Bekenntnis zu Menschlichkeit und DemokratieDer Mahngang durch die Stadt startet auf dem Gartenweg in Richtung Stadtkirche.

Bekenntnis zu Menschlichkeit und Demokratie
GREIZ. „Diese Abgestumpftheit ist es, die wir zu bekämpfen haben, ihr äußerster Grad ist der Tod“, sagte bereits Bertolt Brecht, den Karsten Halbauer am Montagabend zitierte. Etwa zwei Dutzend Bürger folgten dem Aufruf des Bunten Bündnisses Greiz und bekundeten mit ihrem Erscheinen, wie wichtig ihnen das Gedenken an die Pogromnacht des Jahres 1938 ist. Die sogenannte Reichskristallnacht war der Auftakt für die grauenvollste Epoche in der Menschheitsgeschichte, die heute oft als Vergangenheit abgetan wird: „Ein historischer Tag des Grauens“, wie Reinhard Sell in seinen Worten bekundete. Der Sprung in die Gegenwart sei nicht allzu groß – wieder „brennen Häuser und steigt brauner Dunst auf“. „Haben die Menschen wirklich nichts gelernt – soll sich Geschichte wirklich wiederholen?“, fragte Reinhard Sell in die Runde. Der Treffpunkt für die Gedenkveranstaltung war ganz bewusst gewählt: die Stelle, wo dem jüdischen Greizer Ehepaar Hilde und Hans Kramer durch die „Stolpersteine“ gedacht wird. Der Berliner Künstler Gunter Demnig erinnert mit diesem Projekt seit den 1990er Jahren an die während der Naziherrschaft ermordeten Menschen. Willi Brüßel-Mautner verlas die bewegende Vita der Familie Kramer. Mit Kerzen in den Händen setzte die Gruppe ihren Mahngang über die Friedensbrücke, den Burgplatz und die Baderei in Richtung Stadtkirche St. Marien fort. „Als was ich hier mitgehe? Als Mensch“ betonte der Greizer Harald Seidel, der mit Ehefrau Roswitha an der Gedenkveranstaltung teilnahm. Im Gotteshaus folgten kurze Lesungen. So trug Pfarrer Michael Riedel aus Jizchak Katzenelsons „Lied vom ausgemordeten jüdischen Volk“ vor und Willi Brüßel-Mautner las das Gedicht „Nie wieder“. Zu den Gästen der Gedenkveranstaltung gehörten auch zwei Vertreter der Jüdischen Gemeinde Chemnitz, die das Bunte Bündnis nach Greiz eingeladen hatte.

Antje-Gesine Marsch @10.11.2015