Viel Neues erfahren beim "Greizer Geplauder"

Marcel Niebaum begrüßt zur 6. Veranstaltung Schlossführerin Gisela Peter als Gast
GREIZ. Es gibt wohl kaum einen Greizer, der sich so gut mit der Geschichte des Oberen Schlosses auskennt wie Gisela Peter. „Von Kindheit an beschäftigte ich mich mit der Historie, sog alles regelrecht auf, was damit zu tun hatte“, sagte sie am Donnerstagabend, als die Bürgerinitiative „Weil wir Greiz lieben“ zum „Greizer Geplauder“ in den Pferdestall des Oberen Schlosses einlud. Moderator der Veranstaltung war in der sechsten Auflage Vereinsvorsitzender Marcel Niebaum, der mit Gisela Peter in ein lockeres, aber sehr informatives Gespräch einstieg. Im Jahr 1953 in der Greizer Marienstraße geboren, zog Gisela Peter als kleines Mädchen mit ihren Eltern auf das Obere Schloss – in das Haus, in dem sie heute noch gern lebt. „Wir waren damals 38 Kinder hier und schon immer eine verschworene Gemeinschaft“, wie sie augenzwinkernd meinte. Viel bekam sie mit von den vielfältigen Veränderungen, die sich vor allem nach der politischen Wende in der Schloss-und Residenzstadt einstellten; vom Beginn der umfangreichen Sanierungsmaßnahmen auf dem Oberen Schloss, die bis heute andauern und sicher noch einige Jahre in Anspruch nehmen werden. „Sicher hätte die Stadt sehr gern beim Gebäude 1 angefangen und bei der 9 aufgehört“, vermutet sie; weiß aber auch, dass nur gebaut werden kann, was auch förderfähig ist. Positiv erwähnt sie, dass bereits 98 Prozent aller Dachflächen-und stühle saniert sind. Um ihre Kenntnisse zu vertiefen, verbrachte Gisela Peter unzählige Stunden im Staatsarchiv, wälzte sich durch historische Akten, manchmal auch „Zettelwirtschaften“, traf sich mit noch lebenden Zeitzeugen und beschäftigte sich mit der altdeutschen Schrift. Seit dreizehn Jahren ist die Schlossbewohnerin im Auftrag der Stadt Greiz auch als Führerin unterwegs und bringt seither den Besuchern die Geschichte des Oberen Schlosses nahe . „Gezählt habe ich sie nicht, aber es waren bisher sicher Tausende.“ Ihr umfangreiches Wissen, auch im baufachlichen Bereich, vermittelt sie den interessierten Gästen. Stolz erfüllt sie, wenn sie oft sogar auf bauspezifische Fragen von Fachleuten eine Antwort geben kann. Was eine Schiffskehlendecke ist, wie sie im ehemaligen Jagdsaal zu finden ist, weiß sie – auch, was eine Renaissancedecke von einer Rokokodecke unterscheidet. Als im Jahr 2005 bei Sanitärarbeiten im Haus Nr. 6 ein Brunnen entdeckt wurde, hatte Gisela Peter schon vier Jahre zuvor ein Schriftstück gefunden, das von diesem Brunnen berichtet. Insgeheim hoffte sie darauf, dass man ihn findet und freute sich umso mehr, als dies wirklich geschah.
Wie auf einem der zahlreichen Bilder, die Marcel Niebaum zeigte, zu sehen war, besaß das Obere Schloss um das Jahr 1630 drei Türme, was eine Reihe der Anwesenden bislang nicht wusste. Auch der Gerichtsbarkeit wurde ein Teil des Abends gewidmet – man erfuhr von den Kerkern und dem Verlies, das sich im Schlossturm befand. „Die Gefangenen wurden aus einer Höhe von sechs bis sieben Metern hinabgestoßen und gingen ohne Essen und Trinken jämmerlich zugrunde“, beschrieb Gisela Peter die schrecklichen Machenschaften der Altvorderen. Auf die Wasserversorgung des Schlosses ging die Greizerin ebenso ein wie auf einen Schatzsucher, der sich viele Jahre lang vergeblich bemühte, verborgene Schätze zu heben. Auch, dass man in alten Zeiten mit „Ochsenblut und Eigelb“ mauerte, war für viele Gäste neu. Marcel Niebaum verstand es nachzuhaken, das Gespräch geschickt zum nächsten Thema zu lenken und mit verständlichen Inhalten zu füllen – gab aber Gisela Peter viel Raum zum Sprechen. Vielleicht gibt es ja eine Folgeveranstaltung, wie der Vereinsvorsitzende hofft und vorschlug. Damit die Veranstaltung eine richtig runde Sache wird, gab es Roster und Getränke für die Gäste, die sich vom Ambiente des Pferdestalls für diese gehaltvolle Veranstaltung sehr angetan zeigten.

Antje-Gesine Marsch @25.09.2015