Turbulente Inszenierung des Theaterstückes Der nackte König von Jewgeni Schwarz sorgt für helle Begeisterung im Reichenbacher NeuberinhausTurbulente Inszenierung des Theaterstückes Der nackte König von Jewgeni Schwarz sorgt für helle Begeisterung im Reichenbacher Neuberinhaus - Heinrich (l.) und Christian loben den leckeren Kuchen.

Turbulente Inszenierung des Theaterstückes Der nackte König von Jewgeni Schwarz sorgt für helle Begeisterung im Reichenbacher Neuberinhaus

REICHENBACH. Heinrich liebt Henriette und Henriette liebt Heinrich. Klingt eigentlich perfekt, wenn nicht Heinrich ein Schweinehirt und Henriette eine Prinzessin wäre. Deshalb kann die Königin (Silke Mothes) einer Vermählung auch nicht zustimmen, da für sie als Schwiegersohn nur ein Prinz in Frage kommt. Wie sich die beiden Liebenden schlussendlich doch bekommen und ausgelassen Hochzeit feiern, konnte man am Freitagabend bei der Premiere von Jewgeni Schwarz“ Stück Der nackte König im Reichenbacher Neuberinhaus erleben. Heinrich (Felix Burghardt niedlich und im herrlichsten Vugtlännisch agierend) will sich natürlich nicht damit abfinden, dass seine Prinzessin (hübsch: Christiane Bier im Amy-Winehouse-Stil) den Nachbarkönig heiratet und macht sich mit Freund Christian (Tom Husse) auf den Weg, um sie zu entführen bzw. wenn das nicht klappen sollte, gute Ratschläge zu erteilen, was sie tun muss, damit sie der König (ulkig: Tilo Barth) nicht zur Frau nimmt.

Dieser stellt nämlich immens hohe Ansprüche an die Lebensführung und Herkunft seiner Zukünftigen. So schickt er ihr seinen Minister für zarte Gefühle (herausragend: Peter Vollmer in Strumpfhosen und Stöckelschuhen) entgegen; ebenso die Gouvernante (großartig: Karin Rösin, mit fast 70 Jahren älteste Akteurin) und die Kammerdienerin (Karola Beuther) entgegen. Heinrich rät Henriette, sich unmöglich zu benehmen, damit sie der König ablehnt. Wie sich der König allerdings, der als launig und unberechenbar gilt, verhalten wird, weiß keiner. Unterdrückung und Willkür haben in seinem Reich dazu geführt, dass die Menschen nicht mehr nach Wahrheit oder Lüge fragen, sondern ängstlich und übereifrig damit beschäftigt sind, die Launen des Herrschers zu befriedigen. Was allerdings keiner ahnen konnte: dem König gefällt die Prinzessin. Die schimpft zwar wie ein Rohrspatz: Halt`s Maul, dummer Sack!; er hält die Beleidigungen allerdings für verbale Liebkosungen.

Also muss ein Plan her: Heinrich und Christian verkleiden sich als Weber, bieten dem König ihre Dienste an und weben mit unsichtbaren Fäden das Netz, in dem sich schließlich der ganze Hofstaat verfängt: Sie bieten dem König einen Stoff an, der für dumme Menschen unsichtbar ist. Dem König kommt dies sehr gelegen, da er nun sehen kann, wer für seine Stellung ungeeignet ist, rechnet jedoch zu früh damit, seinen Untertanen blamieren zu können. Denn: Ein König kann kein Idiot sein! Ein Glöckchenkessel, der nur für einen Kuss des Schweinehirten zu bekommen ist, einhundert Matratzen auf einer Erbse und ein modeverrückter König, der nackt vor sein Volk tritt: Jewgeni Schwarz`s Stück beinhaltet gleich drei Märchen von Hans-Christian Andersen. Schwarz (1896-1958) schuf daraus eine unterhaltsame, märchenhafte, aber durchaus politische Fabel.

Dafür spricht, dass das Theaterstück gleich nach seiner Erstaufführung im Jahre 1934 verboten wurde. Wie in Andersens Märchen spricht zum Schluss ein kleines Kind die Wahrheit aus und bringt so ein ganzes System zum Einsturz: Du bist ja splitternackt und dick! Seit April vergangenen Jahres hatten sich die Mimen, die mit größter Spielfreude und zum Teil erstmalig auf den Brettern, die die Welt bedeuten stehen, mit dem Stück beschäftigt. Unter vorzüglicher Regie des Greizer Ehepaares Sylvia Lemma-Herrmann und Christoph Herrmann entstand eine turbulente, manchmal schon fast clowneske Inszenierung mit wunderschönen Kostümen und ausgefallenem Bühnenbild. Beeindruckend auch die kleinen Rollen, etwa die der Hofnärrin (hervorragend gespielt von der Greizerin Petra Walter), die todernst mit ihrem Köfferchen inklusive roter Knollennase anrückte, wann immer der König erheitert werden wollte. Die begeisterten Besucher honorierten die Aufführung mit herzlichem, minutenlangem Applaus.

Antje-Gesine Marsch @30.12.2011