Greizer Heimatbote Juni 1984

Kulturspiegel für den Kreis Greiz

Greizer Heimatbote Juni 1984
„Festspieler grüßen die Gäste“ könnte man dieses Foto nennen. Es entstand bei der Aufführung der „Vogtländischen Kirmes“, die einstudiert wurde für die 20. Arbeiterfestspiele. Foto: Hiller
Inhalt Juni 1984
– Festspieler grüßen die Gäste (Vogtländische Kirmes)
– Restaurierter Treppenaufgang im Unteres Schloß
– Leistungsschau künstlerischen Reichtums
– UdSSR-Fernsehen dabei
– Rathaus erstrahlte 1964
– Keine Seilerbahn am Elsterufer (Seiler)
– Jedes Stück mit ganzer Liebe bemalt (Volkskünstlerin)
– Publikationen über unsere nähere Heimat
– Volkskünstlerische Arbeiten
– Dr. Richard Sorge
– Dank für langjähriges Wirken
– Mit hohen Auszeichnungen geehrt
– Mitgliedschaft im Verein der Manufakturarbeiter wurde nicht genehmigt
– Greiz, wie man es nicht mehr kennt — Seilerbahn auf dem Anger
– Markersdorf bei Berga — 1329 genannt
– Es könnten Kalenderblätter sein…
– Waltersdorf war gemeint (Berichtigung)
– Gehorsamster Bericht (an Schulinspektion)
– Ortsnamen des sächsischen Vogtlandes erschlossen
– Wetter März 1984
– Schweitzer-Gedenkstätte
– Gratulation! (hohes Alter)
– Chorsingen vor dem Sommerpalais
– Daten von heute…
– Neugernsdorf, Haus Nr. 43

Der „Heimatbote“, Kulturspiegel für den Kreis Greiz, wird herausgegeben vom Kreiskulturhaus „Deutsch- Sowjetische Freundschaft“ Greiz (Direktor: Hans-Jürgen List), Stavenhagenstraße 3/5.
Die Redaktion „Heimatbote° wurde mit der Johannes-R.-Becher-Medaille in Silber ausgezeichnet. Verantwortlicher Redakteur: Anita Waldmann. ,
Ehrenamtliche Redaktionskommission: Wolfgang Grünler, Irmengart Müller-Uri, Dr. Frank Reinhold, Günter Simbeck, Günter Wachter, Karl-Heinz Zierdt.
Lizenz-Nr. M 182/84 des Rates des Bezirkes Gera; Index-Nr. 34705; Artikel-Hr. (EDV) 400906; ISSN 02326779; Klischees: Volkswacht Gera, Werk III; für Anzeigen gilt der Preiskatalog Nr. 286/1 und 286/2. — Druck Vereinsbuchdruckerei Greiz, V-7-2 798

Hinweis: Nachdruck, auch auszugsweise, bedarf der Genehmigung durch die Redaktion und erfordert Quellenhinweis.

Auch das prägte das Antlitz des Kreises:
Rekonstruierter Treppenaufgang im Unteren Schloß

Greizer Heimatbote Juni 1984
Das im späten 19. Jh. entstandene Treppenhaus (heute zugleich der Aufgang zur Musikschule) zieren u. a. Marmor-Imitationen, ein Fries mit Helmen, Helmzier und allerlei Symbolen, Rechtecke mit Köpfen, an der Kuppel zwölf Bildnisse, die die Monate darstellen. Diese Bildnisse sind in Wachsfarbe auf Leinwand ausgeführt. Ende der 70er Jahre wurde mit der umfangreichen Rekonstruktion des Treppenhauses begonnen. Seither ist jeder Besucher von diesem unerwarteten Glanzpunkt überrascht. (Siehe auch „Putten und Krieger blickten blaß“ in Heft 7/1979.)
Foto: Freund

1949 – 1984
Menschen, Taten, Ereignisse — heute und in 35 Jahren Deutsche Demokratische Republik

Zu den 20. Arbeiterfestspielen in diesem Monat:
Leistungsschau künstlerischen Reichtums
Greiz ist nicht das erste Mal Festspielort / Von den 6. bis zu den 20. Arbeiterfestspielen neue Qualitäten erreicht / Von A. Waldmann

Die Vorbereitung, auf die 20. Arbeiterfestspiele ging in den letzten Monaten durch die Presse der gesamten Republik.
In diesen Wochen nun gibt es in Betrieben und kulturellen Einrichtungen die Programme, die auf die Veranstaltungen im einzelnen hinweisen. Darauf brauchen wir also nicht einzugehen. Wir wollen vielmehr versuchen, uns die Vielfalt der Veranstaltungen und die Vielzahl der Ensembles vor Augen zu führen.

Greiz ist einer von mehreren Festspielorten des Bezirkes Gera
An drei Tagen (22.-24. 6.) finden die Veranstaltungen statt, die folgenden Komplexen zuzuordnen sind :
• Woche der Arbeitertheater (16.-24. 6.)
• Fest der Textilarbeiter
• Markttreiben
• Ball der Textilarbeiter
• Pionierfest unter dem Motto „Laßt die Sonne immer scheinen für uns Kinder auf der Welt“
• Familienkirmes für groß und klein
Es treten (nach dem Stand bei Redaktionsschluß) etwa 40 Gruppen bzw. Ensembles von außerhalb auf, außerdem Gruppen bzw. Klangkörper aus dem Kreis Greiz. Die Gäste kommen aus der gesamten Republik, z. B. aus Berlin, Dessau, Dresden, Eisenach, Frankfurt/ Oder, Gera, Görlitz, Halle, Leipzig, Rodau, Schwedt, Schwerin, Sonneberg, Teltow, Weimar oder Zwickau.

Volkskunst dominiert
Sind auch Repräsentanten für Gesprächsrunden da, sind auch Berufsmusiker, Programmsprecher, Moderatoren und Berufskünstler dabei, muß man doch die
Fülle der Veranstaltungen als Angelegenheit der Volkskünstler bezeichnen. Die folgende Übersicht macht das deutlich. Im Festspielort Greiz werden wirksam :
Arbeitertheater
Ballett
Blasorchester
Diskothek
Folklorezentrum
Jugendgesangsensembles
Kabarettgruppen
Kammerchor
Pantomimen-Gruppe
Puppenspiel-Gruppen
Schalmeienzüge
Sportwerbegruppe
Sinfonieorchester
Tanzgruppen
Volkskunstensembles
Zauberzirkel
Trägerbetriebe dieser Gruppen und Ensembles sind in der Mehrzahl bedeutende volkseigene Betriebe, aber man findet auch die Nationale Volksarmee, die SDAG Wismut, Kombinate, Gemeindeverbände, Schulen und das Folklorezentrum Schneeberg.

Konzentration der Veranstaltungen in der Kreisstadt
Sie finden statt im Goethepark, in der HOG „Friedensbrücke“, auf dem Karl-Marx-Platz, im Kreiskulturhaus „Deutsch- Sowjetische Freundschaft“, im Kulturhaus „Richard Schiller“ und in Straßen der Neustadt. Der Besucher kann also von einer Veranstaltung in die andere kommen, in denen ausgesuchte Ensembles und Klangkörper in die Tat umsetzen, was mit den Worten gesagt ist: „Gestaltet den 35. Jahrestag der DDR und seine Vorbereitung zu einer vielfältigen Leistungsschau unseres geistig-kulturellen Lebens! Mehrt den wissenschaftlichen und künstlerischen Reichtum unseres Landes!“*

1949 – 1984
Menschen, Taten, Ereignisse — heute und in 35 Jahren Deutsche Demokratische Republik

