Momentaufnahmen der Stadt Greiz 2014Die Vogtlandhalle Greiz am Ostermontagmorgen.

Strafgefangene der JVA Hohenleuben bringen das Stück „Woyzeck“ in der Vogtlandhalle Greiz zur Aufführung. Im Anschluss findet eine Podiumsdiskussion mit dem Publikum statt.

GREIZ. Die Aufführung eines Theaterstückes ist im Grunde nichts Außergewöhnliches. Dennoch war die Vorstellung am Mittwochmittag in der Vogtlandhalle eine besondere; durften doch die Protagonisten für einen Tag die Justizvollzugsanstalt Hohenleuben verlassen. Sieben Strafgefangene, die der Theater-AG des Strafvollzugs angehören, führten auf einer ganz normalen Bühne vor ganz normalem Publikum ein eigenes Stück auf, das mit „Woyzeck“ überschrieben ist und auf zwei Handlungsebenen spielt. Die erste stellt den vertrauten Knastalltag dar. Der Gefangene Georg bekommt durch Lockerungen des Vollzugs Besuchsausgänge in Aussicht gestellt. Inmitten seiner größten Freude erhält er einen Abschiedsbrief von seiner Frau Marie, die schreibt: „Die Hoffnung sollte der Schlüssel sein – er passt nicht mehr.“Er versucht in einem Telefongespräch sie umzustimmen und verspricht „Ich werde die Schatten verjagen“; bittet sie, ihn am nächsten Morgen abzuholen. Marie antwortet einsilbig, verspricht aber zu kommen. Die zweite Ebene basiert auf Georg Büchners Dramenfragment Woyzeck. Im Stück ersticht der eifersüchtige Wehrmann Woyzeck von inneren Stimmen getrieben – Marie, die sich mit einem anderen Mann eingelassen hatte. Der dritte Teil des Stückes schließt den Kreis zur Gegenwart; Marie holt Georg vom Strafvollzug ab und erklärt ihm nochmals Ich sehe es überall: wir sind mit eingesperrt! Georg erkennt: Immerzu renne ich in den Abgrund, gesteht aber auch Marie und seinem kleinen Sohn Ich will euch und ein Ziel! Das Stück, das durch farbintensives Lichtdesign, Toneffekte und Musik die Dramatik betont,. endet mit dem Abreißen der Gefängnismauern und Gitterstäbe. Sinnbild für Mauern und Gitter, die jeder in sich trägt, wie es Theater-AG-Chefin Anke Hartmann formuliert. Als Leiterin des Greizer Spontantheaters kann die Sport- und Freizeitbeamtin der JVA Hohenleuben auf einen großen Erfahrungsschatz zurückblicken. Mit der Gründung der Theater-AG ging man neue Wege, wie Herr Fritzsche, Leitender Regierungsdirektor der Anstalt, in der anschließenden Podiumsdiskussion bekannte. Anke Hartmann begeisterte aber genügend Interessenten, um zweimal pro Woche in die Theaterwelt einzutauchen und im Mehrzweckraum zu proben. Nach Aufführung des Stückes Die Reise vor drei Jahren, wagte man sich an den Dichterfürsten Goethe und inszenierte Zeig den Faust. Im vergangenen Jahr entstand aus der Feder Anke Hartmanns Woyzeck, der insgesamt sieben Mal zur Aufführung gelangte. Die Rahmenhandlung müsste eigentlich tragisch ausgehen, so Anke Hartmann, doch habe man ein sanftes, nettes Ende gewählt. Seitens des Publikums, das zum großen Teil aus Greizer Gymnasiasten bestand, gab es eine Vielzahl von Fragen an die Darsteller. Ein Novum in der Geschichte der Theater-AG war der Einsatz einer Schauspielerin (Jenny Hartmann), die im Stück die Marie verkörperte und die Probenarbeiten in der Justizvollzugsanstalt absolvierte. Es war schon etwas seltsam, wie sie lächelnd gestand, doch hätten sich die Häftlinge alle von ihrer besten Seite gezeigt. Es war für mich eine positive Erfahrung. Auch nach Plänen fragte man die Theater-AG-Chefin. Eigentlich wollten wir uns an die Dreigroschenoper getrauen, doch das ging nicht. Jetzt machen wir den Hamlet.

Antje-Gesine Marsch @15.03.2012