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Interessante Lektion im Kurs Sozialwesen

Interessante Lektion im Kurs Sozialwesen

Christiane Maria Gräßer referierte vor Neuntklässlern der Lessingschule.

Christiane Maria Gräßer referiert vor Schülern der 9. Klassen der Regelschule G.E.Lessing zum Thema Behinderung und über ihre Arbeit mit den invaliden Kindern aus Brest/Weißrussland, die sich „Zauberer“ nennen
GREIZ. Ein Storch, der im Schnabel ein kleines Bündel lächelndes Menschlein trägt, ist im Grunde ein fröhlicher Anblick. Was aber, wenn im Bündel auch das Zeichen für Radioaktivität liegt und das Bild mit einem Male konträr erscheinen lässt? Das Symbol haben sich die Kinder selbst ausgedacht“, wie Christiane Maria Gräßer sagt. Am Freitagvormittag hielt die Greizerin, die sich seit vielen Jahren für die krebskranken Kinder „Zauberer“ in Weißrussland einsetzt, vor Neuntklässlern der Lessingregelschule einen Vortrag zur Thematik Behinderung im Allgemeinen und wie im Besonderen das schreckliche Atomkraftwerk-Unglück in Tschernobyl das Leben der Menschen, vor allem der Kinder komplett veränderte. Obwohl das Unglück es geschah am 26. April 1986 schon über fünfundzwanzig Jahre zurückliegt wird es keiner vergessen, der es je erlebt hat, führte Christiane Gräßer aus.
Im Osten gab es damals keine konkreten Informationen, im Westen wurden Ernteerträge wie Obst und Gemüse einfach als Sondermüll entsorgt. Der meterdicke Betonmantel, den man über das gesamte belorussiche Werk stülpte, ist seit zehn Jahren undicht, wie Frau Gräßer weiß. Auch in den Medien ist die Thematik kaum noch präsent und die Folgen dürfen wissenschaftlich nicht untersucht werden. Noch immer leben etwa zwei Millionen Menschen in Gebieten, in denen die Grundwasserbelastung bis zum Zehnfachen des Grenzwertes liegt. Über 81 Prozent der Bevölkerung sind vom Reaktorunglück direkt betroffen. Unvorstellbares Leid habe sie dort während ihrer zahlreichen Aufenthalte gesehen. Im Jahr 1995 hatte die Christin die Patenschaft über eine Familie mit einem krebskranken Kind in Brest übernommen; fünf Jahre später wurde sie um Hilfe gebeten, eine Gruppe von 15 schwerkranken Kindern zu unterstützen. Inzwischen sind es 25 Kinder, die ihr wie eigene Kinder ans Herz gewachsen sind. Erschwerend zu der ohnehin furchtbaren Situation nach dem Reaktor-GAU kommt die schlechte wirtschaftliche Situation in Weißrussland. Monatsverdienste in Höhe von umgerechnet etwa 150 bis maximal 300 Euro pro Monat und Renten um die 80 Euro sowie eine ungenügende medizinische Versorgung würden hart zu Buche schlagen, so Christiane Gräßer. Folgen der Verseuchung sind unter anderem Schilddrüsenkrebs, Nierenerkrankungen, Immunsystemstörungen oder Depressionen. Mittlerweile kennt Frau Gräßer alle ihre Kinder mit Namen, Vita, ihre Familien und Probleme und deren Krankheiten. Sie weiß auch, dass seit dem Jahr 1994 neunzig Kinder verstarben. Das letzte Mal besuchte sie ihre Zauberer-Kinder im Juni dieses Jahres. Erst nach der politischen Wende in der DDR sei es möglich geworden, Hilfstransporte nach Brest zu schicken, um die materielle Not etwas zu mildern. Von Valentina Gruschwitz, einer russischen Lehrerin, die in Greiz lebt, initiiert startete damals der erste Hilfstransport bis heute dauert diese Form der Hilfe an. Nun könne man sich fragen, was gehen uns diese fremden Menschen in einem fremden Land an, stellte Frau Gräßer in den Raum. Da gebe es mehrere Gründe: zunächst sei die Hilfe aus Greiz die einzige materielle und ideelle, die diese Menschen erhalten. Zum anderen könne man durch dieses Wissen auch aufmerksam machen, wo Menschen behindert sind; dankbar zu sein, wenn es einem gut geht und die daraus gewonnene Kraft für andere Menschen einsetzen. Auch der Verband für Behinderte Greiz e. V. (Tel. 03661/63588) unterstütze großzügig und selbstlos mit Rat und Tat die Vorbereitung und Durchführung der Hilfsaktionen. Christiane Maria Gräßer, die sich auch in diesem Verein engagiert, hatte den Schülern zu Beginn das Wort invalid oder behindert erklärt; dass es dafür steht, sich nicht wohl zu fühlen, nicht wohlauf oder stark zu sein. Diese besondere Unterrichtsstunde ist eine echte Bereicherung, wie Lehrerin Margitta Heßmann betonte. Derzeit behandle man das Thema Behinderungen, beispielsweise wie Inklusion funktioniert. Mit solch interessanten Vorträgen könne man die Thematik mit Leben erfüllen, so die Pädagogin. Gleich nach der Unterrichtsstunde sprachen die Neuntklässler miteinander und schmiedeten Pläne, auf welche Art und Weise sie selbst eine Aktion ins Leben rufen können, um die invaliden Zauberer-Kinder zu unterstützen. Näheres in Kürze.

Antje-Gesine Marsch @09.11.2012

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