Tag der offenen Tür im Kinderhospiz „Bärenherz“Das Kinderhospiz "Bärenherz" lud am Samstag zum Tag der offenen Tür ein, nahm Besuchern Ängste und bot Einblicke in den Alltag. Foto: Torsten Röder

Familienfest im Kinderhospiz „Bärenherz“ nahm Besuchern Ängste und bot Einblicke – Auch Gäste aus dem Vogtland werden hier betreut

MARKLEEBERG/GREIZ. Was fällt Ihnen zum Stichwort „Kinderhospiz“ ein?
Auf diese Frage erfolgt zunächst meist ein Achselzucken. Dann kommen Antworten wie „Trauer“, „Ist das nicht die letzte Station, dort wo Menschen sterben“, „Mag ich mir gar nicht vorstellen“ oder „Das ist bestimmt kein Ort, wo man feiert“.
Individuell alles richtig – und faktisch doch alles falsch. Denn mit genau solchen Vorstellungen dürfte der eine oder andere Besucher den Tag der offenen Tür im Kinderhospiz „Bärenherz“ in Markleeberg möglicherweise beklommen aufgesucht haben.
Aber gegangen sind diese Besucher garantiert mit anderen Eindrücken. Denn fast alle Besucher des Kinderhospizes hatten ihre persönlichen „Aha-Effekte“.

Hospize wollen das Sterben wieder in das Leben integrieren

Am Rande des unter Naturschutz stehenden Kees´schen Parkes wurde 2008 das Kinderhospiz in Markkleeberg errichtet.
180 Familien pro Jahr werden im „Bärenherz“ betreut, unter anderem auch aus dem sächsisch-thüringischen Vogtland wie Gera, Greiz oder Reichenbach/V.
Das betrifft u.a. Kurzzeitpflege oder falls Eltern selbst erkranken. Auch Urlaub für die betroffenen Familien ist möglich.
Unmittelbar hinter dem Hospiz befindet sich der Cospudener See, ein beliebtes Erholungsgebiet.
Unter anderem diese Lage hilft, das Sterben wieder in das Leben zu integrieren, so die PR-Verantwortliche Mona Meister.
Die selbst von lebensverkürzenden Krankheiten betroffenen Kinder finden im Hospiz und dem Außengelände optimale Bedingungen sowie engagiertes Fachpersonal vor.
Insgesamt 43 Personen sind im Hospiz beschäftigt, dazu unterstützen im Verein 150 ehrenamtlich Tätige bei Ausfahrten oder Veranstaltungen wie dem Tag der offenen Tür. „Wir brauchen ganz viele noch“ warb Mona Meister für weitere Unterstützer und Fördermitglieder. Denn die Kosten werden nicht komplett von den Krankenkassen übernommen, die Trägervereine sind auf Spenden angewiesen.

Nicht nur die Kinder, sondern auch deren Eltern und Geschwister werden optimal betreut

Von Klangtherapien bis zum pädagogischen Personal (welches Geschwisterkinder betreut und beschäftigt) bietet die Einrichtung viel.
So finden diese zumindest zeitweise Abwechslung und einen anderen Fokus.
Das Kinderhospiz „Bärenherz“ unterhält derzeit 10 Kinderzimmer und vier Erwachsenenwohnungen.
Daneben ein Spielzimmer für Geschwisterkinder und die Eltern-Oase.
Im Erdgeschoss gibt es eine weitere Wohnung, die mit einem Kinderzimmer kombiniert ist.

Hier können Eltern die finale Zeit gemeinsam mit ihrem Kind verbringen, der „Raum der Stille“ bietet einen zusätzlichen Rückzugsort.

Nach Aussage der Schwestern spielt sich der Tagesablauf meist im großen Aufenthaltsraum (mit Kuschelecke) ab.
Hier wird gesungen, hier bringen Clowns den Kindern Freude.
Ein modern ausgestattetes Pflegebad unterstützt die pflegerische Arbeit. Besonders beliebt ist der Snoezelenraum, gedacht zur Verbesserung der sensitiven Wahrnehmung und zur Entspannung.
Bei Spastiken hilft den Kindern das Wasserbett ebenso wie der „Sacksessel“. Der mit LED-Leuchten bestückte, farblich variierende Vorhang aktiviert die Kinder, ihre motorischen Fähigkeiten auszuprobieren.
Im kindgerechten Spiel- und Entspannungsgarten können die Geschwister gemeinsam mit den erkrankten Kindern frische Luft genießen. Um den steigenden Bedarfen gerecht zu werden, ist der Ausbau des Hospizes bereits fest geplant.
Die bisher begrünte Terrasse wird somit zunächst dem Neubau weichen müssen.

