Gesundheitspolitisches Gespräch in Rettungsambulanz Greiz GmbHMdB Jens Spahn (2.v.l.) traf in der Expertenrunde in der Rettungsambulanz Greiz GmbH auf Träger der Notfallrettung und häuslichen Pflege.

Expertenrunde mit dem gesundheitspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestages, Jens Spahn
GREIZ. Die Umsetzung des Notfallsanitätergesetzes und die angespannte Situation in der Pflege führen regelmäßig zu Diskussionen in den Medien. Da mitunter der praktische Austausch von Erfahrungen zwischen Trägern der Notfallrettung und der häuslichen Pflege auf der einen und politischen Entscheidungsträgern auf der anderen Seite zu kurz kommt, gelang es dem Landtagskandidaten Christian Tischner (CDU) gemeinsam mit MdB Volkmar Vogel (CDU) einen der bekanntesten Gesundheitspolitiker Deutschlands , MdB Jens Spahn (CDU) nach Greiz einzuladen. Am Dienstagabend stattete Jens Spahn (CDU) der Rettungsambulanz Greiz GmbH einen Besuch ab, um in einer Runde über diese brisanten Themen zu sprechen und von Experten zu erfahren, wie man damit in der Praxis umgeht. Anwesend waren Burkhard Fritzsche als Geschäftsführer und Sebastian Sommerfeld als Prokurist der Rettungsambulanz Greiz GmbH; Beate Schönfeld vom gleichnamigen Greizer Pflegedienst; Sindy Astermann von der Life Star Intensiv und Hauskrankenpflege; Uta Tautz und Dagmar Vetterlein von der Kleeblatt Hauskrankenpflege GmbH, sowie Thomas Schmolke, Geschäftsführer und Inhaber der Rettungsdienst Schmolke GmbH Waltershausen und Thomas Kukulenz, Leiter der dortigen Rettungswache.
Seit dem 1. Januar 2014 gilt das Notfallsanitätergesetz, das das Rettungsassistentengesetz ablöst. „Kernpunkte des neuen Gesetzes sind die Verlängerung der Ausbildungsdauer von zwei auf drei Jahre, eine Modernisierung des Berufsbildes und die Festlegung von Qualitätsanforderungen an die Schulen und Praxis. Damit das auch für die Bürger erkenntlich ist, wird die neue Berufsbezeichnung ‚Notfallsanitäter‘ eingeführt“, erklärt dazu Burkhard Fritzsche. Optional soll es dafür eine Ausbildungsvergütung geben, wie MdB Jens Spahn avisiert. Das Schwierige daran sei, dass die Umsetzung des Notfallsanitätergesetzes Ländersache ist und Schritt für Schritt erfolge. Die Einführung sei „ein richtiger Schritt“, wie Burkhard Fritzsche betonte, allerdings monierte er, dass es bis zum Jahr 2015 in Thüringen dazu keinen Lehrplan gebe und keiner genau wisse, wie alles funktioniert. Bis 2020 dauere die Übergangsfrist. Die sei eindeutig zu lang, beanstandet auch Thomas Schmolke. Die Krankenkassen würden sich „bequem zurücklehnen“ und solange nichts im Gesetz verankert sei, keine Aktivität zeigen. „Föderalismus ist eben sehr schwierig“, wie Jens Spahn dazu augenzwinkernd meinte. Was Burkhard Fritzsche ebenfalls zur Sprache brachte, ist die personelle Situation der Rettungsambulanz. Die letzten Jahre habe man stets drei Auszubildende gehabt, im vergangenen Jahr nur noch einen, wie Sebastian Sommerfeld ergänzt. „Wir suchen händeringend Leute“, betont Herr Fritzsche und bedauert zugleich, dass viele der Jugendlichen nach wie vor aus Greiz wegziehen.
Ähnlich sieht es bei den Pflegediensten aus. Beate Schönfeld hat die gleichen Sorgen, Fachkräfte zu gewinnen. Pflegedienste vor Ort leisten eine sehr gute Arbeit und machen es möglich, dass Pflegebedürftige so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben können.
Mit kleinen Prämien oder Anerkennungen versuche sie, die Motivation der Angestellten hochzuhalten. Denn 10 Euro pro Stunde – das ist bereits über dem gesetzlich geforderten Mindestlohn – sei keine Summe, die die schwere Arbeit der Pflegekräfte rechtfertige. Gern würde Beate Schönfeld auch soziale Leistungen für ihre Angestellten erbringen, bspw. den Kindergartenplatz bezahlen, doch es müsse sich halt rechnen. Mehr Geld bieten zu können, sei der Schritt in die richtige Richtung, wie auch Thomas Schmolke hervorhebt. Durch die 0,3 –prozentige Erhöhung der Pflegebeiträge werde man Maßnahmen fördern, „die wirklich am Bett ankommen“, betonte MdB Jens Spahn. Die Attraktivität dieses Berufes zu erhöhen, sei von enormer Wichtigkeit, gerade in Anbetracht des demografischen Wandels in Deutschland, so Schmolke.
Noch ein Thema brannte den Pflegedienstlern unter den Nägeln: Die Überleitung vom stationären Bereich in die Pflege sei äußerst schwierig, wie alle anwesenden Pflegedienstexperten unterstreichen, oft reichen die Kapazitäten nicht aus. Durch die in vielen Fällen „sinnfreie Fertigung von Dokumentationen“ sei man extrem belastet und manchmal gehe die Freude am Job beinahe verloren, wie Beate Schönfeld gesteht: „Die Kassen bremsen uns regelrecht aus.“
„Da haben Sie Recht“, gab MdB Jens Spahn zu. „Weg von den stupiden Dokumentationen“, so sein Vorschlag. Man solle überlegen, nur das zu dokumentieren, was „anders“ sei, also von der Normalität abweiche. „Unsere Angestellten haben einen Blick für Komplikationen entwickelt“, weiß die Pflegedienstleiterin aus Erfahrung. Diese und andere Vorschläge nimmt der Politiker mit nach Berlin. Wie man vieles „in die Fläche bringt“ wird sich zeigen. Christian Tischner versprach, dass so eine Expertenrunde „keine Eintagsfliege“ sein werde.
Im Anschluss besichtigten die Politiker und Gäste den Schwerlast-Rettungswagen, der aufgrund des steigenden Bedarfs an qualifizierten Transportleistungen für schweradipöse Patienten von der Rettungsambulanz Greiz GmbH angeschafft wurde. Dem liegt eine Vertragsvereinbarung zugrunde, die die Kostenträger – also die Krankenkassen – und der Rettungsdienstzweckverband Ostthüringen mit der Greizer Rettungsambulanz GmbH schlossen.

Antje-Gesine Marsch @03.04.2014