Arbeitsgespräch zwischen Diakonieverein Carolinenfeld und Thüringer GleichstellungsbeauftragtenThüringens Gleichstellungsbeauftragte Katrin Christ-Eisenwinder (r.) im Gespräch mit Bärbel Eckhardt.

Ambulante Beratung wird in der Frauenschutzarbeit einen immer größeren Rang einnehmen
GREIZ. Angeregt durch die Thüringer Gleichstellungsbeauftragte, Katrin Christ-Eisenwinder, und die Referentin für Beratungsstellen der Diakonie Mitteldeutschland, Birgit Schwab-Nitsche, kam es am Mittwochvormittag im Haus der Diakonie auf dem Kirchplatz zu einem Arbeitsgespräch mit dem Geschäftsführer des Diakonievereins Carolinenfeld e.V., Dr. Wolfgang Gündel, Verwaltungsleiterin Henriette Lachmann, Beratungsstellen-Geschäftsbereichsleiterin Jeannette Reinhold und Frauenhaus-Mitarbeiterin Bärbel Eckhardt.

Die Frauenschutzarbeit im Landkreis Greiz erfuhr zu Jahresbeginn eine neue Organisation. Das Frauenhaus wurde geschlossen – dafür eine Frauenberatungsstelle im Haus der Diakonie und eine Frauennotwohnung geschaffen. Für diese Entscheidung hatte es Anfang des Jahres herbe Kritik der Thüringer Gleichtellungsbeauftragten gehagelt. Mit Schließung des Frauenhauses in Greiz gehe ein qualitativer Standard verloren, der nicht durch ein Mehr an ambulanter Beratung aufgefangen werden könne, so das Statement von Katrin Christ-Eisenwinder, die dem Landkreis Greiz zudem unterstellte, sich sukzessiv aus der finanziellen Verantwortung zu stehlen. Umso wichtiger war es für die Linke-Politikerin, mit den Verantwortlichen vor Ort ins Gespräch zu kommen und den aktuellen Stand der Tätigkeit zu erfragen. Zwischen dem Diakonieverein Carolinenfeld als freiem Träger und dem Landkreis Greiz sei zum 1. Januar 2016 eine Vereinbarung getroffen worden, bestätigte Dr. Gündel.

Nach der Neuausschreibung und dem damit verbundenen Wegfall der Erziehungs-und Beratungsstelle zum 31.12.2014 fürchtete man, mit dem Verlust der Frauenschutzarbeit einen “Imageschaden” zu erleiden, wie Dr. Gündel zugab. Man habe eine Konzeption erstellt und vorgelegt, die Möglichkeiten aufzeigte, wie man als Diakonieverein die Arbeit in diesem Bereich weiterführen könne – immer auch unter der Prämisse der Finanzierung. Die Mindereinnahmen im Geschäftsbereich und die Anpassung der Tarifsysteme seien der eine Punkt; der andere, dass sich die Fördermittel nicht adäquat anpassen, wie Dr. Wolfgang Gündel bemängelte. Verwaltungschefin Henriette Lachmann gab zudem zu bedenken, dass man die Frauenschutzarbeit mit jährlich 20.000 Euro bezuschussen musste – eine Summe, die man auch nicht quersubventionieren konnte. Dass das Landratsamt Greiz die Neustrukturierung “positiv begleitete” betonte der Geschäftsführer, was von Henriette Lachmann bestätigt wurde.”Der präventive Charakter war den Verantwortlichen besonders wichtig.”

In den ersten beiden Monaten nach der Umstrukturierung erfuhr das Angebot im Haus der Diakonie einen “regen Zulauf”, wie Mitarbeiterin Bärbel Eckhardt ausführte. Im Januar habe es 23 ambulant geführte Gespräche gegeben; im Februar bis jetzt 22. In zwei Fällen wurde die Frauenschutzwohnung “kurz” in Anspruch genommen. Die Hilfesuche läge somit höher als zu “Frauenhaus-Zeiten”. Das hänge vor allem damit zusammen, dass das Angebot “niederschwelliger” wurde und die Frauen eine Beratung eher annehmen würden, als den Weg ins Frauenschutzhaus zu suchen. “Obwohl vieles noch ausbaufähig ist, bin ich sehr positiv gestimmt”, zeigt sich Bärbel Eckhardt von der neuen Herangehensweise überzeugt. Sollten sich bezüglich Kapazität Engpässe aufzeigen, gebe es zudem die Möglichkeit, zusätzliche Wohnungen anzumieten oder mit dem Geraer Frauenhaus Kontakt aufzunehmen.

“Wichtig ist auch weiterhin, die Frauen vor Ort unterzubringen”, so Katrin Christ-Eisenwinder, die einmal mehr betonte, dass Frauenschutz Kommunalsache ist und bleibt. “Doch je knapper das Geld bei den Kommunen , umso mehr Freiwilligenleistungen fallen weg und werden Pflichtleistungen gekürzt” – das sei die Crux. Trotzdem dürfe man die aufgebauten Strukturen nicht wegbrechen lassen. “Diesen Prozess gilt es abzubremsen.” Als sie die Nachricht von der Schließung des Greizer Frauenhauses erhielt, sei sie bestürzt gewesen; hatte davon “keine Ahnung”. Es sei zu spät gewesen, die “Alarmknöpfe zu ziehen”. Vieles bekäme sie in Erfurt auch nicht mit; telefonieren mit den Trägern sei oft die einzige Möglichkeit, relevante Dinge zu erfahren. Auch mit der derzeit von der rot-rot-grünen Regierung geplanten Gebietreform in Thüringen werde man die Bedarfe vor Ort decken, versprach die Linke-Politikerin. “Man wird das Thema Frauenschutz nicht derb diskutieren.”

Service:
Frauenberatungsstelle im Haus der Diakonie, Kirchplatz Greiz
Das Angebot ist kostenlos und anonym

Sprechzeiten:
Dienstag von 14 bis 18 Uhr
Donnerstag von 9 bis 13 Uhr
und nach Vereinbarung

Antje-Gesine Marsch @25.02.2016