Hohenleubener Strafgefangene bieten Beeindruckendes beim Poetry SlamNeun Teilnehmer konnte der Workshop mit Dalibor in der JVA Hohenleuben verzeichnen. Gleich beginnt der Wettstreit.

Poetry Slam im übertragenen Sinn ein Dichterwettstreit ist ein literarischer Vortragswettbewerb, bei dem einem Publikum selbstgeschriebene Texte vorgetragen werden.
HOHENLEUBEN. Die Zuhörer küren anschließend den Sieger. Zu erleben zum zweiten Mal in Folge auch in der Justizvollzugsanstalt Hohenleuben. Neun Insassen hatten sich zum Workshop mit DALIBOR, einem erfahrenen Poeten und Beat Boxer aus Frankfurt/Main angemeldet. „Männer sitzen im stummen Raum. Sie sind nur bewaffnet mit ihrem Bleistift. Pure Spannung ist zu spüren. Und dann sprüht ihre Munition aus der Feder. Wort für Wort. Ein Gedicht oder eine Geschichte entstehen. die Kunst der Worte ebnet sich den Weg. Kraftvoll, sanft, hinreißend, berührend und auch laut verfärben sie ihre graue Welt in den Facetten der Literatur“, heißt es dabei in der Ankündigung des Projektwochenendes. Am Sonnabendnachmittag fand der Wettstreit im Kulturraum der Anstalt statt. Die neun Poeten und Gäste, die von ihrer jeweiligen Station hereingeführt wurden, fieberten dem Ergebnis des Workshops entgegen. Vollzugsbeamtin Anke Hartmann und Bibo-Chefin Corina Gutmann, die ebenfalls präsent war, begrüßten die Häftlinge und zeigten sich gespannt auf die Vorträge. Dabei war es nicht nur der in Aussicht gestellte Einkaufsgutschein, der die Teilnehmer zu dichterischen Höchstleistungen beflügelte. Marcel H. stellte einen Text über den Alltag und die damit verbundene Unzufriedenheit im Knast vor. Für sein „geliebtes Kind“ schrieb er das Gedicht „Vaterliebe“. „Ich bin selber schuld“, heißt es in einer Textzeile. Düstere Worte fand er im Gedicht „Des Henkers richtende Hand“. Xavier Naidoos Titel „Also ging ich diese Straße lang“ erweiterte „Micha“ mit eigener Lyrik und rappte ihn genial. „Alex“ schrieb einen Text über Tschernobyl, die „Schwarze Legende“, in dem er die Atomreaktorkatastrophe verarbeitete. „Was ich schreibe, sind keine Phantasien“, versicherte er. Marcel K. nahm das „ewige Klagen über das eigene Unglück“ zum Thema seines Gedichtes „Sinnlos“. Sehr lyrische „Nachtgedanken“ brachte „Mo“ in seinen Versen dar, in denen es heißt: „Ich wurde gestoppt auf meiner Reise“ und „Ich werde leben und nur noch Sonnenlicht tanken.“ Harte Worte fand „Icke“, der in fast philosophischer Manier „Justitia als Gottes Wesen“ aufs Korn nahm. Der Vorjahres-Poetry-Slam-Sieger Medin berührte durch seine Verse „Wo ist meine Jugend, wo bleibt meine Freude, Mama?“ Seit drei Jahren sitzt Medin in Hohenleuben wegen Beschaffungskriminalität ein, zwei Jahre hat er noch vor sich. „Meine Mama wohnt in der Türkei, viel zu weit weg, um mich besuchen zu können“, erzählt der 31-Jährige mit traurigen Augen. David als achter Poet kommt in seinem autobiografischen Gedicht zu dem Schluss „Reden ist Gold, schweigen ist besser.“ Ralf als letzter Teilnehmer spielt sein Gedicht „Das Scheusal“ auch szenisch und schlussfolgert: Auf das richtige Maß kommt es an. Mit dieser Darbietung, die den frenetischen Applaus des Publikums bekam, gewann Ralf den Poetry-Slam-Wettbewerb. Im Anschluss sorgte DALIBOR mit einigen Darbietungen für helle Begeisterung bei den Häftlingen. Eine tolle Erfahrung, wie schwere Jungs so viel Gefühl zu Papier brachten.
Ein Literaturprojekt mit der Stadt-und Kreisbibliothek Greiz, unterstützt vom Thüringer Justizministerium.

Antje-Gesine Marsch @24.08.2013