Wie War das vor 20 Jahren?
Interessant, daß Greiz nicht zum ersten Male Festspielort bei Arbeiterfestspielen ist! Bereits im Juni 1964, zu den 6. Arbeiterfestspielen, war das der Fall. Damals hatte man auch Städte und Gemeinden einbezogen.
Teichwolframsdorf hatte an drei Abenden Veranstaltungen, davon eine Johannes-R.-Becher-Ehrung mit Inge Keller, Wolfgang Heinz, Wolfgang Langhoff, Otto Mellies u. a. In Berga gab es vier Veranstaltungen, auch Elsterberg und Umgebung fand sich im Programm. Aus dem Ausland konnte man den Partisanenchor Jugoslawien begrüßen.
„Lauter Volltreffer“, sieben Großveranstaltungen allein am Sonnabend in Greiz. Hierzu zählte eine Opernaufführung des Theaters Stralsund und ein geselliger Tanzabend in der HOG „Friedensbrücke“, wie die „Volkswacht“ am 12. Juni 1964 ankündigte.
Vom Verlauf der Festtage berichtete die „Volkswacht“ am 22. Juni ganzseitig. Ins Auge fielen Zeilen wie „Großartiger Auftakt“, „Ereignis ersten Ranges“, „überfüllter Saal“ oder „Rosen zur Begrüßung“. Anläßlich seines Besuches der 6. Arbeiterfestspiele im Bezirk Gera 1964 gab der Erste Sekretär des ZK der SED und Vorsitzende des Staatsrates der DDR, Gen. Walter Ulbricht, der Bezirksredaktion der „Volkswacht“ ein Interview. Er sagte u. a.: „Die wichtigste Aufgabe sehe ich darin, diese schöpferische kulturelle Arbeit noch viel weiter zu entwickeln — dabei haben die Gewerkschaften eine besonders große Verantwortung — und überall die schöpferische Initiative der ganzen Bevölkerung zu entfalten!“
Die Bürger unseres Landes haben diese Aufgabe gelöst, die 20. Arbeiterfestspiele 1984 beweisen es. Zugleich machen sie einmal mehr augenfällig: „Was die Arbeit erbringt, kommt dem einzelnen und der ganzen Gesellschaft zugute …“ In der DDR wird „das materielle und kulturelle Lebensniveau der Menschen gesichert und weiter ausgebaut.“
* Aus: Aufruf zum 35. Jahrestag der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik

UDSSR-Fernsehen dabei
Mitte April machte das Zentrale Fernsehen der UdSSR Aufnahmen beim Jugendgesangsensemble DSF, Greiz. Die Aufnahmen sind für eine Dokumentation über Partnerschaftsbeziehungen zwischen sozialistischen Ländern bestimmt.
(Aus: Vw vom 24. April 1984)

Greizer Heimatbote Juni 1984
Werbung im Greizer Heimatbote Juni 1984: VEB Chemiewerk Greiz-Dölau

1949 – 1984
Menschen, Taten, Ereignisse — heute und in 35 Jahren Deutsche Demokratische Republik

Greizer Heimatbote Juni 1984
Das Rathaus erstrahlte 1964 zu den 6. Arbeiterfestspielen im Leuchtschmuck von 525 Glühlampen, wie die Tagespresse am 20. Juni 1964 schrieb.
Vielleicht entstand damals unser Archivbild.

1949 – 1984
Menschen, Taten, Ereignisse — heute und in 35 Jahren Deutsche Demokratische Republik

Die für Juni in Greiz geplante Zunftstraße gab den Anstoß, bei uns wenig vertretene Berufe und Arbeitstechniken vorzustellen. Heute ist es ein Seilermeister und eine Volkskünstlerin
Keine Seilerbahn am Elsterufer
Im Kreis Greiz gibt es noch einen Seilermeister / Er hat sich auf technische Schnüre spezialisiert, fertigt aber auch Seile
Seiler heißt jene alte Zunft, deren Vertreter an Zahl immer weniger wurden, was zu einem beträchtlichen Teil von der technischen Entwicklung bedingt ist. Heute gibt es im Bezirk Gera noch zehn einschlägige Handwerksbetriebe, vor ca. 30 Jahren waren es doppelt so viele. Die zehn Händwerksbetriebe von sehr unterschiedlicher Größe haben sich spezialisiert; es fertigt nicht jeder alles. Zusammengefaßt sind sie in der Einkaufs- und Liefergenossenschaft des Seilerhandwerks in Ronneburg. Ihr Vorstandsvorsitzender ist seit 1977 der Seilermeister Heinz S a m m t aus Elsterberg. Abseits der Stadt, an der Moschwitzer Straße, liegt sein Betrieb, in dem außer dem Meister noch ein Mitarbeiter tätig ist.
Die Seilerei wurde dem Meister förmlich in die Wiege gelegt, denn schon der Vater und auch der Urgroßvater übten dieses Handwerk aus, allerdings nicht in Elsterberg. Hier ließ sich Heinz Sammt, seit 1951 Meister, 1954 nieder.
Wer nun allerdings meint, in Herrn Sammts Werkstatt ähnliches vorzufinden wie einst beim alten Meister Möbius am Anger in Greiz (siehe dazu unser Foto „Greiz, wie man es nicht mehr kennt — Seilerbahn auf dem Anger“ in diesem Heft), dessen Vorstellungen würden nicht ganz erfüllt. Das hängt mit der Spezialisierung der Handwerksbetriebe zusammen. Doch zunächst noch ein paar Sätze zum Herkömmlichen des Seilerhandwerks:
Die handwerksmäßige Herstellung von Seilen geht in der Seilerbahn vor sich. An dem einen Ende dieser Bahn — im Freien oder überdacht — steht ein eisernes Gestell mit Spindeln oder Haken, die durch Hand- oder Kraftantrieb gedreht werden. Die Fasern werden über die Haken gelegt und zusammengedreht. Rückwärts schreitend (deshalb sagte man, der Seiler verdiene sein Geld im Rückwärtsgehen), mit der einen Hand den Faden glättend, mit der anderen die Faserzufuhr aus der vorgebundenen Schürze regelnd, entstand so ein gedrehtes Erzeugnis.

Nicht jeder Strick ist ein Seil
Strick heißt das Gedrehte bis ca. 12 mm Stärke und zwei bis fünf Meter Länge. Ist es länger, spricht man von einer Leine. Als Seil zählt erst, was stärker ist als 12 mm.
Da man früher Stricke und Seile weit mehr einsetzte als heute, wurde viel an Seilerwaren gebraucht. Bei beträchtlichen Längen — man denke nur an Wäscheleinen oder Seile für Bauaufzüge — brauchte der Seiler auch viel Platz. Im Freien fand er ihn. Erst im Laufe unseres Jahrhunderts entstanden überdachte Seilerbahnen, doch ist die Arbeit im Freien auch heute noch üblich. In Tanna z.B. hat ein Seilermeister eine 90 m lange Seilerbahn quer durch seinen Garten.
Unser Elsterberger Handwerksmeister hat sich auf technische Schnüre spezialisiert, fertigt aber auch noch Seile, allerdings nur solche bis zu 20 m Länge. Während früher in der Seilerei manuelle Arbeit bestimmend war, gleicht die Werkstatt von Herrn Sammt eher einem Maschinenraum; die zahlreichen laufenden Fäden erinnern an eine Spulerei.
Einiges aus der Industrie wurde übernommen, z. B. Zwirnmaschine, die Litzenmaschine und die Kreuzspulmaschine.
Fäden werden nämlich zu Litzen zusammengedreht, mehrere Litzen zu einem Seil zusammengeseilt. Die Kreuzspulmaschine spult die Schnüre. Bevor es soweit ist, treten noch Vorrichtmaschine wie Poliermaschine in Aktion. Auf Letzterer werden die Schnüre mittels Leim und Schlichte (eine Masse auf Stärkebasis) geglättet.
Zu den technischen Schnüren, die in Elsterberg hergestellt werden, gehören Ankerkordeln für Elektromotoren, Harnischfaden, Garnierfaden und Schaftschnur (ein Material auch zur Herstellung von Transportbändern). Geliefert wird z. T. direkt an Betriebe, so an den VEB Zeiss Jena, VEB Transportgummi Bad Blankenburg, VEB Wälzlager Fraureuth, Betriebe für Industrietextilien der Bezirksstädte sowie an Chemie- und Lederwerke.
Der Seiler nutzte in vergangenen Jahrhunderten vor allem die heimischen Rohstoffe Hanf und Flachs. Heutzutage dagegen stammt der größte Teil der Rohstoffe aus Importen: Sisal aus Mocambique, Hanf aus der Sowjetunion und aus Ungarn, Flachs aus Österreich.

Da war auch noch ein schlimmer Zweck
Wäre noch zu sagen, daß das ehrbare alte Handwerk der Seiler im Volksmund mit einem sehr boshaften Namen belegt wurde : Galgenposamentierer. Damit nahm man ironisch Bezug auf eine frühere Form des Strafvollzugs, den Tod durch den Strang am Galgen. Man tat den Seilern unrecht, denn ihren Lebensunterhalt verdienten sie sich mit Erzeugnissen des täglichen Gebrauchs.
Fast von einer Zweckentfremdung könnte man (modern ausgedrückt) reden, wenn es um die frühere Produktionsstätte der Seiler in Hamburg geht. Ihre Reeperbahn (Reep = niederdt. Seil, Tau; Reeperbahn
Seilerbahn) lebt als Straße fort; was man von ihr singt, hat mit dem früher dort ausgeübten Handwerk nichts zu tun.

