Greizer Stadtpark im Fokus von Erfurter StudentenStadtplaner Dieter Obenauf (r.) gibt wertvolle Hinweise.

Im Rahmen einer Projektarbeit sollten Konzepte zur Neubelebung der historisch wertvollen Anlage erstellt werden.
GREIZ. Seit knapp einem halben Jahr beschäftigten sich Studenten der Fachhochschule Erfurt im Rahmen einer Projektarbeit zur Freiraumplanung mit dem Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen Stadtpark auf dem Greizer Reißberg. Unter Leitung von Prof. Johannes Schwarzkopf sollten Konzepte zur Neubelebung dieser historisch wertvollen Anlage entwickelt werden. Am Donnerstagvormittag erfolgte die Vorstellung der Ergebnisse im Foyer der Vogtlandhalle Greiz: sechs Planungsentwürfe wurden von den Studenten präsentiert. Zuvor hatte Bürgermeister Gerd Grüner (SPD) in die Geschichte des Parks eingeführt. Bereits im Jahr 1914 sei der Stadtpark Tagesordnungspunkt im Stadtrat gewesen – der Zustand der Anlage mit ihren Bäumen und Sichtachsen wurden bereits vor einhundert Jahren bemängelt. Damals habe man den Stadtpark als Erholungsraum genutzt – in der Gegenwart sei er oft nur ein “kurzer Weg in Richtung Krankenhaus”. Das Stadtoberhaupt gab zu, dass diese Anlage in den letzten Jahrzehnten ein “stiefmütterliches Dasein” führte. Die Entscheidung, den Baumbestand zu verringern, sei gefallen, “der schwierigen Entwicklung Herr zu werden”, wie Bürgermeister Grüner in puncto Finanzen, Arbeitskräftte etc. anführte. Zum anderen bargen die “Bäume mit Neigung zur Innenstadt” auch ein großes Gefahrenpotential für Leib und Leben der Bürger. “Es freut mich sehr, dass sich junge Menschen mit diesem Thema beschäftigen und zur Diskussion stellen”, dankte Gerd Grüner den Studenten der Erfurter Fachhochschule. Er betonte, dass die Bürger der Stadt Greiz im Rahmen einer zukünftigen Gestaltung des wertvollen Areals eine wesentliche Rolle spielen werden.
Prof. Johannes Schwarzkopf machte im Jahr 2014 die erste Bekanntschaft mit der Stadt Greiz und dem Stadtpark. Die sich stellenden Fragen für ihn waren: Was kann man tun? Was darf man tun? Der Park brauche “unter Beachtung der historischen Struktur” eine Neubelebung. Die “besondere Qualität des Ursprungskonzeptes mit modernen landschaftsarchitektonischen Mitteln zu verknüpfen”, sei dabei der Anspruch. Dass auch das Thema Wirtschaftlichkeit eine Rolle spiele, verschwieg der Pädagoge nicht: “Entwürfe mit überschaubarem Aufwand” seien entstanden. Er dankte herzlich der Stadt Greiz, vor allem dem Sachgebiet Grünflächen und Umwelt für die gute Zusammenarbeit.
Sechs Vorschläge wurden von den Studenten, die das 1. Semester ihres Masterstudiums absolvieren, vorgestellt. Die Betonung des Eingangsbereiches, die Fernwirkung des Parkes, Sichtachsen, Einbeziehung der Kleingärten oder die Verknüpfung von bestehenden Wanderwegen bis hin zum Schwerpunkt Panoramaweg fand sich in den Vorstellungen wieder. So unterschiedlich die Herangehensweise an das Thema auch offenbar wurde; jeder Student brachte interessante Impulse ein. Fragen zu den einzelnen Projekten stellte Sachgebietsleiter Lutz Zürnstein; Stadtplaner Dieter Obenauf gab Erklärungen und Ergänzungen zu den Präsentationen.

“Die Idee zur Durchführung der Studienprojekte kam von Herrn Prof. Dr. Schwarzkopf der nach geeigneten Objekten für das Wintersemester 2015/16 suchte und im Juli 2015 vorschlug, den
Stadtpark auszuwählen”, informierte Lutz Zürnstein. Dabei ginge es weniger darum, umsetzbare Planungen zu erhalten, sondern sehe man die Aufgabe auch darin, Studenten die Möglichkeit zum Üben an praktischen Beispielen zu bieten. “Außerdem sind junge Menschen im Stadtgebiet immer ein gern gesehener Anblick”, meint Lutz Zürnstein. Die Studenten seien davon beeindruckt, was Greiz baulich zu bieten hat. Einen persönlich favorisiertes Projekt habe er bislang nicht, dazu müsse man sich die Unterlagen erst noch genauer ansehen. Dass in den Projekten machmal mehr stecke, als umsetzbar ist, hält der Sachgebietsleiter für “normal”. Spielplätze beispielsweise würde man dort eher nicht einordnen, “damit ist das Wohngebiet in angemessener Entfernung gut ausgestattet. “Aber zur Festlegung von Pflegezielen, etwa häufiger mähen oder Erhaltung des Wegenetzes für die kommenden Jahre können wir die Vorschläge der Studenten schon verwenden”, zeigt sich Lutz Zürnstein sicher. “Auch die Betonung der Aussichtsmöglichkeiten in Richtung Schlossberg ist eine Bestätigung für uns.”

