Friedliche Mahnwache auf dem Greizer ZaschbergEtwa sechzig Teilnehmer konnte die Mahnwache der Bürgerinitiative "Weil wir Greiz lieben" an der Wendeschleife auf dem Zaschberg verzeichnen.

GREIZ. Ein brisantes Thema polarisiert seit einigen Wochen die Bürger der thüringischen Stadt: Im März dieses Jahres hatte die Bundesregierung beschlossen, 5000 Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien aufzunehmen; am 11. September wurden die ersten nach Deutschland eingeflogen. Zunächst für zwei Jahre sollen sich diese Menschen hier in Deutschland aufhalten können. Auch die Stadt Greiz nahm 53 Syrer auf und quartierte sie im ehemaligen Internat des Staatlichen Berufsbildenden Zentrums im Neubaugebiet Zaschberg ein. Das rief wenige Tage später einen besorgten Bürger auf den Plan, der bei den Anwohnern Handzettel mit der Botschaft Das Asylheim muss verschwinden verteilte und im sozialen Netzwerk Facebook eine Bürgerinitiative gegen das Asylheim initiierte, die in kürzester Zeit eine große Anhängerschar gewann.
Die erste Demonstration vor dem Heim fand am Freitag, den 13. September statt, die zweite wurde gleich für den folgenden angemeldet, um dem Volksbegehren einen Schritt näher zu kommen, wie es im Aufruf hieß. Im gleichen Netzwerk gründete sich zeitgleich die Gruppe Solidarität mit den Flüchtlingen aus Greiz, die zeitgleich ebenfalls eine Demonstration anmeldete. Während sich die Gruppe, die die Flüchtlinge willkommen heißt, an der Buswendeschleife nahe des Heimes trifft, versammeln sich die Flüchtlingsgegner wenige Meter unterhalb auf einer Wiese am REWE-Einkaufszentrum. So auch am vergangenen Freitag, als sich etwa 80 Asylgegner versammelten. Zum Schutz unserer Kinder, des Hab und Gut und unseres friedlichen Lebens in Greiz bedarf es wohl des letzten mutigen Bürgers von Greiz, ein Zeichen zu setzen, wie ein Sprecher der Asylgegner am offenen Mikrofon forderte. Anschließend marschierte die Gruppe durch den Vorort und forderte die Bürger auf, sich anzuschließen. Parolen wie Wir sind das Volk und Wir wollen kein Asylbewerberheim wurden dabei lauthals geschrien.

Ruhiger ging es bei den Pro-Asylanten zu. Eine Mahnwache – die erstmals von der Bürgerinitiative Weil wir Greiz lieben angemeldet wurde – und kurze Reden unterstrichen noch einmal das Begehren, so lange freitags Gesicht zu zeigen, bis das Problem geklärt ist. Greizer Lokalpolitiker, wie Bürgermeister Gerd Grüner (SPD), Stadträte der SPD, der Interessengemeinschaft Wirtschaft und Arbeit (IWA) und der LINKEN hatten sich mit ihrer Teilnahme und Statements eindeutig positioniert: Es ist ein klares Zeichen gegen Rechtsradikalität und gegen den braunen Mob, dass wir heute hier stehen, sagte Bürgermeister Gerd Grüner zur ersten Demonstration. Wir wollen eindeutig Zeugnis ablegen, dass diese Flüchtlinge für eine bestimmte Zeit unsere Mitbürger sein werden. Willi Brüssel-Mautner vom Verein AufAndHalt e.V. begrüßte die Flüchtlinge in der Stadt und sprach den Wunsch aus, dass sie hier angenommen werden trotz der Unterschiede in Sprache, Kultur und Glauben. Man müsse sie vor denen schützen, die ihren Rassismus überdeutlich zeigen. Anwesend war am Freitagabend auch Dr. Wolfgang Netzsch vom Aktionsbündnis Vogtland gegen Rechts, der auf ähnliche Probleme im Vogtlandkreis hinwies. Bis jetzt hielten wir die braune Bande ganz schön in Schach, doch befürchtet er, dass durch die allgemeine soziale Situation noch mehr Menschen auf die Seite derer gezogen würden, die Hass und Menschenverachtung schüren.

Im Prinzip demonstrieren diese Menschen gegen ihre eigenen Interessen. Auch Wolfgang Seifert, Vorsitzender des Ortsvereins der SPD unterstrich die Wichtigkeit, dass die Bürger Gegenwehr leisten. Von den Medien würde er sich diesbezüglich noch mehr Aufklärungsarbeit in Bezug auf Informationen und Zusammenhängen wünschen. Auch Juso-Vorsitzende Marie Meyer positionierte sich eindeutig: Wir müssen das so lange durchziehen, bis die Sache geklärt ist, räumte aber auch ein, dass sie sehr traurig über die Umstände sei. Besong Agbor , Sprach- und Migrationsmittler und Ansprechpartner der Migrations-und Integrations-Gemeinschaft (MIG) berichte, dass es bereits Aktivitäten von Pädagogen gebe, die ehrenamtlich zwei Mal die Woche Sprachunterricht geben. Die Asylanten ohne Aufenthaltsgenehmigung haben noch kein Recht auf offiziellen Unterricht, wie Herr Agbor weiß. Von ähnlichen Dingen berichtete Pfarrer Christian Colditz von der Pohlitzer Kirchgemeinde. Es seien schon syrische Familien zum Gottesdienst gekommen. Auch habe er bei Besuchen im Asylheim das große Interesse der Flüchtlinge an Kunst und Kultur in der Stadt Greiz gespürt.
Für den kommenden Freitag sind wieder Aktionen auf beiden Seiten geplant.

Antje Gesine Marsch @04.10.2013