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Menschen, Taten, Ereignisse — heute und in 35 Jahren Deutsche Demokratische Republik

Jedes Stück mit ganzer Liebe bemalt
Erst im vorgerückten Alter hat eine Laienschaffende Zeit für ihr Hobby gefunden / Sie ist sich selbst der beste Kunde
Ob beim Webermarkt oder in der Kreisausstellung für volkskünstlerisches Schaffen — immer wieder begegnete man in den letzten Jahren Tellern, die mit nur einer Farbe mit dünnen Strichen bemalt sind, daß man meint, eine grobe Spitzendecke liege auf ihnen. Entstanden sind sie unter den Händen der heute 72jährigen Frau Gertrud Franke. Eigentlich wollte sie vor einigen Jahren mit Farbe und Pinsel nur gegen eine trübe Stimmung angehen, wollte probieren, was sie kann. Den heimlichen Wunsch, für den Hausgebrauch Farben gestalterisch anzuwenden, hatte sie schon Jahrzehnte — erlernt hat sie es nirgends. Und wo sollte sie in ihrem arbeitsreichen Leben auch die Zeit für so etwas finden?
65 Jahre alt war Frau Franke, als sie sich an Tellern versuchte, die von Omas Hausrat übrig waren. Dieses späte Beginnen und die nie versiegende Begeisterung für jedes einzelne Stück sind es, was Bewunderung verdient! Die rührige Frau, der immer etwas einzufallen scheint, unter deren Händen immer etwas entstehen muss (es kann auch bei einer sehr praktischen Arbeit in Haus und Garten sein), sagte dazu: „Es ist beglückend, sich dem Gesundheitszustand und den Fähigkeiten entsprechend betätigen zu können. Jedes Alter hat seine angenehmen Seiten, man muss sie nur aufspüren! Das ist eigentlich der schönste Lohn meines Hobbys!“

Die Phantasie entzündet sich an der Arbeit
So ist es immer gewesen, seit Frau Franke ihrem Hobby nachgeht. Anfangs weiß sie nur, welche Farbkomposition sie nimmt. Freilich, ein Gefühl für den Kreis hat sie, denn sie malt aus freier Hand, ohne Schablone. Mit dem Mittelpunkt geht’s los. Erst wenig, dann da noch ein Tupfer, dort eine Ranke. Oft sitzt sie bis spät abends, wenn in der Nachbarschaft schon das Licht hinter den Fenstern verlöscht ist; sie wird nicht müde. Das Freihandmalen bringt es mit sich, daß sich keines der Muster wiederholt. Jede Arbeit ist ein Einzelstück, und jedes Stück wird mit ganzer Liebe bemalt.

Mit Ölfarbe so dünne Striche?
Wer’s nicht kann, staunt darüber, wie die Ölfarbe mit ganz feinem Pinsel aufgetragen wird. Dabei sind die Farbtöpfe häufig nur kleine gesäuberte Kronenverschlüsse oder andere kleine Behältnisse. Ein sehr sorgsamer Umgang mit dem Arbeitsmaterial fällt dem Betrachter auf, eine sehr pflegliche Behandlung aller Utensilien.
Ist Frau Franke auch auf Ausstellungen vertreten, kommt sie auch seit 1976 Aufträgen des HO-Kreisbetriebes für die Verkaufsstelle „Truhe“ nach — ein Blick in ihre Wohnung zeigt, daß sie selbst ihr bester Kunde ist. Kein „nackter“ Krug, kein „glatter“ Teller auf dem Wandbrett. Außer den bekannten zarten ornamentalen Mustern findet man hier auch florale. Offensichtlich macht es der Schöpferin der kleinen Arbeiten Freude, mit so vielen heiteren Farben zu leben, offensichtlich genießt sie ihr spät entdecktes Hobby. Man meint, hier würden Sonnenstrahlen festgehalten. A. Waldmann
(* wurde zu wesentlichen Teilen bereits in der Tagespresse veröffentlicht)

Zum Markttreiben zu haben:
Publikationen über unsere nähere Heimat
Das dürfte die Greizer besonders freuen, aber auch deren Gäste, die ja zu den 20. Arbeiterfestspielen in großer Zahl erwartet werden. Folgende Publikationen, herausgegeben vom Kulturbund der DDR, Kreissekretariat Greiz, bzw. vom Kreisvorstand Greiz des FDGB, wird man kaufen können:
• „Das Liebschwitzer Ranzenmännchen“ (R. Schramm)
• „Denkmale des Kreises Greiz — ein Stück Heimatgeschichte in Wort und Bild“ (A. Waldmann)
• „Die Mühle unter der Teufelskanzel“ (R. Schramm)
• „Historische Fotografien“, eine Postkartenserie
• „Ortsnamen des Bezirkes Gera“ (H. Rosenkranz)
• „Sagengestalten des Greizer Landes“ (D. Hellfritzsch, Grafiken)

Vor dem Ohrenschmaus eine Augenweide
Volkskünsterische Arbeiten
Auch in diesen Wochen wird im Foyer des Kreiskulturhauses „Deutsch-Sowjetische Freundschaft“ in Greiz wieder Interessantes aus der Freizeitbeschäftigung unserer Bürger gezeigt. Einmal sind es volkskünstlerische Spitzenleistungen, zum anderen macht die Ausstellung der berufsausbildenden Einrichtungen des Kreises unter dem Titel „Freizeit, Kunst und Lebensfreude“ auf sich aufmerksam.

1949 – 1984
Menschen, Taten, Ereignisse — heute und in 35 Jahren Deutsche Demokratische Republik

Wer gab der Schule in Pohlitz seinen Namen? (5. Beitrag)
Dr. Richard Sorge
Zu den jüngsten polytechnischen Oberschulen unseres Kreises zählt die Dr.-Richard-Sorge-Oberschule in Greiz-Pohlitz. Am 31. August 1978 feierlich eröffnet, werden zur Zeit an dieser Volksbildungseinrichtung über 550 Schüler in 23 Klassen von 46 Pädagogen unterrichtet bzw. betreut.

Richard Sorge wurde am 4. Oktober 1895 in Adchikent (Südkaukasus) im damaligen Rußland geboren. Die Mutter, Nina Sorge, entstammte einer russischen Arbeiterfamilie. Der Vater, Kurt Sorge, war als Ingenieur in den Erdölraffinerien Bakus beschäftigt. Als Richard 2 1/2 Jahre alt war — er hatte noch sechs Geschwister — siedelte die Familie nach Berlin über. Ab seinem 6. Lebensjahr besuchte er die Schule in Berlin-Lichtenberg. Sein Geburtsland lernte er durch Erzählungen der Mutter kennen, später informierte er sich vor allem in Büchern über den jungen Sowjetstaat.
Als 1914 der 1. Weltkrieg ausbrach, meldete sich Richard begeistert zur Front. Die Kriegserlebnisse und die Bekanntschaft mit revolutionären Kräften ließen den ehemaligen Kriegsfreiwilligen zum erbitterten Feind des imperialistischen Systems werden. Mehrmals verwundet, mußte ihm 1917 das linke Bein gekürzt werden. Er wurde kriegsuntauglich, kehrte in das elterliche Haus zurück und nahm an der Universität Berlin ein Studium für Politik und Ökonomie auf. Ab 1918 studierte er Staatswissenschaften in Kiel.
Seine aktive politische Tätigkeit begann Richard Sorge als Mitglied der USPD. Als am 3. November 1918 die Matrosen von Kiel den Befehl verweigerten, sich sinnlos im Kampf gegen die britische Flotte opfern zu lassen, begann der Kieler Matrosenaufstand. Der junge klassenbewußte Richard wurden in den Arbeiter- und Matrosenrat gewählt und war als Agitator tätig. Von Kiel aus erfaßte die Revolution das gesamte Kaiserreich; die Novemberrevolution wurde zur größten antiimperialistischen Volksrevolution in Deutschland. Nach ihrer blutigen Niederschlagung durch die Monopolbourgeoisie ging Sorge nach Hamburg, wo er auch die Familie Ernst Thälmanns kennenlernte.

