Auswertung Agenda »Greiz 2030« der BürgerbefragungBürgermeister Gerd Grüner (v.l.), Gesine Rauhhut und Wolfgang Heuschmid bei der Auswertung der Bürgerbefragung in der Vogtlandhalle Greiz

Hervorragende Grundlage für Diskussionen – Auswertung der Bürgerbefragung, die an 1000 Greizer verschickt wurde. Im Zentrum steht die lokale Agenda »Greiz 2030«

GREIZ. Der gemeine Greiz-Besucher ist männlich, 36 bis 45 Jahre alt, Angestellter, kommt aus Thüringen, ist PKW-reisend, interessiert sich für die Schlösser und Architektur der Stadt und liebt die regionale Küche. Der Nachteil: er ist ein sogenannter Sofa-Tourist, das heißt, er übernachtet bei Freunden oder Bekannten. Dieser Fakt ist einer von vielen, die am Mittwochabend zur Auswertungsveranstaltung der Bürgerbefragung auf der Studiobühne der Vogtlandhalle zur Sprache kamen. Zugrunde liegt der Auftrag der GMV Greizer Marketing- und Veranstaltungs-GmbH an die Berliner Beratungsfirma HPC Heuschmid und Partner Consult, eine Imageanalyse zu erstellen, die die Stadt Greiz im Jahr 2030 in den Fokus stellt. Die Ausgangssituation der Auswertung beginne mit dem Jahr 1209, in dem die Ersterwähnung der Stadt Greiz urkundlich verbrieft wurde, so Heuschmidt mit einem Augenzwinkern. Basis seien zudem das Stadtmarketingkonzept aus dem Jahr 1995, das Wirtschaftsstrategiepapier aus dem Jahr 2010, das Stadtentwicklungskonzept und die Einzelhandelskonzeption.

Durch einen Zufallsgenerator wurden 1000 Adressen Greizer Bürger ermittelt, an die ein neunseitiger Fragebogen, bestehend aus vier Teilen verschickt wurde. Der Rücklauf war positiv urteilte Wolfgang Heuschmid, der gemeinsam mit Mitarbeiterin Gesine Rauhhut die Ergebnisse der anonymen Befragung vorstellte. Ein großes Kompliment an die Greizer, urteilte der Experte 303 Listen seien im Rücklauf gewesen. Das sei durchaus über dem Durchschnitt. Die Befragung soll ein Stimmungsbild der Greizer Bürger sein, keine repräsentative Aussage, sondern eine Orientierung, um die Stärken und Verbesserungswürdigkeiten der Stadt darzustellen, so Heuschmid. Mit 43,6 Prozent der Befragten schlugen jene Greizer zu Buche, die 61 und älter sind; die 18-bis 20-jährigen dagegen nur mit einem Prozent. Gesine Rauhhut demonstrierte anhand von Zahlen, Daten, Fakten, wie Bürger die Stadt Greiz im Allgemeinen und Besonderen sehen. Die Lage und landschaftliche Schönheit wurde von 51,8 Prozent der Befragten genannt; gern leben hier 89,1 Prozent. Als Schwächen wurden unter anderem Arbeitslosigkeit, verfallene Häuser und fehlende Einkaufsmöglichkeiten genannt. Zur Stadt spontan wurden Park und Schlösser und die Geschichte der Textilindustrie angeführt; als Wortmarke die Bezeichnung Perle des Vogtlandes und der Slogan Greiz hat Reiz.

Auch der Innenstadtbereich wurde zur Befragung herangezogen. 42,2 Prozent der Befragten kaufen gern in Greiz ein, 57,4 Prozent fahren lieber in die Nachbarstädte Gera, Zwickau oder Plauen. Vor allem das Fehlen eines Kaufhauses im Zentrum der Stadt wurde von vielen bemängelt; ein Einkaufszentrum in der Innenstadt würden 49,8 Prozent begrüßen. Die Fußgängerzonen seien ausreichend, sollten allerdings besser kontrolliert werden. Im Bereich Tourismus und Kultur wurden die Vogtlandhalle und das Kino UT99 als bekannteste Einrichtungen genannt. Mehr als fünf Mal besuchten 31,4 Prozent der Befragten eine Veranstaltung in der Vogtlandhalle, die sich nach einem Jahr des Bestehens gut etabliert habe, wie Wolfgang Heuschmid beurteilte. Als freundlich und kompetent wurde die Greiz-Information beurteilt, in der die Fäden für die touristische und kulturelle Vermarktung der Stadt zusammenlaufen. Spezielle Fragen zu Erreichbarkeit, Parkangeboten und dem Stadtbild allgemein wurden im Teil 4 gestellt: Die Gestaltung des öffentlichen Raumes und die Stadtentwicklung wurden als durchweg positiv eingeschätzt; vermisst wurden unter anderem Fahrradständer und Kurzzeitparkplätze im Zentrum des Stadt oder fehlende Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche. Veranstaltungsbesucher Holger Wittig monierte in der anschließenden Diskussion, dass die öffentlichen Toiletten falsch platziert seien.

