9. Sinfonie krönte Tag der Deutschen EinheitDie Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach spielt unter Leitung von David Marlow.

Klangwelten der Sehnsucht nach Freude und Freiheit
GREIZ. „Alle Menschen werden Brüder“ setzte Friedrich Schiller (1759-1805) in seiner berühmten „Ode an die Freude“ in Verse; Ludwig van Beethoven (1770-1827) vertonte sie im vierten Satz seiner „9. Sinfonie“ und beides wurde unsterblich. Die Verkündung der Vision einer weltumspannenden Brüderlichkeit ist auch nach fast zweihundert Jahren aktuell wie nie zuvor.
Zum Tag der Deutschen Einheit erklang Beethovens „Sinfonie Nr. 9 d-moll, op. 125“ in der mit 300 Gästen besetzten Greizer Stadtkirche „St.Marien“. Einführende Worte fand Pfarrer Michael Riedel, der zwar erst zehn Jahre zählte, als sich die beiden deutschen Staaten am 3. Oktober 1990 wieder vereinigten, doch die Zeit als Junge intensiv erlebte. Was schwebte damals im Raum? „Dankbarkeit, Hoffnung, auch Trauer und Angst“, so der Geistliche. Die Vereinigung sei das Ende eines langen Weges gewesen – die äußere Einheit war vollzogen – um die innere wurde gerungen. „Wir wollen die Erinnerung an diesen besonderen Tag heute wieder lebendig werden lassen“, lud Michael Riedel die Gäste ein.
Mit der Vogtland Philharmonie Greiz / Reichenbach unter dem Dirigat von Chefdirigent David Marlow, die traditionell dieses große Werk an diesem Tag aufführt, avancierte die Sinfonie zu einem Klangerlebnis ganz besonderer Art. Bereits im ersten Satz offenbarte das Orchester alle Klangfarben, spielte mit den Tempi, wechselte die Rhythmen, intonierte sanft, dann wieder in hartem Klang. Im zweiten Satz brillierten vor allem die Violinen, die sich in einem fiktiven Dialog bis zum Limit steigerten; im dritten Satz schien das Orchester fast zu schweben, lang gedehnte Passagen, ineinanderfließende Klänge bestimmten den Wohlklang. Der 4. Satz, der die „Neunte“ weltberühmt machen sollte, führte dann die entscheidende Melodie ein. Die Tonfolge zu „Freude schöner Götterfunken“, zunächst ganz leise, schwelgend, fast geheimnisvoll angespielt, wurde aber sofort und in zunehmender Besetzung wiederholt, um endlich im großen Schlusschor mit Solisten und Chor eine gänzlich neue Klangfarbe in das Werk einzubringen, das sich so zu einem majestätischen Freudengesang steigerte. Die Musiker der Vogtland Philharmonie interpretierten dieses grandiose Werk hoch diszipliniert und loteten die Tiefe dieser wunderbaren Musik bis zum Grund aus. Die Singakademien aus Plauen und Chemnitz brachten mit ihrem Gesang die dramatische Charakteristik des Werkes hervorragend zum Ausdruck und zeigten sich den hohen stimmlichen Anforderungen des Werkes gewachsen. Auch die Solisten des Abends, Ani Taniguchi (Sopran), Sonja Koppelhuber (Alt), Andreas Herrmann (Tenor) und Shin Taniguchi (Bass) brillierten im vierten Satz und erwiesen sich als hervorragendes Gesangsquartett. Minutenlanger stürmischer Beifall und stehende Ovationen honorierten dieses erhebende Werk, das die Klangwelten der Sehnsucht nach Freude und Freiheit wie wohl kein anderes auszudrücken vermag.

Antje-Gesine Marsch @05.10.2015