Gedenk-und Trauerfeier für TotgeburtenJedes Jahr wird einen Tag vor dem Totensonntag zu einer Gedenk-und Trauerfeier für Totgeburten auf den Greizer Friedhof eingeladen.

Eine Gedenk- und Trauerfeier für Totgeburten fand am Samstagnachmittag auf dem Neuen Friedhof in Greiz statt
– Der Reichenbacher Gynäkologe Ulrich Köhler, Chefarzt der Frauenklinik des Greizer Kreiskrankenhauses setzt sich für diese Art des Trauerns ein

GREIZ. Laub bedeckt die Kieselsteine. Die weiße Stele inmitten der Grabstätte ist von Blumen umgeben; eine rote Grabkerze steht neben einem kleinen Teddy. An diesem Ort auf dem Hauptfriedhof ruhen totgeborene Kinder, Fehlgeburten und Föten aus Schwangerschaftsabbrüchen. Seit dem Jahr 2003 haben an diesem Ort zahlreiche Betroffene an ihre still geborenen Kinder gedacht und Abschied genommen. Jährlich kurz vor dem Totensonntag findet in der Trauerhalle eine Gedenkstunde statt, zu der Pfarrerin Regina Scriba-Lattek gemeinsam mit dem Greizer Krankenhaus, dem Kirchenkreis Greiz, Mitarbeitern der Diakonie-Beratungsstelle und ANTEA-Bestattungen einlädt. „Einige Tage vorher wird der kleine Sarg anonym beigesetzt“, so die Klinikseelsorgerin, die um die Sensibilität dieser Thematik weiß. Der Umgang mit fehlgeborenen Kindern sei in der Gesellschaft leider immer noch ein Tabuthema. Während der Schwangerschaft verstorbene Kinder mit einem Gewicht von weniger als 500 Gramm und Föten aus Schwangerschaftsabbrüchen müssten laut Bestattungspflichtgesetz eigentlich nicht beerdigt werden, wie die Geistliche sagt. Doch findet sie es wichtig, verwaisten Eltern einen speziellen Ort der Trauer und des Abschiednehmens zu geben und mit einer menschenwürdigen Beisetzung einen Ort des Erinnerns zu schaffen. „Aus der Wertschätzung des Lebens heraus“, wie die Pfarrerin betont. Dabei sei es nicht von Wichtigkeit, ob dieses Ereignis erst kürzlich passierte oder Jahre zuvor. „Die Trauer über den Verlust eines Kindes kann Eltern ein Leben lang begleiten“, wie sie weiß. Die Sensibilität für diese Thematik sei erst erwacht; oft hätten Eltern nach einer Fehl- oder Totgeburt zu spät daran gedacht, was mit ihrem Kind passiert und vor allem, wo es ist. Pfarrerin Scriba-Lattek hat immer wieder Mütter und Väter getroffen, die ihr Kind schon vor Jahrzehnten verloren haben, ohne dies jemals richtig verarbeitet zu haben. Mit der Gedenkstätte für Tot- und Frühgeburten habe man einen Ort geschaffen, endlich in Ruhe trauern zu können. Der Reichenbacher Gynäkologe und Chefarzt der Frauenklinik des Greizer Krankenhauses unterstützt diese Aktivität: „In Reichenbach habe ich zehn Jahre lang gekämpft, so eine Stelle des Trauerns zu schaffen.“ Dass man in Greiz zudem eine gemeinsame Gedenk-und Trauerfeier abhält, ist für den Mediziner von großer Bedeutung. „Natürlich gehört der Tod zum Leben dazu und man wird fast täglich auf die Endlichkeit des Lebens hingewiesen. Doch solch ein Verlust hinterlässt tiefe Kerben; unser Haus möchte als Wegbegleiter und Trostspender für die verwaisten Eltern da sein.“
Bevor man gemeinsam mit Kerzen in den Händen zur Grabstelle ging, wurde in der Trauerhalle zur gemeinsamen Andacht eingeladen. Wie in jedem Jahr wurde durch ANTEA-Bestattungen eine würdige Atmosphäre geschaffen, um der Erinnerung gebührend Raum zu geben. Peggy Schwarzenberger von der Schwangerenberatung der Diakonie Greiz und Hebamme Claudia Lämmer verlasen einige Gedankensplitter und Schwester Kathrin zitierte den Psalm 23 vom Guten Hirten. „Jedes Leben ist wertvoll, ganz gleich, wie unscheinbar, zerbrechlich oder kurz es war“, so Pfafferin Regina Scriba-Lattek in ihren Worten. Gedanken an diese Kinder, die nicht das Licht der Welt erblickten, seien „nicht an Raum und Zeit gebunden“. Man solle trotzdem Hoffnung und Zuversicht nicht verlieren – „Enttäuschung, Wut und Trauer, Schuldgefühle und die immerwährende Frage „Warum?“ dürfen nicht das Letzte sein“, bat die Geistliche. Einen herzlichen Dank sprach die Klinikseelsorgerin den Mitarbeitern des Unternehmens ANTEA-Bestattungen aus, die seit Jahren liebevoll und mit großem Engagement diese Beisetzung organisieren.

Antje-Gesine Marsch @22.11.2015