Weber weiß ich, dass es ihn glücklich macht, dass sein Lebenswerk heute und hier für einen guten Zweck versteigert wird. Seit Mitte Juni konnte man an die 50 Bilder hier in der Magistrale beschauen und der ein oder andere besah sie sich nicht nur einmal.
Lebenswerk: das klingt sehr pathetisch. Ein künstlerisches Lebenswerk umfasst alle Dinge, die man im Laufe seines Lebens geschaffen hat. Es wird sicher nie eine Vollständigkeit erreichen, denn viele von Jürgen Webers Werken wechselten den Besitzer und sind nicht nur in ganz Deutschland, sondern bspw. in Spanien zu finden.
Die Bilder von Jürgen Weber sind etwas ganz Besonderes: dem Betrachter assoziieren sie sofort Werke von Friedensreich Hundertwasser, Marc Chagall, Paul Klee, Kandinski oder Pablo Picasso. Die Malerei begleitete Weber durch alle leichten, aber auch schwierigen Lebenslagen. „Oft verschmolz ich regelrecht mit dem Künstler. Malte ich ein Hundertwasserbild, trug ich sogar bunte Strümpfe“, sagt der Künstler. Immer wieder dem Vorwurf begegnend, dass es sich doch um Fälschungen handelt, positioniert sich der Künstler entschieden: „Es gibt immer eine Nuance, die anders ist; etwa die Größe der Zinnen – oder ich male anstatt acht Karos nur sechs“, erklärt der Maler, der die Bilder nicht signiert, sondern mit einer Nummer versieht. Auf Leinwand werden die Werke der Künstler nachgemalt – mit kleinen Fehlern…“Dies ist gewollt und Absicht“, so der Künstler Weber.
Es handelt sich dabei weder um Öl-noch um Acrylfarben, sondern ganz spezielle.
Die Ausstellung zeigt ebenso eigene Kreationen einer Art von Hinterglasmalerei, für die Jürgen Weber spezielle, lichtdurchlässige Farben benutzt. Woher er sie bezieht, darüber hüllt sich der Künstler in Schweigen. Die Farbe wird auf dünne Glasscheiben aufgetragen, oft wird Blattgold oder Stanniol eingearbeitet. Die Motive fließen förmlich über das Bild hinaus – gehen selbst im Bilderrahmen ineinander über. Begegnen konnte man auch exotischen Fabelwesen, Schlangen, aber auch Fischen. Wenn in einem Motiv Leopard und Gepard aufeinander treffen, kann das nur Fiktion sein.
Jürgen Weber verarbeitet setzkastenartig kunterbunte, schillernde Steine, scheut sich auch nicht, malerisch lila Berge darzustellen. Als Künstler – seiner selbst sicher – hat Weber seinen ganz besonderen Stil bis zum letzten Pinselstrich durchgehalten. Seit anderthalb Jahren malt Jürgen Weber nicht mehr, das muss man vielleicht dazu sagen. In all den Jahren wurde offenkundig, worauf sein Leben in Höhen und Tiefen, in Erkenntnis und Irrtum, in Liebe und Hass, in Schöpferkraft und Krankheit hinaus wollte: Es hatte nur ein Ziel; das Kunstwerk.
Die Romantikerin Karoline Schlegel schrieb einmal:
„Bitte wiederhole es dir unaufhörlich, wie kurz das Leben ist und dass nichts so wahrhaft existiert wie das Kunstwerk.“ Um wieder auf Friedensreich Hundertwasser zurückzukommen: Er prägte den Satz: Nur wer schöpferisch denkt und lebt, wird leben.
Wenn heute das Lebenswerk von Jürgen Weber „unter den Hammer kommt“ ist das ein Ausdruck des tiefen Dankes, den er dem Kreiskrankenhaus Greiz, vor allem dem Leitenden Chefarzt, Dr. med. Peter Gottschalk zollt. Viele Klinikaufenthalte, die Jürgen Weber hinter sich brachte, zehrten zwar an seinen Kräften, nie aber an seiner Überzeugung, hier in besten Händen zu sein. „Wir sind nicht mehr nur Patient und Arzt – wir sind Freunde geworden“, sagt Jürgen Weber immer wieder.
Wie er sagt, fällt es ihm nicht schwer, sich von seinen Werken zu trennen.
An dieser Stelle noch einmal ein herzlicher Dank an Sie, verbunden mit den besten Wünschen für Sie und Ihre Ehefrau Helga.

Antje-Gesine Marsch