Das habe er als Reiseleiter und Stadtführer von Touristen oft feststellen müssen. Unternehmer Peter Kniebel kritisierte, dass in der Bürgerbefragung die Schaffung von Arbeitsplätzen zu kurz kam, für ihn habe die Befragung keinen repräsentativen Wert. Frank Böttger, Geschäftsführer der Greizer Freizeit-und Dienstleistungs GmbH wollte wissen, ob die Jugendförderung schon konkretisiert wurde. Bürgermeister Gerd Grüner (SPD) ging auf die Fragen ein und meinte, dass der Prozess weiter gehe und eine hervorragende Grundlage für weitere Diskussionen darstelle. Turnusmäßig wolle man die Befragung aller zwei Jahre durchführen, ließ das Stadtoberhaupt zudem wissen. Negativ wurde durch die Berliner Beratungsfirma allerdings die Fremdimage-Analyse bewertet, die sich aus Gästebefragungen zusammensetzte und bislang auf wenig Resonanz stieß. Die Erhebung läuft bis 31. März 2013.

Antje-Gesine Marsch @15.08.2012

Ein Gedanke zu „Auswertung Agenda »Greiz 2030« der Bürgerbefragung“
  1. Frage 1: Ausweislich der Präsentation war die GMV GmbH Auftraggeber. Wieso steht dann nicht deren Geschäftsführerin oder deren Aufsichtsratsvorsitzender vorn und präsentiert, sondern der Bürgermeister?

    Frage 2: Unbestritten ist eine Responcequote von über 30% lobenswert. Bei normalen Mailingaktionen jubeln Marketingleute schon bei 5%. Das Problem: Wie hieß denn der „Zufallsgenerator“ wirklich und unter welchen Fragestellungen wurden denn die Adressaten „zufällig“ ausgewählt. Bleibt alles hübsch intransparent. Ich kenne keine/n Greizer/in, die einen Fragebogen erhalten hat. Im Konzept bei der Vogtlandhalle hat man – wohl aus Versehen – mal erwähnt, wer sich da im allgemeinen Jubeltaumel äußern durfte. Die üblichen Verdächtigen.

    Frage 3: Hält man uns für doof, weil man uns immer die Zahl 1.000 unter die Nase reibt? 1.000 versandte Fragebogen sind auch bei einem Rücklauf von 303 keine belastbare statistische Stichprobe. Dafür wären 1.000 echt Befragte (also eintausend Antworten) zwingend gewesen. Und zwar als Abbild der Bevölkerungsstruktur- von Jugend bis Senior, von Lehrling über Arbeitslose zu Angestellten/Arbeitern bis Rentnern. Wenn 46 % Rentner antworten (die das Prognoseziel 2030 mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr erleben werden), muss man sich fragen: quio bono (wem nützt es)?

    Frage 4: Die Landrätin hält von Berliner Beratungsunternehmen nichts (wenn die schreiben, dass der LK Greiz letzte Plätze belegt). Die Stadt erteilt den Auftrag nach Berlin. Wie wurde er vergeben (Auschreibung, freihändig), mit welche Zielstellung (traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast) und was hat das Ganze gekostet?

    Frage 5: Warum wurde der Fragebogen (zu dem man geteilter Aufassung sein kann), nicht im Amtsblatt und der Website der Stadt Greiz veröffentlicht, um eine möglichst hohe Transparenz, Resonanz und Breitenwirkung (ehemalige Greizer könnten sich weltweit beteiligen!) zu erreichen? Angst vor echten Antworten?

    Frage 6: Warum findet die Auswertung mitten in der Woche abends statt, wo definitiv alle Pendler und auswärts Arbeitenden (von denen es Dank der „Super Wirtschaftspolitik“ der Greizer CDU-/SPD-Kuschelkoalition leider viel zu viele gibt) „ausgesperrt“ werden? Zufall kann das nicht mehr sein, weil dies regelmäßig so ist.

    Frage 6: Liebe Kommunalpolitiker: Wollt Ihr wirklich noch 2 Jahre (und 2.000 Einwohner weniger) warten, bis Ihr mal ein ehrliches Stimmungs- und Meinungsbild abholt? Die Greizer lieben ihre Stadt, dass wir auch in vielen Beiträgen z.B. bei facebook deutlich. Aber die verschließen nicht mehr die Augen vor Intransparenz und Ignoranz bis Arroganz. Darunter leidet unsere schöne Stadt seit 1990 und blutet seither aus: personell, wirtschaftlich und finanziell. Allerdings bekommen SPD- Politiker dicke Pensionen/Gehälter oder werden anderweitig im Dunstkreis der Stadt wirtschaftlich untergebracht. Die leiden nicht. Noch. Man kann nur hoffen, dass unterlegene Bewerber um den Posten des Greizer Wirtschaftsförderer klagen werden, falls es doch die Person wird, von der die meisten Greizer es glauben. Deren wesentliche „Empfehlung“ ist das Parteibuch. Darauf laufen im Internet schon Wetten, worüber sich dann das Cafä© O.K. freuen dürfte. Denn die erhalten den Wetteinsatz.

    MfG
    Torsten Röder

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