Villa Schilbach GreizAnsicht der Schilbachschen Villa in der Greizer Rudolf-Breitscheid-Str. 14 aus dem Jahr 1917 (Kreislandbund). Foto: Archiv Vogtlandspiegel

Villa Schilbach in Greizer Rudolf-Breitscheid-Straße 14 gehört zu den Preisträgern
GREIZ/GROßENSTEIN. In einer Feierstunde wurden am heutigen Abend in der Kirche Großenstein die drei Preisträger des Denkmalschutzpreises 2014 des Landkreises Greiz geehrt. Neben der Evangelischen Filialkirche St. Petrus Baldenhain und der Evangelischen Filialkirche Wöhlsdorf bekam auch der Münchner Martin Schramm, der in mühevoller Detailarbeit die „Schilbachsche Villa“ in der Greizer Rudolf-Breitscheid-Straße 14 gesamtsaniert-und restauriert hat, den Preis verliehen.
„Der anspruchsvolle gründerzeitliche Villenbau in der Greizer Neustadt glänzt mit vorbildlich restaurierten Fassungen, aufwändigen, farbig gefassten Stuckaturen und einem repräsentativen Treppenhaus in opulenter historischer Manier“, schrieb Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) in der Einladung zur diesjährigen Verleihung des Denkmalschutzpreises.

Antje-Gesine Marsch @10.09.2014

Architekt Matthias Hamann aus Greiz hielt die Laudatio auf den Preisträger:
Laudatio Villa Schilbach, Greiz, Rudolf-Breitscheid-Str. 14
Villa Schilbach – ein schlichter Titel für die Sanierung einer schlichten gründerzeitlichen Villa, allerdings mit mehr Inhalt als zunächst vermutet werden kann.
Der Wollwarenfabrikant Ernst Alfred Schilbach ließ sich das Haus 1889 von dem Greizer Bauunternehmen Golle & Kruschwitz als eigenen Wohnsitz errichten.
Nach außen wirkt das Gebäude angenehm schlicht und wohlproportioniert, nicht mit Bauschmuck überladen ausgeführt wie andere zeitgleiche Gebäude des Historismus,
obwohl die Fassaden auf den erhaltenen Bauzeichnungen noch mit üppigen bauplastischen Dekoren geplant waren.
Das Grundrisskonzept ist klassisch. Um einen Treppenraum gruppieren sich U-förmig in zwei Hauptetagen unten die zur Repräsentation bestimmten und darüber die privaten Räume. Allerdings schenkte man dem Treppenaufgang besondere Bedeutung. Man betritt das Haus über ein kleines, aber nobles Foyer. Dann, wenn man den ersten Treppenlauf passiert hat und sich umwendet, steht man vor einem grandiosen Treppenaufgang. Der Treppenraum nimmt, in der Höhe bis ins Dach reichend, ca. 1/3 der Gesamtfläche des Hauses ein und öffnet sich über riesige Fenster zum Garten. Edle Materialien wurden mit schwerem Stuck und repräsentativen Malereien an der Decke kombiniert. Eine beeindruckende Inszenierung für Besucher des Hauses, die vom
Selbstbewusstsein des damals aufstrebenden Bürgertums kündet und zu der man in weitem Umkreis kein Pendant findet.
Als Herr Martin Schramm das Haus 2005 erwarb, muss er diese Einzigartigkeit erkannt haben, obwohl das Anwesen inzwischen in einem abgewirtschafteten Zustand war. Mehrere unzweckmäßige Nutzungen, vor dem Leerstand zuletzt als Wehrkreiskommando und Kreisgericht, hatten das ihrige getan. Alle Oberflächen waren mit Latexfarben zu getüncht, Wände und Türen waren entfernt oder versetzt, der Stuck in einer Etage abgeschlagen worden.
Normalerweise erwerben Investoren Immobilien um sie rentierlich vermarkten zu können. Nicht so Herr Schramm. Seine Intuition war es, den Genius Loci durch möglichst perfekte Wiederherstellung des bauzeitlichen Zustandes wieder zu beleben. Ohne Gewinnabsicht will er das Haus, neben der privaten Nutzung für sich selbst, Künstlern aus Literatur, Bildender Kunst und Musik oder für Seminare, Workshops und Feiern zur Verfügung stellen und damit das kulturelle Leben von Greiz bereichern. Mit äußerster Akribie arbeiten er selbst und die von ihm verpflichteten Handwerker seit fast 10 Jahren an der Wiederherstellung der ursprünglichen Gebäudestrukturen, an der

Ergänzung der Stuckaturen und Ausbauelemente und vor allem an der Restaurierung der unter all dem Latex noch verborgenen bauzeitlichen Raumfassungen. Die Innen- und Außenarbeiten wurden 2014 im Wesentlichen abgeschlossen. An der Fassaden wurden unvorteilhafte Veränderungen rückgängig gemacht und Sandsteine und Klinker gereinigt und instand gesetzt. Das Dach erhielt eine Schieferdeckung. Der markante Lüftungskamin wurde aufgearbeitet und zwei verloren gegangene Dachspitzen wieder ergänzt.
Hauptarbeit in den Innenräumen war die zeitraubende akribische Abnahme aller Latexüberfassungen. Dadurch gelang es sowohl im Treppenraum als auch in den fünf Repräsentationsräumen im Erdgeschoss ein Maximum an originalen Fassungen und die Filigranität des Stucks zurück zu gewinnen. Die Deckenoberflächen wurden mit akademischem Anspruch restauriert, die Wandoberflächen mit Bezug auf die bauzeitlichen Gliederungen instand gesetzt und frisch gefasst. Im stark zerstörten Entree mussten der Wandputz und die Stuckgliederungen erneuert werden. Die fehlenden Türen zum Untergeschoss wurden ergänzt. Auch hier waren die Deckenmalereien zu restaurieren.
Türen, Fenster und Innenausbauten wurden im gesamten Haus abgebeizt, komplettiert und mit Leinölfarben neu gefasst. Historische Fliesenböden wurden genauso wie Parkettböden mit denkmalgerechten Methoden wiederhergestellt. Für die Ergänzung verloren gegangener Accessoires bewies Herr Schramm ein besonderes Talent. So wurden fehlende Türen, Stuckelemente, geätzte Gläser oder die gusseisernen Vasen für die Postamente in der Treppenhalle stilgerecht beschafft und eingebaut.
Ab und zu als Berater hinzugezogen, erinnere ich mich noch an manche intensive Diskussion um kleinste Details, um Nuancen der Ausführung oder um optimale Lichtinszenierungen. Der Anspruch des Bauherrn an Perfektion und Stimmigkeit im Gesamtzusammenhang ist besonders hervorzuheben, und auch, dass dieser Funke auf die beteiligten Handwerker übersprang. Alles Engagement hat sich ausgezahlt und die Villa Schilbach strahlt heute innen und außen in neuem altem Glanz und ist in ihrer Einmaligkeit und der Qualität der Wiederherstellung zu einem Höhepunkt in der Greizer
Neustadt geworden.
Für diese beispielgebende Leistung soll Herr Martin Schramm heute mit dem Denkmalschutzpreis des Landkreises Greiz geehrt werden.