Website-Icon Vogtlandspiegel

Beim Infoabend in Weida ging es nicht nur um den Euro

Alternative für Deutschland (AfD) will sich auch in Ostthüringen zur Bundestags-Wahl formieren

AfD-Mitglied Thomas Rudy stellte den »AfD-Sekt« vor, wo an ursprüngliche CDU-Wahlversprechen erinnert wird. Foto: Torsten Röder

Alternative für Deutschland (AfD) will sich auch in Ostthüringen zur Bundestags-Wahl formieren

Weida. Am Mittwochabend hatten nicht nur Männer den Weg in die Gaststätte „Zum Aumatal“ gefunden, um sich über die Ziele der neu gegründeten Partei Alternative für Deutschland (AfD) zu informieren. Pünktlich im 19 Uhr begrüßte Personalberater Stephan Meusel aus Auma-Weidatal, nach eigener Darstellung als vorläufige AfD-Sprecher für Ostthüringen, die Anwesenden. Zwar blieb man bezüglich der Gästezahl (gerechnet war mit ca. 30 Gästen) hinter den eigenen Erwartungen zurück. Jedoch war die Tafel mit 19 Personen gut gefüllt, von denen lediglich fünf bereits AfD-Mitglieder waren. Die Besucher kamen aus allen Teilen des BT-Wahlkreises 195 (Landkreise Altenburg und Greiz).

Euro und ESM waren erstes Thema des Abends, Unverständnis über ESM-Vertragsgestaltung
Erwartungsgemäß begonnen wurde der Abend mit dem Thema Euro. Meusel zeigte dazu ein Video, welches sich mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM befasste. Der ESM umfasst ein Stammkapital von unvorstellbaren 700 Milliarden Euro, wobei im Video vor allem auf die nahezu vollständige Haftungsfreistellung der ESM-Vertreter eingegangen wurde. Sie genießen vollständige Immunität und können für ihr Handeln weder gerichtlich noch von den beteiligten Staaten haftbar gemacht werden. Zwar kann der ESM klagen, z.B. auf Zahlung angeforderter Beträge binnen sieben Tagen. Jedoch kann der ESM im Gegenzug nicht verklagt werden. Das hat doch nichts mehr mit Demokratie zu tun, hier fehlt jede Kontrolle! Wer solche Verträge aushandelt oder unterschreibt, gehört abgesetzt, murmelte ein Zuschauer während der Vorführung. Nach dem Video war es umso erstaunlicher, dass der Euro dann doch nicht das beherrschende Thema dieses Abends war.
AfD strebt klare Abgrenzung nach links und rechts an. NPD-Mitglied Nürnberger aufgeflogen.
Da sich die meisten der Anwesenden noch nicht kannten, bat Stephan Meusel die Mitglieder der Runde, sich jeweils vorzustellen. Als Erster tat dies Peter Nürnberger aus Greiz, dem bei der AfD speziell deren Forderung nach einem Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild gefiel. Er verwies auf ähnliche Erfahrungen seiner Tochter in Australien, wo Ausländer z.B. Studiengänge selbst bezahlen müssen. Nürnberger bot an, in Greiz Strukturen aufzubauen, darin habe ich bereits Erfahrung. Über ihn müssen einige Anwesende im Verlauf des Abends die Smartphones bemüht haben, denn mehrere Anwesende stellten bei ihren Vorstellungen klar, dass sie zwar absolut nichts gegen ein Nationalbewusstsein, sehr wohl aber etwas gegen Neonazis und Rechtsradikalismus haben. Offenbar war man zum Ende des Abends relativ schnell auf OTZ-Artikel und andere Webseiten gestoßen, wo ein Peter Nürnberger aus Greiz für die NPD als Kommunalpolitiker zu identifizieren ist. Über Google fanden sich auch Fotos zu NPD-Veranstaltungen, die eine auffallende ähnlichkeit zum anwesenden Gast zeigten. Zu diesem Zeitpunkt hatte allerdings Nürnberger die Veranstaltung bereits verlassen. Stephan Meusel stellte schon während des Abends wiederholt klar, dass sich die AfD vor einer Infiltrierung dadurch zu schützen versucht, dass bei einem Eintritt die bisherigen Mitgliedschaften in politischen Gruppierungen angegeben werden müssen. Wir haben bereits die ersten Schiedsverfahren, wo solche Leute aus der AfD wieder entfernt werden sollen, stellte Meusel klar. Im anschließenden Pressegespräch verwies Stephan Meusel unter anderem auf seine anwesende Ehefrau, die aus Thailand stammt, seit 20 Jahren in Deutschland lebt und inzwischen die doppelte Staatsbürgerschaft hat. Angesichts meines persönlichen Umfeldes wäre ich der Erste, der die AfD verlässt, wenn ich dort Ausländerfeindlichkeit oder Rechtsradikalismus feststellen müsste, stellte er unmissverständlich klar.