Von der KPD als Kurier eingesetzt
Am 15. Oktober 1919 wurde Dr. Richard Sorge — unmittelbar vorher hatte er den akademischen Grad eines Doktors erlangt — Mitglied der KPD. Er widmete sich von nun an ganz der politischen Tätigkeit. 1922 setzte ihn das Zentralkomitee der KPD als Kurier zwischen Berlin und Frankfurt/Main ein. Als sowjetische Genossen ihm vorschlugen, nach Moskau zu kommen und in der Kommunistischen Internationale (KI) zu arbeiten, reiste er 1924 in die Sowjetunion. Dr. Sorge wurde sowjetischer Staatsbürger und Mitglied der KPdSU und arbeitete als Instrukteur der KI.
Ab 1929 war Richard Sorge in der militärischen Aufklärung der Roten Armee tätig. Sein erster Auftrag führte ihn nach China; offiziell reiste er im Auftrage der deutsch-chinesischen Gesellschaft. Seine Aufgabe bestand vor allem darin, Erkundigungen über militärische Operationen der Armee Tschang-Kai-Tscheks gegen die chinesische Rote Armee einzuziehen. Ab Mai 1933 bereitete sich Dr. Sorge gründlich auf seinen Einsatz in Japan, dem Verbündeten des faschistischen Deutschlands, vor.

Als Kundschafter in Japan
Die Tätigkeit als Kundschafter an einer solch exponierten Stelle war äußerst gefährlich, verlangte ein großes Wissen über Land und Leute, erforderte Menschenkenntnis, Entschlossenheit, Risikobereitschaft und die feste Überzeugung von der Gerechtigkeit seiner Mission. Dr. Sorge, ausgerüstet mit einem deutschen Paß, verstand es ausgezeichnet, die konspirative Arbeit zu tarnen. Seine nette Art, mit Menschen umzugehen, verhalf ihm zu einem großen Bekanntenkreis, der ihm als wichtige Informationsquelle diente. Bald zählte auch Generalmajor Ott, der Militärattaché der deutschen Botschaft in Tokio, däzu. Von nun an hatte Dr. Sorge Zugang zu Geheimnissen und Informationen von größter Wichtigkeit. Mit viel Sorgfalt hatte er seine Kundschaftergruppe unter dem Decknamen „Ramsey“ aufgebaut. Ihr gehörten 32 Japaner, unter ihnen Hozumi Ozahi, persönlicher Berater des japanischen Ministerpräsidenten, vier Deutsche, zwei Jugoslawen und ein Brite an.

Funksprüche von großer Bedeutung
Die Gruppe „Ramsey‘ lieferte viele wichtige Informationen über die militärischen Pläne Japans und Deutschlands an die UdSSR. Am 15. Mai 1941 funkte Max Christiansen Clausen, der bereits Sorges Funker in China gewesen war, an Moskau: „Der Plan ,Barbarossa‘ (Überfall des faschistischen Deutschlands auf die UdSSR, d. Verf.) läuft zwischen dem 20. und 22. Juni an.“ Ein zweiter Funkspruch von großer Bedeutung für den Abwehrkampf der UdSSR gegen den deutschen Faschismus lautete: „Japan wird die Sowjetunion nicht angreifen.“
Am 10. Oktober 1941 fiel die Gruppe „Ramsey“ in die Hände der japanischen Sicherheitspolizei. Erst im September 1943 fand der Prozeß statt. Dr. Sorge und Ozaki wurden zum Tode verurteilt und am 7. November 1944, dem 27. Jahrestag der Oktoberrevolution, zum Galgen geführt. Bevor sich die Falltür unter seinen Füßen öffnete, rief Richard Sorge seinen Henkern entgegen: „Es lebe die Kommunistische Partei! Es lebe die Rote Armee! Es lebe die Sowjetunion!“ Seine letzte Ruhestätte fand Dr. Richard Sorge auf dem Friedhof Tama bei Tokio. Die anderen Mitglieder der Gruppe „Ramsey“, unter ihnen Max Chr. Clausen, wurden 1945 durch amerikanische Truppen befreit. Günter Simbeck
Quellen: S. Goljakow/W. Ponisowski, Richard Sorge — Kundschafter und Kommunist; Dia-Ton-Vortrag der Dr.-Richard-Sorge-Oberschule über Richard Sorge.

Greizer Heimatbote Juni 1984
Werbung im Greizer Heimatbote Juni 1984: Paul Held, Greiz vorm. Paul Feske KG

1949 – 1984
Menschen, Taten, Ereignisse — heute und in 35 Jahren Deutsche Demokratische Republik

Dank für langjähriges Wirken!
Seinen 80. Geburtstag beging am 27. Mai Dr. Kurt Kuhlmann aus Greiz. Er war Jahrzehnte Mitglied der Kreisleitung Greiz des Kulturbundes der DDR und hat sich große Verdienste erworben um die Entwicklung der Kreisorganisation. Bundesfreunde wissen Fachgespräche mit Dr. Kuhlmann genauso zu schätzen wie sein Wirken auf wissenschaftlichem Gebiet, besonders der Psychologie und Literatur.
Anläßlich seines 80. Geburtstages wurde Dr. Kuhlmann durch den Präsidialrat des Kulturbundes der DDR als Ehrenmitglied der Kreisleitung Greiz berufen — ein Dank für sein langjähriges kulturpolitisches Wirken.

Mit hohen Auszeichnungen geehrt
Anläßlich des 1. Mai wurden ausgezeichnet :
Mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Bronze Arbeiterveteran Erich Böhm, Greiz;
mit dem Orden „Banner der Arbeit“, Stufe I, Entwicklungskollektiv „Mehrstationen-Sohlenspritzanlage“ im VEB Plasttechnik Greiz; Kollektiv „Greizer Initiative“ im VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Gera, Versorgungsbereich Greiz; der VEB Kraftverkehr Greiz;
mit dem Orden „Banner der Arbeit“, Stufe II, Dieter T h a u t, Meister im VEB Elektrobau Greiz;
mit dem Orden „Banner der Arbeit“, Stufe III, Manfred Ditscherlein, Schichtleiter im VEB Werkzeugmaschinenfabrik UNION Gera, Betriebsteil Greiz; Kollektiv „Georgi Dimitroff“ — Schichtbereich Grimm im VEB Greika Greiz;
mit der Verdienstmedaille der DDR Alfred Derber, Arbeiterveteran aus Berga; Ferdinand Erhardt, Arbeiterveteran aus Greiz; Eberhard Kaul, Brigadier in der LPG Pflanzenproduktion Greiz-Gommla ;
mit dem Ehrentitel „Verdienter Techniker des Volkes“ Ingenieur Diplomökonom Manfred Ruf, Direktor für Wissenschaft und Technik im VEB Plasttechnik Greiz.

Greizer Heimatbote Juni 1984
Werbung im Greizer Heimatbote Juni 1984: Staatliche Versicherung der DDR – Kreisdirektion Greiz

1209-1949-1984
Menschen, Taten, Ereignisse — der 775-jährigen Geschichte von Greiz

In Greiz vor 100 Jahren:
Mitgliedschaft im Verein der Manufakturarbeiter wurde nicht genehmigt!
Von Dr. Werner Querfeld

