Wortklang in Greizer Stadtkirche - Choralmeditation und Luther-TexteWolfgang Schmiedt - Gitarre (vorn), dahinter Karl Scharnweber - Orgel und Thomas Klemm – Saxophon / Flöten

Wortklang in Greizer Stadtkirche – Choralmeditation und Luther-Texte
GREIZ. Man habe schon gerapt oder Poetry Slam erlebt; wohl das gesamte Spektrum der Lyrik erprobt, doch die Reihe WortKlang in einer Kirche durchzuführen, sei ein ganz neues Format. Dr. Martin Straub, Ehrenamtsvorsitzender des Vereins Lesezeichen e.V. begrüßte mit diesen Worten am Freitagabend die Gäste in der Stadtkirche St. Marien. Unter dem Motto „WortKlang – Lyrik im Konzert“ führt die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen gemeinsam mit Lese-Zeichen e.V. aus Jena diese Reihe durch – in diesem Jahr in Kooperation mit der Stadt-und Kreisbibliothek auch in Greiz zum zehnten Mal, wie Dr. Michael Grisko in seiner Einführung betonte und der Veranstaltung ein „erbauliches Vergnügen“ wünschte.
Im Fokus des Abends stand der Reformator Martin Luther. „Ohne ihn wäre der Gemeindegesang nicht möglich gewesen“, wies Dr. Straub anfangs hin und zitierte die EKM-Botschafterin Magot Käßmann: „Luther hat aus Glauben den Schritt vom Mittelalter in die Neuzeit gewagt – und den Weg zu Freiheit, Demokratie und Menschenrechten geebnet.“ Dr. Straub verschwieg aber auch nicht, dass der Reformator seine „Schattenseiten“ hatte; beispielsweise mit seinen Äußerungen gegen die Juden. „Doch Luther wusste um seine eigenen Abgründe.“
Musikalische Gäste des Abends waren die Musiker des Trios „Choralconcert“ –Karl Scharnweber (Orgel), Wolfgang Schmiedt (Gitarre) und Thomas Klemm (Saxophon, Flöte) – deren meisterlich erzeugten Klänge von der Orgelempore herab die Kirche durchfluteten. Alte Choräle neu zu entdecken lautet der Anspruch, dem die drei Musiker mit ihrer Virtuosität seit Jahren begegnen. „Eine feste Burg ist unser Gott“, „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ oder „Nun bitten wir den Heiligen Geist“ – mit vielfältigen Klangfarben, Tonreflexen und Improvisationsbögen verstanden es die Musiker, den Jahrhunderte alten Chorälen ein neues, jazziges Gewand zu geben. Christine Hansmann aus Weimar las dazu Luthertexte, etwa „„Wer Krieg anfängt, der ist im Unrecht. Und es ist billig, dass derjenige geschlagen oder doch zuletzt bestraft werde, der zuerst das Messer zückt.“ Oder „Ich bitte Gott um ein gnädiges Stündlein“ und „Geld kann den Hunger nicht stillen, sondern ist im Gegenteil der Grund für den Hunger. Denn wo reiche Leute sind, da ist alles teuer.“ Berührend interpretierte Texte, die – obwohl vor über fünfhundert Jahren verfasst – eine aufrüttelnde Aktualität in sich bergen.
Eine Veranstaltung, die Wort und Klang wunderbar symbiotisch vereinte und die ein weit größeres Publikum verdient hätte.

Antje-Gesine Marsch @22.11.2015