AfD will in offene Lücke des bürgerlich-konservativen Lagers stoßen

Meusel betonte im Verlauf des Abends, dass er erst 60 Jahre alt werden musste, um überhaupt eine politische Partei zu finden, in die er bereit war einzutreten und sich persönlich zu engagieren, um für einen Erfolg zur Wahl des Bundestages (BT) am 22.09.2013 zu sorgen. Neben ihm stellten auch zahlreiche andere Gäste fest, dass sie ein Vakuum im bürgerlich-konservativen Lager sehen. Früher gab es in der CDU/CSU noch Redner wie Alfred Dregger oder Franz-Josef Strauß, die klare Kante zeigten-auch wenn die nicht jedermann passte. Heute gibt es nur noch Alternativlosigkeit statt klarer Werte meinte ein Besucher im Verlauf des Abends und erntete dafür Zustimmung. Besucherin Gilda Reinhold aus Gera wünscht sich mehr direkte Demokratie, z.B. durch Volksbefragungen. Speziell beim Thema Euro monierte sie, dass in Deutschland, anders als in anderen europäischen Ländern, die Menschen nicht zur Einführung dieser Währung gefragt wurden. AfD-Mitglied Thomas Rudy wurde von Meusel scherzhaft als Thüringer mit Migrationshintergrund vorgestellt, denn dieser konnte und wollte seinen schwäbischen Akzent nicht verbergen. Rudy störte sowohl die Verbohrtheit in der Politik als auch Steuererhöhungen im Bereich der Mittelschicht. Auch Dipl.-Ing.Thomas Senftleben aus Altenburg ist bereits AfD-Mitglied. Er fand die Entmündigung der Wissenschaft unmöglich. Insbesondere, wenn sich Leute wie Schröder oder Stoiber abfällig mit schon wieder so ein Professor äußern, gleichzeitig reihenweise Politiker offenkundig nicht in der Lage waren, wissenschaftliche Arbeiten wie Doktorarbeiten sachgerecht und aus eigener Leistung zu erstellen. Der ehemalige leitende Angestellte und heutige Rentner Udo Pohle wünschte sich eine klare Abgrenzung nach links und rechts. Ebenso wie sein Nachredner hatte er aus der DDR gelernt und wird keiner Partei mehr beitreten. Dennoch sei auch er auf der Suche nach einer wählbaren Alternative. Die AfD-Mitglieder Petra Siewers aus Pöllwitz und Andreas Fröhlich (Arnsgrün) nutzten das erste Treffen zum Kennenlernen. Fröhlich verkauft als Künstler seine Werke in ganz Europa und konnte dabei noch nicht feststellen, dass sich die Menschen als Europäer fühlen. Vielmehr zeigen Italiener, Spanier oder Franzosen ein sehr ausgeprägtes Nationalbewusstsein, da sie jeweils zu Recht sehr stolz auf ihr Land sind und das auch leben. Der aus Zeulenroda stammende Karl-Heinz Gölker war nach Weida gekommen, um sich zu informieren. Der Unternehmer betreibt in Eisenberg eine Firma und fand, dass sich Leistung in Deutschland endlich wieder lohnen muss. Gegenwärtig werde jedoch harte Arbeit von der Politik nicht anerkannt, sondern die wirtschaftstragende Mittelschicht immer mehr ausgepresst. Auch sein Sohn Alexander Gölker konnte der aktuellen Politikerkaste, die vom wahren Leben doch schon gar nichts mehr mitbekommt, nicht wirklich etwas abgewinnen und sucht für sich eine Alternative zur Wahl. Sowohl CDU als auch FDP sind dies für ihn nicht mehr, weil immer mehr bürgerliche Werte aufgegeben werden und Beliebigkeit Platz gemacht wird. Viele der Anwesenden hatten am Montag die Fernsehsendung Hart, aber fair gesehen und das einhellige Motto lautete: Lucke (AfD) und Bosbach (CDU) waren authentisch, während für die meisten Anwesenden die von Katrin Göring-Eckardt (Grüne) vertretenen Auffassungen von Alt-68ern schlicht eine Katastrophe für diesen Land sind.