Auf Grund der Beschlüsse des vom 1. bis 3. Juni 1884 in Gera durchgeführten Kongresses der deutschen Manufakturarbeiter wurde eine Interessenvertretung der Arbeiter unter dem Namen „Deutscher Manufactur-Arbeiter-und-ArbeiterinnenVerein“ gegründet. Zweck war nach § 1 der Statuten die Hebung der geistigen und materiellen Interessen der Mitglieder. Erstrebt wurden: Gründung einer Unterstützungskasse, Regelung des Arbeitslohnes, der Arbeitszeit und der Arbeitsvermittlung, berufsstatistische Erhebungen, möglichste Beseitigung der Akkordarbeit und Belehrung über allgemeine Fach- und gewerbliche Angelegenheiten. Mitglieder werden konnten alle als Weber, Tuchmacher, Färber, Zeug- und Kattundrucker, Spinner, Wirker und Posamentierer tätigen Arbeiter und Arbeiterinnen.
Dem „Geraer Centralverein“ schlossen sich sogleich klassenbewußte Arbeiter aus Greiz und Umgebung an. Diese woll-
ten zur öffentlichen Abhaltung von Zu-
sammenkünften eine örtliche Mitglied-
schaft bilden. Hierzu war jedoch gemäß der für das damalige Fürstentum Reue älterer Linie (Reuß-Greiz) verbindlichen „Vereinsverordnung“ vom 28. April 1855 die Genehmigung der Landesregierung Greiz erforderlich.
Am 8. August 1884 richtete der in Irchwitz-Aubachtal wohnhafte Weber Louis Frötzschner an die Greizer Landesregierung eine Eingabe mit folgendem Wortlaut:
„Die deutschen Manufakturarbeiter und -arbeiterinnen haben einen Central-Verein gegründet, welcher seinen Sitz in Gera hat. Da in Greiz sich eine große Anzahl Mitglieder des betr. Vereins befindet, so bittet der Unterzeichnete die hohe Landesregierung um die Erlaubnis, daS dieselben monatlich zwei Mal tagen dürfen. Beiliegend senden wir ein sanktionirtes Statut, damit die hohe Landesregierung ersehe, welche Zwecke der Verein verfolgt.“

Landesregierung verlangte Verzeichnis künftiger Mitglieder
Auf die Eingabe von Louis Frötzschner antwortete die Landesregierung Greiz am 15. August 1884 u. a.: „Es ist nicht nachgewiesen, daß das Bestehen des genannten, angeblich seinen Sitz in Gera habenden Vereins die von Ihnen behauptete Sanction im Fürstenthum ReuS Jüngerer Linie oder anderwärts von zuständiger Stelle erlangt habe. Der Vorlegung dieses Nachweises bedarf es zunächst, bevor eine Entschließung auf die Eingabe gefasst werden kann. Weiter ist vor der Entschließung erforderlich, daß diejenigen Personen, welche der projektierten Mitgliedschaft des fragl. Vereins in Greiz und Umgegend beizutreten beabsichtigen, der Fürstlichen Landesregierung nach Namen, Wohnung und Wohnort näher bezeichnet werden. Der Einreichung eines solchen Verzeichnisses wird entgegengesehen.“
Am 28. August 1884 teilte der Geraer Weber Franz Rudolph, erster Vorsitzender des Zentralvereins, der Greizer Landesregierung mit, daß der Geraer Zentralverein im Besitz der hierzu erforderlichen Rechte war. Die Geraer Polizeibehörde erklärte sich bereit, „in dieser Sache Aufschluß zu geben“.
Durch zwei ergänzende Eingaben, von dem Greizer Weber Louis Hofmann am 12. und 14. September 1884 verfaßt, wurden das geforderte Mitgliederverzeichnis und 15 zur Bekräftigung erstattete Unterschriften nachgereicht. In der Zwischenzeit ließ die Landesregierung Greiz durch das Landratsamt Greiz, das nach Inkrafttreten des Sozialistengesetzes entsprechend der Greizer Regierungsbekanntmachung vom 24. Oktober 1878 die Funktionen der Landespolizei zur Überwachung der Arbeiterbewegung auszuüben hatte, Ermittlungen durchführen. Am 27. September 1884 berichtete der Greizer Obergendarm Wilhelm Dietz, „daß gegen die in dem angefügten Verzeichnisse aufgeführten Personen der Verdacht sozialdemokratischer Richtung vorliegt …“
Am 8. Oktober 1884 beschloß die Landesregierung Greiz, „daß die polizeiliche Erlaubnis zum Bestehen einer Mitgliedschaft des deutschen Manufactur-Arbeiter-und-Arbeiterinnen-Vereins im Fürstenthum Reuß Aelterer Linie auf Grund des vorgelegten Statuts nicht ertheilt werden kann“. Gleichzeitig erging an das Landratsamt Greiz die Weisung, „geeignete Controle dahin ausüben zu lassen, daß Versammlungen der in Betracht kommenden ‚Mitgliedschaft‘ fernerhin nicht mehr stattfinden, ev. entsprechende Vorkehr zu treffen.“
Im März 1885 bemühten sich die 45 Zeulenrodaer Mitglieder des Geraer Zentralvereins um die Genehmigung zur Bildung einer Mitgliedschaft. Wiederum lehnte die Greizer Landesregierung ab.
Quellen: STA Weimar/Ast. Greiz : Landesregierung Greiz/n. Rep. A Kapitel 12 Nr. 206

1209-1949-1984
Menschen, Taten, Ereignisse — der 775-jährigen Geschichte von Greiz

Greiz, wie man es nicht mehr kennt – Seilerbahn auf dem Anger

Greizer Heimatbote Juni 1984
Seilerbahn auf dem Anger

Am linken Elsterufer, oberhalb der großen Brücke, also am heutigen Karl-Liebknecht-Platz, hatte Seilermeister Möbius Platz genug für seine Seilerbahn. (Ausführungen zu dem alten Handwerk der Seiler findet der Leser in diesem Heft unter der Überschrift „Keine Seilerbahn am Elsterufer“.)
Bevor man diesen Teil des Angers zu einer Anlage umgestaltete, diente er nicht nur als Seilerbahn. Auch Saumärkte wurden hier abgehalten, Schaubuden, Menagerien aufgestellt.
Repro K. Dyck nach einem Foto von H. Fritz in der Fotothek des Heimatmuseums Greiz

1209-1949-1984
Menschen, Taten, Ereignisse — der 775-jährigen Geschichte von Greiz

Lang ist es her, daß Gemeinden und Ortsteile entstanden. Was ist davon überliefert? Dr. Frank Reinhold heute über
Markersdorf bei Berga /Elster
Das offensichtlich im Zuge der feudalen Ostexpansion gegründete, nach einem Lokator Markward benannte Markersdorf wird urkundlich erstmals im Jahre 1329 als „Marcharsdorf“ genannt (G. Schmidt, S. 471).

Markersdorf gehörte zum sogenannten Bergaer Lehen, das den Herren von Wildenfels als Rechtsnachfolgern der Herren von Weida lehnspflichtig war. In dieser Eigenschaft tritt es in einem Lehnbrief Herzog Friedrichs von Sachsen für Heinrich von Weida zu Wildenfels (Domstiftsarchiv Naumburg, Originalurkunde Nr. 671) vom 9. 1. 1454 in Erscheinung. In diesem Brief wird Heintz von Wolffistorff (Wolfersdorf) mit dem Hof und Dorf „Marckestorff“ belehnt. Heintz v. W. besaß außerdem Waltersdorf „den hoff mit siner zugehorunge“, Obergeißendorf, Eula, einen Mann in Albersdorf und einige Männer in Zickra und Draxdorf.
Erbteilungen unter den Herren von Wolfersdorf änderten in den folgenden Jahren die Besitzverhältnisse teilweise. Nachdem 1506 zunächst eine Teilung unter den Brüdern Jan und Heinrich von Wolfersdorf stattfand, wobei beschlossen wurde, daß das Städtlein Berga ungeteilt bleiben und von beiden Teilen „zugleich Bürgermeister, Rath u. Schöppen gekoren“ werden sollen, erfolgte 1537 eine Dreiteilung. Die Besitzer der Rittergüter Schloßberga, Markersdorf und Waltersdorf erhielten dabei jeweils ein Drittel der Rechte an der Stadt Berga. Der Besitzer von Waltersdorf verkaufte jedoch um 1580 sein Drittel an den Markersdorfer Rittergutsherrn. Damit verbunden war auch der Verkauf des Patronats über die Kirche und Schule in Waltersdorf. Bis zur Aufhebung des Patronats hatten die Markersdorfer das Recht der Berufung des Waltersdorfer Schulmeisters und des die Waltersdorfer Filialkirche verwaltenden Geistlichen. Der Markersdorfer Gutsstand in der Waltersdorfer Kirche hat mit diesen Rechten nichts zu tun; er erklärt sich aus dem Kauf des Obergeißendorfer Freiguts (1829), das seit etwa 1750 einen Kirchenstand besaß. Auf die komplizierten Besitzverhältnisse im Ort Markersdorf kann hier nicht ausführlich eingegangen werden. Nach einer Arbeit von H. G. Francke „Nachrichten über Berga a. E. und einige Nachbarorte“ (erschienen in der „Bergaer Zeitung“ um 1920) besaß das Rittergut Markersdorf bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die Obrigkeit und volle Gerichtsbarkeit in einem Teil des Ortes selbst, in Pöltzschen, Eula, in Teilen von Großkundorf, Katzendorf und Zickra. Einige Markersdorfer Einwohner unterstanden dem Rittergut Neumühl, das im Besitz der gleichen Familie wie das Markersdorfer war, ein großer Teil direkt dem Amt Weida und 5 Einwohner dem Amt Mildenfurt. 1829 erkaufte der Markersdorfer Rittergutsbesitzer von Zehmen das Freigut Obergeißendorf und hatte nunmehr auch Rechte in diesem Ort. Verwiesen sei auch auf die weiter unten folgenden ältesten Ortsbeschreibungen von 1721 und 1833, die ebenfalls Angaben zu den Besitzverhältnissen enthalten.
Markersdorf gehörte bis 1815 zum Kurfürstentum Sachsen. Im Gefolge des Wiener Kongresses von 1815 kam es an Sachsen-Weimar-Eisenach. Nach der 1850 im Großherzogtum erfolgten Trennung von Justiz und Verwaltung unterstand der Ort dem Direktor des V. Verwaltungsbezirks Neustadt/Orla und — nach Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit — dem Justizamt Berga (seit 1879 Amtsgericht Weida).
Die Novemberrevolution 1918 brachte den Übergang zum neugegründeten Freistaat Sachsen-Weimar-Eisenach und folgerichtig 1920 zum Land Thüringen. Seit 1922 gehört Markersdorf dem Kreis Greiz an, in dem es auch nach der demokratischen Verwaltungsreform von 1952 verblieb.