Viele Besucher, viel Zuspruch und viele Spenden

Welche Wertschätzung das Kinderhospiz „Bärenherz“ in der Nähe von Leipzig erfährt, war am gesamten Samstag an vielfältigen Faktoren ersichtlich. Zum einen war es die Zahl der Besucher an sich. Schon vor 11 Uhr strömten die Besucher in den wunderschönen Kees´schen Park von Markkleeberg. „Hier ist alles so hell und freundlich“ war neben „Das ist hier wirklich kindgerecht“ einer der am meisten zu hörenden Sätze bei den Besichtigungen.
Davor rangierte eigentlich nur der Satz „Vor den Menschen, die hier arbeiten, kann man nur den Hut ziehen“, nachdem man die geöffneten Bereiche des Kinderhospizes besichtigt hatte.
Die Akzeptanz spiegelt sich auch in der Anzahl der Unterstützer des Familienfestes wider.
Schulklassen gestalteten Auftritte, die Freiwillige Feuerwehr bot Fahrten mit Blaulicht an, Ponyreiten, schottische Kinder-Highland-Games waren noch nicht alles.
Traktorfahrten, das Schnitzen von „Möhrenautos“, Clownsauftritte und Riesenseifenblasen – Langeweile kam keine auf.
Auch für Speis und Trank war im Hospiz wie im Park umfassend gesorgt. Faktisch kostenlos, waren die an jedem Stand bereit stehenden Spendenbüchsen schon am frühen Nachmittag gut gefüllt.
Daneben gab es am Nachmittag zwei Spendenübergaben. Zahnmediziner Dr. Barth hatte anlässlich seines 60. Geburtstages um Spenden statt Geschenke gebeten. Die erzielten 9.000 Euro teilte er zu je 4.600 Euro zugunsten des Kinderhospizes bzw. der Alzheimer-Stiftung auf.

Weitere 2.000 Euro überreichten Frau Merkel (natürlich nicht die Bundeskanzlerin, wann hat die schon jemals eigenes Geld gegeben?) und Herr Hoyer. Das Geld stammt aus einer Tombola anlässlich des 25-jährigen Firmenjubiläums.
Und immer wieder sah man(n/frau) ein anerkennendes Schulterklopfen oder eben anerkennende Worte für dieses Engagement für die Mitarbeiter/Unterstützer des Kinderhospizes.
Man fragt sich unwillkürlich, warum solche (für ein Leben und Sterben in Würde unverzichtbaren) Einrichtungen überhaupt auf Spenden angewiesen sind? Anderenorts schaffen es Staat oder Krankenkassen doch auch, das Geld mit vollen Händen aus dem Fenster hinauszuwerfen. Offenbar ist also genügend Geld da….

Hospize sind Herbergen für Gäste auf Zeit

Die Bezeichnung Hospiz leitet sich ab vom lateinischen Begriff Hospitium. Dies waren im Mittelalter Bezeichnungen von kirchlichen oder klösterlichen Herbergen für Pilger (Pilgerherbergen), Bedürftige (Armenhaus), Fremde (Asyl, heute vergleichbar Hotel) oder Kranke (Hospital). Da es sich hier nicht um Daueraufenthalte handelte, wurden die Aufgenommenen als „Gäste“ bezeichnet.
Dieser Begriff hat sich (statt „Patienten“) auch für Hospize erhalten. Hospize sind Herbergen für Gäste auf Zeit in ihrem letzten Lebensabschnitt.
Hier ist man jedoch nicht abgeschoben, sondern es steht immer die Orientierung an den Bedürfnissen der erkrankten Personen und ihrer Angehörigen im Vordergrund.
Hospize dienen als Schutzraum vor ungewollter Übertherapie oder anderen belastenden Faktoren. Therapeutische und pflegerische Maßnahmen werden letztlich darauf abgestimmt, was der Patient für sich als sinnvoll und angemessen empfindet.
Das führt in manchen Fällen dazu, dass auf bestimmte Handlungen vollständig verzichtet wird.
In Einrichtungen mit kurativer Zielsetzung würden diese notfalls auch gegen den Willen des Patienten durchgeführt werden.

Gleichzeitig soll ein Stück Normalität vermittelt werden, was im Krankenhaus oder zu Hause (durch Überforderung der pflegenden Angehörigen) oft nicht mehr gegeben ist.

Torsten Röder (tr)@03.09.2016

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