Nationalstolz und Zuwanderungsregelung ja, Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit nein

Für den Psychologen Lutz Eichler aus Altenburg ist an der AfD weniger das Thema Euro von Interesse, sondern das Ziel von Volksbefragungen und besonders die Haltung zum Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild. Auch für Sieghardt Rydzewski, den ehemaligen Landrat im Altenburger Land, der seiner Partei SPD den Rücken kehrte, fehlt es bei uns an nationalem Bewusstsein. Gerd Grimm aus Zeulenroda kommt nach eigenen Angaben eigentlich eher aus dem Lager der FDP, schloss sich dem jedoch an und bezog sich dabei auf die Wahlforderung eines neuen Einwanderungsrechts. Angesichts unserer demografischen Entwicklung braucht Deutschland ohne Frage Zuwanderung. Allerdings von Menschen, die leistungswillig sind und nicht die Zuwanderung in unsere sozialen Sicherungssysteme. Die drohen ohnehin zu kollabieren. so Grimm und erhielt für diesen Standpunkt viel Beifall. Zuvor hatte nämlich ein Besucher Zitate der von Bündnis 90/Die Grünen veröffentlichte Positionen wie Deutschland verschwindet jeden Tag immer mehr, und das finde ich einfach großartig.« (Jürgen Trittin) oder Am Nationalfeiertag der Deutschen ertrinken die Straßen in einem Meer aus roten Türkenflaggen und ein paar schwarzrot-goldenen Fahnen.« (Claudia Roth, Wunschvision zum Tag der Deutschen Einheit, Artikel in der Welt am Sonntag vom 6.Februar 2005) aus Facebook verlesen. Mehrere Besucher äußerten daraufhin sehr klar, dass sie auf ihr Heimatland stolz, aber mit den Gebaren des Staates nicht immer zufrieden sind. Natürlich bin ich stolz, Deutscher zu sein so wie dies auch Italiener oder Franzosen auf ihr Land sind. Was sind wir für ein Staat, wenn wir den in anderen Ländern völlig legitimen Begriff Nationalstolz bei uns allein den Rechten zum Missbrauch überlassen? Wir haben nicht nur zur Weltmeisterschaft, sondern in den letzten 60 Jahren europäischen Friedens bewiesen, dass es sowohl aktuell als auch historisch ein besseres und weltoffenes Deutschland gab und gibt. Der historischen Verantwortung der Nazizeit müssen wir uns dauerhaft stellen. Aber es ist schlicht falsch, dieses Land und seine Bürger permanent auf 12 Jahre Nazi-Verblendung zu reduzieren. sagte der Rückersdorfer Werner Siegel mit Blick auf die lange Traditionen als dem Land der Dichter und Denker. Siegel stellte ebenfalls klar, dass er bei einer Unterwanderung von Neonazis hier sofort wieder weg sei. Er sei zum Infoabend gekommen, weil ihm die politischen Phrasen und Totschlagargumente wie alternativlos der etablierten Parteien gehörig auf den Geist gingen, sagte er weiter. Als Diplom-Ökonom zog Werner Siegel auch Parallelen zur DDR, wo die Wirtschafts- und Sozialpolitik ebenso wie auch die aktuelle Euro-Debatte den elementaren Grundsatz außer Acht ließ, dass eben die Ökonomie die Basis jeden Handeln ist. Das Wiederherstellen wirtschaftlichen Handelns insbesondere im Staatswesen war auch für Unternehmer Peter Carqueville aus Gera die Triebfeder, sich zunächst in dieser Veranstaltung zu informieren. Er verwies jedoch ebenso darauf, dass sein Name französischen Ursprungs ist, da seine Vorfahren französische Hugenotten waren, die vor Verfolgung unter anderem auch in diesem Land freundlich aufgenommen wurden. Aber sie haben sich in Deutschland problemlos integriert und keine Parallelgesellschaften aufgebaut, die diesen Staat ablehnen. Als Unternehmer interessierte er sich naturgemäß unter anderem auch für die AfD-Forderung nach bezahlbarer Energie. Aus Altenburg kommend besuchte Stefan Müller die Veranstaltung. Als langjähriges SPD-Mitglied habe er im Januar 2013 diese Partei verlassen, diesen Kurs wollte ich nicht mehr mittragen. Müller könnte sich durchaus vorstellen, in der AfD seine Kenntnisse im Bereich Kultur und Marketing zielführend einzusetzen.