Greizer Heimatbote Juni 1984
Werbung im Greizer Heimatbote Juni 1984: Foto Schovanek – Atelier

Zur Bevölkerungsentwicklung
Vergleicht man das nach dem Bauernkrieg von den Markersdorfern zu zahlende „Strafgeld“ von insgesamt 12 Gulden (in drei Fristen jeweils 4 Gulden) mit der von den anderen Orten der Herrschaft Berga zu zahlenden Summe, so fällt der große Unterschied auf. Zum Vergleich: Pöltzschen „und ein Hammer“ hatte insgesamt 30 Gulden, Eula 45 Gulden, Ober- und Untergeißendorf 72 Gulden, Waltersdorf 240 und Berga 354 Gulden zu zahlen. Die große Differenz ist sicher kaum allein aus der unterschiedlichen Größe der Orte zu erklären, sondern wohl auch aus der geringen Beteiligung der Bauern von Markersdorf am Aufstand. Die Darstellung des Kampfes auch der Markersdorfer Bauern gegen die feudale Ausbeutung erfordert weitere Forschungen.
Das Türkensteuerregister von 1542 verzeichnet 5 Steuerpflichtige, davon 3 Pferde- und 2 Handfröner. Daraus ergibt sich für diese Zeit eine Bevölkerungszahl von 25-30 Einwohnern. 1543, also nur ein Jahr später, enthält ein Markersdorfer Erbzinsregister bereits die Namen von 6 Bauern: Barthel Thautte, Patzsch Valten, Valtten Herroltt, Nickel Voytt, Hans Wans (?) und Wolff Wacker. Von diesen sind im bereits erwähnten Türkensteuerregister — in etwas anderer Schreibweise — lediglich der Pferdefröner Barthel Thauth (4 Kühe, Vermögen 45 Gulden) und der Handfröner Valten Herrylt (1 Kuh, 30 Gulden) zu finden. Das Erbzinsregister von 1567 enthält 9 Zinspflichtige; im Register 1625-1634 werden aber wiederum nur 6 Bauern aufgeführt. Der Rückgang der Zahl der Zinspflichtigen könnte damit zusammenhängen, daß einige der Bauern nunmehr dem erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts gegründeten Rittergut Neumühl zugerechnet wurden. Natürlich können auch die Wirren des 30jährigen Krieges, in denen Güter verlassen wurden, Ursache sein.
Trenkmann nennt 1721 wiederum 9 Feuerstätten, was einer Bevölkerungszahl von etwa 50 Personen entspricht. Für 1826 werden im Post- und Zeitungslexikon 88 Einwohner in 13 Häusern angeführt.
Nach den Angaben der Staatshandbücher von Sachsen-Weimar-Eisenach schwanken die Bevölkerungszahlen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwischen 132 (1855) und 81 Einwohnern (1880), wobei der Rückgang möglicherweise mit dem Aufschwung der Industrie in Berga und damit verbundener Abwanderung zusammenhängt. Die Zahl der Häuser war allerdings 1880 bereits auf 18 gestiegen. Kronfelds Landeskunde (1879) gibt an, daß im Ort 11 Pferde, 68 Rinder, 273 Schafe, 47 Schweine, 6 Ziegen und 6 Bie-
nenstöcke vorhanden waren. Hervorzuheben ist die relativ hohe Zahl der Schafe (Rittergutsschäferei!).
1880 erwähnen die Staatshandbücher den Dompropst Hans von Zehmen als Friedensrichter. Über dessen harten, unduldsamen Charakter haben sich Berichte bis in die Gegenwart erhalten. So ist bekannt, daß er, wenn er auf seinen Spazierritten durch den Wald einen seiner „Untertanen“ beim verbotenen Auflesen von Bruchholz überraschte, sein Pferd so
lange auf den dazu benutzten Körben herumtreten lieb, bis diese entzwei waren. Für sich dagegen nahm er alle Annehmlichkeiten des Lebens in Anspruch, wovon auch der im Volksmund verbreitete Vers zeugt: „Der Zehmens Hans, der Zehmens Hans fr… 15 Klöß und eine Gans!“ (Mitteilung von Frau Hildegard Rupprecht, Greiz.)
1913 lebten nach den Angaben des Weidaer Adreßbuchs 105 Einwohner in Markersdorf. Darunter waren neben bäuerlicher Bevölkerung der Schuhmachermeister und Gastwirt Heinrich Dietzold, weiterhin ein Zimmermann, ein Tischlermeister und zwei Fabrikarbeiter. Im Rittergut waren zwei Kutscher, vier„landwirtschaftliche Arbeiter“, ein Oberschweizer und ein Gärtner beschäftigt.
Die Volkszählung vom 16. 6. 1925 ergab 130 Einwohner. Postamt war Berga/ Elster.

Die ältesten Ortsbeschreibungen
1721 schreibt der sächsische Grenzconducteur Paul Trenkmann: „Marckersdorff ist schriftsäßig. Ober- und Untergerichte gehören auf hiesiges Ritterguth. Geht nach Berga in die Kirche. Ein Ritterguth, den Herrn Cammerjuncher Christoph Morizen von Zehmen zuständig, und gehören hierzu noch die Dörfler Untergeisendorff, Eula, Beltschen (= Pöltzschen) und Markersdorff, ingl. 4 Männer von groß Cundorff und 3 Mann von Kazendorff. Eine HerrnSchäfferey in Dorffe. 9 FeuerStädte alß 4 Handbauer und 5 Häußler, davon 2 Häußler auffs Ritterguths Boden… 1 1/2 Huffe, 3/4 RitterPferd Landart: ist mittel. Nahrung: ist Feld und Tagelöhner. Meisten Früchte: Korn, Gerste, Hafer. Wasser: der Culmitzschbach fliest hier 1/8 St. südl. vorbey, nach Untergeiemansdorff. Holz: daß Gehege westl. 1/8 St. Holz: der Beerberg südl. 1/8 St. Steuer: nach Neustadt zur CreyeCassa. Frohn: auf hiesiges Ritterguth. Liegt von KleinCundorff 1/4 St., großCundorff 1/2 St., Obergeiemansdorf 3/4 St., Belitzschau Pöltzschen, Pöltschbachau 1/4 St., Berga 1/4 St. gut“.
Schumanns Post- und Zeitungslexikon (5. Supplementband 1833) berichtet:
„Markersdf. bei Berga … liegt von Weyda … 2 3/4 St. östl., 2000 Schr(itt) östl. v. Berga, am östl. Abhange des Gebirgs, überm culmitzscher Bache, u. zählte 1826, incl(usive) die Herrnmühle u. die Ziegelei in 13 H. 88 Seelen. Das RGut, schon lange Denen v. Zehmen, u. jetzt dem Kammer- u. Jagdjunk. v. Z. auf Neumühle gehörig, besitzt auch einen Th(eil) der Stadt Berga, über welche es früher mit Schloß-Berga abwechselnd die Gerichtsbark. übte, u. 1 Gut v. Wittchendf., aber von Zickra wohl nichts. Für die Stadt giebt es nun ein gemeinschftl. Watzdorf-Zehmensches Patrimonialgericht unter d. Namen: Stadt Berga. 1432 besaß M(arkersdorf) Henz v. Wolffersdorff”.