Der Greizer Stadtpark / Dr. Gottfried Rudolf
“Der Greizer Stadtpark am Reißberg ist eine wertvolle Gartenschöpfung aus dem 19. Jahrhundert. Er wurde von dem bedeutenden Greizer Gartenkünstler Rudolph Reinecken geschaffen, der auch der Schöpfer des Fürstlichen Parks ist. Neben seiner Tätigkeit für den reußischen Fürsten Heinrich XXII. stellte sich Reinecken u.a. in den Dienst der Greizer Bürger und schuf für sie einen Stadtpark. Zwar konnten die Greizer Bürger seit etwa 1830 den Fürstlichen Park besuchen, der Park konnte aber jederzeit auf Wunsch des Fürstenhauses vorübergehend geschlossen werden. (ARENHÖVEL 2008) Deshalb entstand das Anliegen, einen jederzeit zugänglichen Bürgerpark zu schaffen. So gesehen erblicken wir im Stadtpark am Reißberg ein Stück demokratischer Tradition auf dem Gebiet der Gartenkunst. Das ist ein Grund mehr, sich dieser etwas in Vergessenheit geratenen Parkanlage wieder stärker zuzuwenden.
Reinecken gestaltete den Stadtpark nicht als ähnliche, aber bescheidene Ausgabe des großen Fürstlichen Parks. Der Stadtpark ist eine völlig eigenständige Gartenschöpfung, die sich grundsätzlich vom Fürstlichen Pendent unterscheidet und ein Gartenkunstwerk besonderer Art darstellt. Charakteristische Merkmale des Stadtparks im Unterschied zum Fürstlichen Park sind folgende: Hanglage mit großen Höhenunterschieden, überschaubares Terrain ohne besondere Weitläufigkeit, Verzicht auf stehende und fließende Gewässer, naturnahe Landschaftsgestaltung ohne Rabatten, Hecken und Zierrasen, Schwerpunkt der Gestaltung auf der Wegeführung und Pflanzungen von Gehölzen bei der Vermeidung von Staffagebauten, Anlage romantischer Parkszenen unter Nutzung natürlicher tageszeitlicher Beleuchtungsverhältnisse, Einbeziehung der Höhenlage in die Schaffung von intimen Ausblicken und Aussichtspunkten, Schaffung einer landschaftlichen Fernwirkung als aufgewerteter Bestandteil der die Stadt umgebenden Höhenzugkulisse. Diese Merkmale machen Reineckens Stadtparkschöpfung zu einem bemerkenswerten Kunstwerk mit der Fähigkeit zur Ausstrahlung. Wenn heute, lange nach dem Untergang der die Region stark prägenden Monarchie, viele den Fürstlichen Greizer Park lieben, auf ihn stolz sind und ihn regelmäßig besuchen, ist das nicht zuletzt ein Ergebnis der sachkundigen Pflege und Erhaltung dieses gartenkünstlerischen Kleinods. Der Stadtpark am Reißberg sollte diese Beachtung und Wertschätzung ebenfalls erfahren. Das könnte zur Bereicherung der Stadt Greiz, zu einer zusätzlichen erfreulichen Erlebnismöglichkeit für die Greizer Bürger und die Besucher der Stadt werden.
Erhalten geblieben ist im Stadtpark das ursprünglich geplante Wegesystem einschließlich Treppen. Sie sind auch alle begehbar, wenn auch teilweise die Wege zu schmalen, grasbewachsenen Pfaden geworden sind. Vorhanden ist auch ein Bewuchs mit Bäumen, aufgelockert durch zahlreichen Lichtungen.
Einhundertundfünfzig Jahre alte Bäume, die aus der Entstehungszeit des Parks stammen müssen, sind kaum zu finden. Der jetzige Baumbestand besteht vermutlich aus Wildwuchs, vereinzelt aus früheren Nachpflanzungen. Im Lauf der Jahre müssen viele alte Bäume verloren gegangen sein.
Die vorhandene Wegestruktur sowie der aktuelle Bestand an Bewuchs haben zur Herausbildung zahlreicher parkartiger bzw. landschaftlicher Szenen geführt, die das Areal auch ohne intensive gärtnerische Pflege als reizvoll erscheinen lassen. Was man besonders vermisst sind intakte Aussichtspunkte und Sichtschneisen sowie gepflegte Wiesen. Einige Partien sind total verwildert. Man kann das Parkgelände in seinem jetzigen Zustand durchaus mit Gewinn besuchen. Soweit man sehen kann, geschieht das auch, wenn auch in bescheidenem Umfang.
Der ehemalige hölzerne Aussichtsturm sowie die Säulenanlage am Aussichtspunkt existieren nicht mehr. Diese Staffagebauten haben den Park bereichert, nicht nur für den unmittelbaren Besucher, sondern auch in der Fernwirkung. Es waren markante Landschaftspunkte und Ausflugsziele wie Gasparinentempel, Pulverturm, Sophienkreuz und Teufelskanzel. Sie wieder herzustellen könnte ein Schritt sein, die einzigartige Landschaft rund um die Residenzstadt Greiz wieder zu komplettieren.
Erhalten geblieben ist am nordöstlichen Rand des Parks ein ovales Rondell mit Kopflinden. Dieses Arrangement bedürfte regelmäßiger Pflege, um wieder attraktiv zu werden.”

Quelle: Dr. Gottfrie Rudolf in www.greiz-gruenderzeit.de

Antje-Gesine Marsch @19.02.2016