AfD muss in Thüringen 2.500 Unterstützungsunterschriften sammeln. Wahlvorbereitung ist eine logistische Herausforderung

Nach der Vorstellungsrunde ging es dann an ´s Eingemachte. Stephan Meusel informierte die Anwesenden darüber, dass vor der Wahlzulassung die AfD noch 2.500 Unterstützungsunterschriften auf formgebundenen Unterschriftenlisten sammeln muss. Verschiedene Besucher, so unter anderem Werner Siegel, verwiesen darauf, dass sie in Gesprächen zu den Zielen im Verwandten- und Bekanntenkreis viel Zustimmung erfahren würden. Wir brauchen aber schnell Flyer und Wahlprogramme, damit die Menschen das Nachlesen können forderte Siegel. Gerd Grimm dagegen hielt Gespräche auf der Straße ebenso wie ´Klinken putzen ´ für unverzichtbar, wenn man die 5%-Hürde zur BT-Wahl knacken will. Er sah durchaus Potenzial, auch aus den Reihen der FDP, der CDU und selbst der SPD Wähler gewinnen zu können. Regionalkoordinator Stephan Meusel zeigte sich im anschließenden Pressegespräch davon überzeugt, dass die AfD zur Bundestagswahl ein zweistelliges Ergebnis erzielen wird. Ziel ist es, als demokratische Partei das Vakuum im bürgerlich-konservativen Lager zu schließen, auch um letztlich Rattenfängern keine Chance zu lassen. ähnlich wie die Piraten werde auch die AfD von den Medien als Ein-Themen-Partei dargestellt. Jeder der sich mit uns ernsthaft beschäftigt wird feststellen, dass wir weit mehr Themen als nur die geordnete Auflösung des Euro-Währungsraumes oder eine geordnete Zuwanderung im Parteiprogramm haben stellte Meusel klar. Bei der obligatorischen Frage nach etwaig möglichen Koalitionen verwies er auf das noch offene Ergebnis der Wahl und dass diese Frage im Rahmen eines Bundesparteitages zu entscheiden sei. In den Bundesländern und Landkreises sei nun zunächst in kurzer Zeit der Aufbau zu stemmen, was eine logistische Herausforderungen sei. Denn auch an diesem Abend beantragten Besucher die AfD-Mitgliedschaft. Allerdings hatte auch dieser Abend gezeigt, dass die AfD dabei aufpassen muss, dass sie weder von rechts noch von links unterwandert wird, wie Stephan Meusel diesen Spagat bezeichnete. Erst nach 22 Uhr verließen die letzten Gäste den Raum. Die nächste Veranstaltung ist in 14 Tagen in Ronneburg geplant.

Torsten Röder @10.05.2013

Die mobile Version verlassen