Das Rittergut wird heute von der LPG genutzt
Nach der Zerschlagung des Hitlerfaschismus wurden die Ländereien des ehemaligen Ritterguts auf Grund der demokratischen Bodenreform aufgeteilt. Die Markersdorfer Bauern erwiesen sich als Schrittmacher der sozialistischen Entwicklung in der Landwirtschaft. Am 2. August 1952 gründeten 22 Bauern die erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft des Kreises Greiz (vgl. dazu ausführlich K. Fiedler im „Heimatboten“ 8/1977), die sich den verpflichtenden Namen „Edwin Hoernle“ gab. Das ehemalige _Herrenhaus“ beherbergt heute Büroräume der LPG (T) Wolfersdorf. Außerdem findet es als Wohnhaus Verwendung. Einige Jahre befand sich in diesem Gebäude auch der Kindergarten des Ortes und die LPG-Küche. Der frühere Rittergutspark wird zu regelmäßigen Parkfesten genutzt.
Seit Anfang Mai 1953 ist Markersdorf Ortsteil der Stadt Berga/Elster.
Quellen (Auswahl) : G. Schmidt. Das Amt Weida…in den Jahren 1411-1618. (Jena 1950) ; P. Trenkmann. Geographisches Handregister übers Amt Weida 1721 (StA Dresden, Loc. 9765 Bd. 12. BI. 27b) ; Türkensteuerregister 1542 (StA Weimar, Reg. Pp 663, 16-21); Markersdorfer Erbzinsregister 1543, 1567, 1625-1634 (StA Weimar, Außenstelle Greiz, Ritterg. Markersdf. Nr. 716) ; Staatshandbücher von Sachsen-Weimar-Eisenach 1851 ff.

1209-1949-1984
Menschen, Taten, Ereignisse — der 775-jährigen Geschichte von Greiz

Es könnten Kalenderblätter sein…
Vor 20 Jahren
19.-21. Juni 1964: Greiz ist Festspielkreis der 6. Arbeiterfestspiele im Bezirk Gera.
Vor 35 Jahren
2./3. Juni 1949: Ein weiterer „Freier Laden“ ist in der August-Bebel-Straße (nahe dem Gaswerk) eröffnet worden. Neben Lebensmitteln ist auch Waschpulver und Essigessenz erhältlich.
4. Juni 1949: Der Kreisvorstand des FDGB veröffentlicht im „Thüringer Volk“ eine Entschließung zur Bildung der Nationalen Front. Dieser Entschließung folgen die Greizer Stadtverordneten am 25. Juni mit einem entsprechenden Aufruf.
9./10. Juni 1949: Schweres Unwetter spült Straßen aus, setzt Keller und Erdgeschoßräume unter Wasser.
Vor 95 Jahren
3./4. Juni 1889: Wolkenbrüche, die über Kahmer, Gottesgrün, Reudnitz und Mohlsdorf niedergehen, verursachen Überschwemmungen der Gräßlitz in Greiz. Es entsteht sehr hoher Sachschaden; zwei Menschen ertrinken.
Vor 105 Jahren
12. Juni 1879: Der Gemeinderat beschließt die Anschaffung einer Orgel für die Greizer Stadtkirche nach der Disposition von Orgelbaumeister Kreuzbach.
Vor 130 Jahren
21. Juni 1854: Der reueische Staat kauft den Gasthof zum Erbprinzen in Greiz. Später befindet sich hier das Justizgebäude (heute Rat des Kreises am Dr.-Rathenau-Platz).
Vor 145 Jahren
1. Juni 1839: Nachmittags Hochwasser der Gräßlitz, verursacht durch wolkenbruchartige Regengüsse, die in der Gegend von Herrmannsgrün und Schönfeld niedergehen. Auf der Kirchgasse in Greiz dringt das Wasser durch die Häuser und ergießt sich durch Türen und Fenster der am unteren Topfmarkt stehenden Häuser.
Vor 160 Jahren
24. Juni 1824: Magister Friedrich Traugott Wettengel, der in Greiz auch als Superintendent tätig war, stirbt.
An ihn erinnert noch heute die Wettengelstraße. Sie verläuft zwischen Petzoldt-und Pohlitzer Straße und wird von der Schmidtstraße gekreuzt.
26. Juni 1824: Großes Elsterwasser
Vor 200 Jahren
2. Juni 1784: Ein Wolkenbruch geht im Gebiet des Aubachs nieder. Die Gräßlitz tritt aus ihren Ufern, reißt alle hölzernen Brücken und auch die steinerne beim Mühltor in Greiz weg.
Vor 245 Jahren
21. Juni 1739: Johann Gottfried Silbermann übergibt die von ihm erbaute Orgel in der Stadtkirche Greiz.
Vor 345 Jahren
21. Juni 1639: An Kontributionen müssen „50 Scheffel groß Greizer Maaß“ Getreide nach Zwickau geliefert werden. Da man kein Zugvieh hat, erfolgt der Transport auf 100 Schubkarren.
Vor 415 Jahren
16. Juni 1569: Sieben Bauern aus Hohndorf und umliegenden Dörfern nehmen größere Geldsummen von der dortigen Kirche auf und verpfänden dagegen all ihre „liegenden und fahrenden Güter“.
Vor 590 Jahren
21. Juni 1394: Cossengrün erstmals urkundlich erwähnt.
Vor 600 Jahren
20. Juni 1384: Die Pfarre von Schönbach erhält von den Vögten von Greizer Güter und Erbzinsen übereignet, die vorher dem Ritter Heinrich von Elsterberg auf dem sog. Alten Hause gehörten.
Vor 625 Jahren
12. Juni 1359: Greiz erstmalig urkundlich als Stadt genannt.

Waltersdorf war gemeint
In unserer Artikelserie „Es könnten Kalenderblätter sein …“ wird in Heft 5/1984 die vor 420 Jahren erfolgte Gründung der Obergeißendorfer Mühle erwähnt. Der Erbzins von 10 Groschen war an die Kirche Waltersdorf (und nicht nach Wolfersdorf) zu entrichten. — Der gleiche Fehler findet sich bereits im Heft 10/1980. R.

In einem alten Aktenband fand sich unter Kaufverträgen der Entwurf eines Schreibens des Untergeißendorfer Gemeindevorstandes aus dem Jahre 1878. Was damals noch Wunschtraum war, ist in 35 Jahren DDR Wirklichkeit geworden: Der einstmals gravierende Bildungsunterschied zwischen Stadt und Land ist beseitigt. Das Schreiben an die Schulinspektion spricht für sich, es bedarf keines weiteren Kommentars. (Die Rechtschreibung entspricht dem Original.)

Gehorsamßter Bericht
Im Anschluß an die Schulvorstands Verhandlung zu Berga a/Elster am 26/III. 78, In welcher sich die Gemeindevorstände der Eingeschulden Orde Untergeißendorf, Eula, Markersdorf und Albersdorf nicht in die Gemachten Forderungen der Schul-
vorstands Mitglieder der Stadt Berga eingingen sondern ihre Gemeinden zuvor davon in Kenntniß setzen wolten um Unannähmlichheiten Auszuweigen ( — auszuweichen) Theilt der Unterzeichnete dem Großherzogl. S. Herrn Bezirks Schulinspektor Gehorsamst mit daß nach den Willen der Gemeinde Untergeißendorf welcher äben soviel an der Ausbiltung ihrer Kinder liegt, als den Bewohnern der Stadt Berga, daß der Vorschlag des Unterzeichneten angenommen wurde Nahmlich das die den Kindern der in Vorschlag gebrachten Klassen Ein Schulundericht Täglich zweimal zutheil werden soll wird aber Gebeten die Einrichtung so zutdreffen das die Kinder den Weg nur Einmahl zu Gehen haben um denn Armem Theil der Landbewohner es Erdrachlich zu machen daß der Schuluntericht wie bisher auch ferner hin Ertheilt werden soll jedoch soll den Herrn Lehrern an Statt bis jetzt nur eine halbe Stunde Erholung eine Stunte Gewährt werden und zwar soll der Unterricht von 8 bis 11 Uhr, und dann von 12 bis 2 Uhr ertheilt werden. Während der Stunde Erholung welche den Lehrer gewahrt wird sollen die Kinder von den Eingeschulten Orden in der Schule bleiben. Zweimal nach Berga zu Gehen ist vor Arme Kinder nicht Ausführbar da von Untergeiß(en)dorf nach Berga mehr als eine halbe Stunde zum Gehen Nothig ist in dem der weg ein Ungebahnter einen Hohen Berg hinauf und dan einen Steilen Berg hinab geht und da der Lohn der Armen Tagelohner sehr Gefallen ist wo (= so) ist es unmoglich ein hohes Schulgelt und eine hohe Schulsteuer und auch noch vor die Kinder ein Lokal vieleicht EinzuMüthen in Berga.“
Dr. F. Reinhold
Quelle: Gemeindearchiv Untergeißendorf

