Gäste aus Israel reichen die HandMuseumsleiter Rainer Koch im Gespräch mit der Leiterin der Delegation, Erika Teller.

Sechs Gäste aus Israel, die den Holocaust überlebten, sind derzeit zu Gast im Vogtland

GREIZ. Sechs Überlebende des Holocaust besuchen seit 5. Juni das Vogtland. “Alle sind zwischen 1928 und 1938 geboren und haben die Nazizeit miterlebt; heute leben sie in Israel“, sagte Dolmetscherin Marina Jandek, als die Gruppe am Mittwochvormittag in Greiz Station machte. Die Einladung erfolgte auf Initiative des Bürgermeisters der Stadt Greiz, Gerd Grüner (SPD) und des Leiters der Museen der Schloss-und Residenzstadt , Rainer Koch. Gemeinsam mit der Klasse SAT 15 des Staatlichen Berufsbildungszentrums “Ernst Arnold” begrüßte er die Gäste auf dem Oberen Schloss. Die Thematik Holocaust behandelte man im Fach “Berufsethische Grundfragen”, wie Pädagogin Regina Golombek im Gespräch sagte. Eine Sonnenblume als Symbol für eine friedvolle Welt überreichten einige Schülerinnen den israelischen Gästen.

Rebesgrüner Berthold Schaller pflegt seit vielen Jahren Beziehungen nach Israel

Der Rebesgrüner Berthold Schaller, der nach 2014 zum zweiten Mal eine Gruppe nach Greiz führt, pflegt seit vielen Jahren intensive Beziehungen nach Israel und organisierte den Aufenthalt. Der Holocaust, der Völkermord an 6 Millionen Juden, davon 1,5 Milllionen Kindern, als dunkelstem Kapitel deutscher Geschichte steht in diesen Tagen im Mittelpunkt vieler Gespräche, Treffen und Veranstaltungen im gesamten vogtland. Berthold Schaller möchte seinen ganz persönlichen Teil zu einem besseren gegenseitigen Verständnis zwischen Deutschland und Israel beitragen, wie er im Gespräch sagte.

Herzlich willkommen in Greiz

Mit “Dobro poschalowat” – Herzlich willkommen – begrüßte Rainer Koch die Gäste aus Israel. In seinen Worten nannte er das Treffen einen “generationsübergreifenden Dialog” und sprach den sechs Delegationsteilnehmern seine Anerkennung aus, den Weg nach Deutschland angetreten zu haben. Das sei “großartig und mutig”. Die Zeit des NS-Regimes habe auch in der Stadt Greiz Spuren hinterlassen, rief der Museumsleiter in die Erinnerung zurück. Gerade in der heutigen Zeit sei die Auseinandersetzung mit dieser Thematik “besonders wichtig”, auch in puncto Willkommenskultur.

Bewegende Schicksale

Polina Bunikak-Scholazkaja, 1934 in der Ukraine geboren, sprach über ihre Erlebnisse als Kind – von den unvorstellbaren Gräueltaten, die sie in ihrem Dorf erleben musste. Erika Teller, die Leiterin der Delegation, kam als kleines Mädchen nach Theresienstadt. Verzeihen könne sie, vergessen nie, berichtete sie. Heute leitet sie ehrenamtlich das Holocaust-Museum in Jerusalem. “Es fällt sehr schwer, über diese Zeit zu berichten”, gestanden die Gäste einhellig. Jedes Mal kämen die schrecklichen Erinnerungen wieder hoch. Doch sei es eine andere Erfahrung, mit Zeitzeugen zu sprechen, als sein Wissen aus Büchern oder Medien zu übernehmen, so Vladimir Tufeld, der seit 1988 in Jerusalem lebt. Die Frage nach dem “Warum” stelle sich den meisten noch nach all den vielen Jahren. Doch habe man sich fest entschlossen, darüber zu reden – schließlich gehören sie zu den letzten lebenden Zeugen. Das heutige Deutschland sei ein anderes – das wissen die Gäste aus Israel. “Auf uns liegt eine große Verantwortung – für die Jugend und die ganze Welt”, so Erika Teller.

Einladung zum Marsch des Lebens

Vladimir Turek ging in seinen Worten auf die “Märsche des Lebens” ein: Gedenk- und Versöhnungsmärsche an Orten des Holocaust in Europa, wie in Hagen oder Ulm, an denen er selbst teilnahm. Im Jahr 2018 wird der Marsch des Lebens in Israel stattfinden, wozu Vladimir Tufeld bereits herzlich einlud. Der Davidstern – einst von den Nationalsozialisten missbraucht, habe eine neue Symbolik bekommen, eine „Bedeutung des Stolzes“. Er würde sich wünschen, dass die Freundschaft zwischen Deutschland und Israel fester wird.

Schüler sind von den Schilderungen berührt

Aufmerkam verfolgten die Schüler des SBBZ “Ernst Arnold” die Schilderungen. Nach den Vorträgen herrschte zunächst Schweigen, Fragen kamen nicht auf. Doch als die jungen Leute aufstanden, kam es zu innigen Umarmungen und herzlich gesprochenen, persönlichen Worten.

Antje-Gesine Marsch @16.06.2016