Initiative Wohnstandort Greizer InnenstadtArchitekt Steffen Dinkler vor dem Gebäude Rudolf-Breitscheid-Str. 38 in der Greizer Neustadt.

Gemeinsam mit der Greizer Freizeit-und Dienstleistungs GmbH & Co. KG (GFD) und der Kommunalentwicklung Mitteldeutschland wurde durch die Stadt Greiz die Initiative Wohnstandort Innenstadt« entwickelt, um derzeit brachliegende Immobilien und Baulücken aktiv zu entwickeln und neue Nutzer bzw. Eigentümer für die Greizer Innenstadt zu begeistern.

GREIZ. Um dieses Ziel zu erreichen, haben elf Architekten-und Bauingenieurbüros Ideen für eine Neunutzung einzelner Gebäude oder brachliegender Flächen geschaffen.
Ich traf mich mit Architekt Steffen Dinkler, um Informationen zum Haus Breitscheidstraße 38 und zu den Ideen der Gestaltung zu bekommen:

Herr Dinkler, Sie sind als Greizer Architekt bekannt; können Sie einige Worte zu Ihrem Werdegang sagen?
Steffen Dinkler: Gern, ich bin gebürtiger Plauener und habe in Dresden Architektur studiert. Im Jahr 1991 stieß ich zum Architekturbüro Wiegand-Schubert-Hamann in Greiz, seit elf Jahren bin ich Gesellschafter. Wir sind ein klassisches Architekturbüro, das alle Planungsleistungen abdeckt und in der glücklichen Lage ist, viele Aufträge in der Region verwirklichen zu können. Als Beispiel möchte ich die kürzlich sanierte Ernst-Arnold-Schule, die Goetheschule und Teilobjekte des Oberen Schlosses nennen.

Wie sind Sie auf die Initiative Wohnstandort Innenstadt aufmerksam geworden?
Das Amt für Stadtplanung Greiz hatte uns angesprochen.

Warum fiel Ihr Augenmerk gerade auf das Gebäude Breitscheidstr. 38?
Eigentlich hat das Gebäude uns gefunden€€¦Das von mir favorisierte Objekt war schon anderweitig vergeben. Das Eckhaus in der Neustadt ist eine harte Nuss und anfangs hatte ich auch keine zündende Idee für die Neunutzung. Doch der Enthusiasmus stellte sich bald ein.

Das Gebäude wurde im Jahr 1880 gebaut, 1984 rekonstruiert und steht seit nunmehr zwölf Jahren leer. Es verfügt über eine Grundstücksfläche von 261 Quadratmetern, die Wohnfläche beträgt 411 Quadratmeter. Wie könnten Sie sich eine Neunutzung vorstellen?
Die Ist-Situation ist nicht sehr ansprechend und wenig einladend; es handelt sich, wie gesagt um ein Eckhaus ohne Stellplätze und lediglich einem kleinen Innenhof. Eine Frage stellt sich dabei immer primär: Würde ich selber darin wohnen wollen? Meine Idee ging nun in die Richtung, Nutzergruppen anzusprechen, die keine PKW-Stellplätze benötigen. Das wären zum einen junge Leute, die noch kein eigenes Fahrzeug haben oder ältere, die bewusst auf ein Auto verzichten. Durch die Schließung des Internats des Berufsbildungszentrums auf dem Greizer Zaschberg kam mir die Idee, für dieses Gebäude kleine Wohneinheiten, also eine Berufsschüler-WG zu entwerfen. Das Dachgeschoss wollte ich direkt mit einbeziehen, es bietet Platz für einen Gemeinschaftsraum und eine große Terrasse mit Blick zum Oberen Schloss. Deshalb auch der Name Sonnendeckhaus. Im Erdgeschoss könnte man straßenseitig zur Breitscheidstraße ebenerdig eine Moped-oder Fahrradabstellraum schaffen – alternativ auch einen Stellplatz für einen Klein-PKW. Der ehemalige Ladenraum wäre ebenfalls als Gemeinschaftsraum zu nutzen.

Gibt es Ideen Ihrerseits, die sich an diesem Gebäude nicht realisieren ließen?
Ja, auf der vorhandenen Freifläche lässt sich leider keine ausreichende Aufenthaltsqualität realisieren, da der Hinterhof sehr klein ist und vollständig im Gebäudeschatten liegt.

Wie ist der jetzige Zustand des Hauses einzuschätzen?
Das Gebäude befindet sich im Grunde im Rohbauzustand, da die Innenverkleidungen, Türen, Tapeten usw. komplett entfernt wurden. Die Dachentwässerung muss dringend in Angriff genommen werden. Auch der gesamte Dachstuhl bedarf einer kompletten Erneuerung bzw. Verstärkung.

Wie haben Sie bei diesem Objekt künstlerisches und technisches Verständnis verbinden können?
In der Kunst ist alles freier. Beim Bauen gilt es zu beachten, dass Nutzung, Finanzierung und behördliche Auflagen miteinander korrespondieren. Trotzdem ist es ein enormer Unterschied, ob man nur die technischen Möglichkeiten auslotet oder auch gestalterisch kreativ tätig wird. Anspruchsvolle Formen und Farben zu erarbeiten, die die Nutzung unterstützen, finde ich sehr gut. Die künstlerische Ader in die Planung einzubeziehen und sie im Detail zu verwirklichen, ist ein wichtiger Aspekt des Architekten. Eine rein technische Konstruktion hat keine gestalterische Qualität. Es ist auch für mich als Architekt immer wieder ein Erfolgserlebnis, wenn Gestaltung, Nutzung, technische Machbarkeit und Kosten unter einen Hut zu bringen sind. Die künstlerische Gestaltung ist dabei ein unabdingbarer Teil.

Zum Abschluss noch eine persönliche Frage. Es heißt, Architektur ist Stein gewordene Musik. Was hören Sie gern?
Gern höre ich klassische Musik – meine Liebe gehört allerdings dem Progressiv-Rock; Gruppen wie Pink Floyd, Genesis oder Marillion begeistern mich, deren musikalische Palette ist breit gefächert.

Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch.
Das Interview führte Antje-Gesine Marsch

Beteiligt waren folgende Architekten-und Ingenieurbüros:

Ingenieure Schubert-Hamann-Dinkler
Architektin Birgit Förster
Architekturbüro Katrin König
Architektur und Stadtplanung Gert Surber
Bauplanungsgesellschaft Beierlein + Weise
Ib-bauprojekt Rico Beyse
BAUplan Jürgen Jahn
Ingenieur-und Sachverständigenbüro Dr. Christian Karg
Planungsbüro Korb
Bauplanungsbüro Jens Schmidt
Ai-s Architekten und Ingenieure Seiffert