Greizer Heimatbote Juni 1984
Werbung im Greizer Heimatbote Juni 1984: Foto Deylig, Greiz – Farblabor

Für Sie gelesen – aus regionalen Publikationen
Ortsnamen des sächsischen Vogtlands erschlossen
Als Heft 50 der Plauener Museumsreihe erschien der erste Teil (Namenbuch) einer auf 2 Hefte konzipierten Arbeit, welche die heutigen Kreise Auerbach, Klingenthal, Oelsnitz, Reichenbach, Plauen Stadt und -Land einschließlich der 1952 in die Kreise Greiz, Zeulenroda und Schleiz eingegliederten ehemals sächsischen Orte umfaßt. In alphabetischer Reihenfolge werden die einzelnen Ortsnamen (alte Schreibweisen, Mundartform, Deutung) vorgestellt. Eine zusammenfassende historische Auswertung des Materials soll im zweiten Teil erfolgen. Verfasser der Arbeit sind der Slawist Prof. Dr. E. Eichler, der Germanist Dr. Dr. V.
Hellfritzsch und der Heimathistoriker J. Richter. Da vom Greizer Kulturbund eine ähnliche Arbeit über den Bezirk Gera — Verfasser Dr. H. Rosenkranz — herausgegeben wurde (siehe „Heimatbote“ 10/1983), ist der Interessent nunmehr in der Lage, sich über die Ortsnamen eines größeren zusammenhängenden Gebiets zu informieren.
Zu beziehen ist die Neuerscheinung beim Vogtlandmuseum Plauen (Preis 5 Mark). Eine beschränkte Anzahl hält das Kreissekretariat Greiz des Kulturbunds der DDR für Mitglieder des Kulturbunds bereit. F. R.

Unsere Abonnenten
bitten wir, Reklamationen wegen unpünktlicher Lieferung bei ihrem zuständigen Postzeitungsvertrieb vorzubringen.

Kulturbund der DDR
Was bringt die „Kleine Galerie“ in zwei Städten und einer Gemeinde?
Greiz: in den Räumen des Kulturbundes der DDR in der Rosa-Luxemburg-Straße kann man sich vertraut machen mit Arbeiten von Bundesfreundin Dietz. Sie gehört dem Mal- und Zeichenzirkel des VEB Plasttechnik an.
Berga: Im Kulturhaus der DSF sind Arbeiten von Helmut Geiser ausgestellt. Teichwolframsdorf: Arbeiten von Hermann Pampel, vorwiegend Skizzen und Studien, sind im Kulturhaus zu sehen.
Redaktionsschluß
ist jeweils sechs Wochen vor Veröffentlichungsmonat. Artikel und Illustrationen nimmt die Redaktion unverbindlich entgegen.

Reden wir für Hobbystatistiker doch mal vom Wetter!
März zu kalt mit nur geringem Niederschlag
Nur 1,5°C betrug das Monatsmittel des März 1984. Das bedeutet eine empfindliche Abweichung vom 75-jährigen Mittel, welches bei 3,2°C liegt. Obwohl der März auch nochmals 3 Tage mit geschlossener Schneedecke brachte, blieb der Niederschlag bei nur knapp einem Drittel der Durchschnittsmenge.
Spalte: 3=Niederschlag,4=Niederschl.-Tage,5=davon Schnee/Schneeregen,6=geschl. Schneedecke,7=Bewölkung,8=Eistage

Tage Temperatur 3 4 5 6 7 8
1.-10. 0,3 °C 9,9 mm 6 4 3 76,7 % 5
11.-20. 0,2 °C 45,3% 4
21.-31. 4,0 °C 3,5 mm 4 56,1 % 1
März 84 1,5 °C 13,4 mm 10 4 3 59,3% 10

Kalt und regnerisch begann der Monat. Ab 7. ging der Regen in Schnee über und führte wieder zur Ausbildung einer geschlossenen Schneedecke. Mit 7,3 mm fiel am 8. und in der Nacht zum 9. die höchste Niederschlagsmenge und führte am 9. zu einer Schneehöhe von 8 cm. Zugleich wurde der 9. zum kältesten Tag des Monats. Die Durchschnittstemperatur betrug -3,2 °C, am Abend waren es -6,2 °C. Die absolut tiefste Temperatur wurde in der Nacht zum 11. mit -10,8 °C (Boden -11,9 °C) gemessen.
Ab 14. stiegen die Temperaturen merklich an, zugleich ging die Bewölkung zurück und vom 19.-22. war der Himmel völlig wolkenlos. Mit Temperaturschwankungen um jeweils 17 °C (mittags bei 11 °C, nachts um -6 °C) am 23. und 24. wurde eine wärmere Periode eingeleitet. Die Mittagstemperaturen überstiegen wieder die 10°-Grenze. In diesen Zeitraum fiel am 28. der wärmste Tag des Monats mit einem Tagesmittel von 9,0 °C. Die Mittagstemperatur stieg an diesem Tag auf 14,2 °C und war damit zugleich die höchste des Monats. Die ständigen starken Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht führten vom 15. bis zum Monatsende fast durchgängig zur Ausbildung von Frühnebeln.
Volker Lenz

Schweitzer—Gedenkstätte
Die Albert-Schweitzer-Gedenkstätte am Kegelplatz in Weimar informiert über Leben und Werk des Arztes, Philosophen, Theologen, Organisten und Musikwissenschaftlers. Dokumente, Fotos, persönliche Gegenstände und Geschenke erinnern an die humanistischen Verdienste Schweitzers, der seit 1913 im Urwaldspital in Lambarene wirkte.
(Aus ND vom 18. 4. 1984)

Gratulation
Vergangenen Monat begingen folgende Einwohner der Stadt Greiz ihren 90. Geburtstag: Marie Sandig, Kugelacker 39, am 8. 5.; Herta Kegel, Schönfelder Straße 93, am 14. 5.; Erna Wilde, Ernst-Thälmann-Straße 25, am 25. 5.; Helene Güther, Leonhardtstraße 4, am 31. 5. Der Staatsrat der DDR übermittelte Glückwünsche.

Daten von heute, nach denen man morgen vielleicht sucht
22. bis 24. Juni 1984: Greiz war Festspielkreis der 20. Arbeiterfestspiele (mit der „Woche der Arbeitertheater“ vom 18. bis 24. 6.). Damit wurde diese Ehre der Kreisstadt zum zweiten Male zuteil.

Greizer Heimatbote Juni 1984
In Neugernsdorf steht der Dorfanger mit Fachwerkhäusern und Toreinfahrten sowie einem Backofenanbau (Gehöfte Nr. 35, 36, 41 und 43) unter Denkmalschutz und ist auf der Kreisdenkmalliste vermerkt.
Foto: Krösel

Diese etwas ältere Aufnahme zeigt das Haus Nr. 43 (Eingang links im Bild). Man kann annehmen, daß das Anwesen 300 Jahre alt ist. Eine genaue Angabe der Zeit seiner Erbauung ist nicht möglich, weil die Besitzer gewechselt haben und Unterlagen verlorengegangen sein könnten. Die ältesten vorhandenen Akten stammen vom 24. Juli 1753, sind also 231 Jahre alt, vergilbt und für junge Leute nur schwer lesbar. Aus diesen alten Papieren geht hervor, daß Johann Drechsler der Besitzer des Anwesens war. Er betrieb zu jener Zeit einen Weinhandel.

Greizer Heimatbote Juni 1984
Chorsingen vor dem Sommerpalais in Greiz
Foto: Freund