Initiative Wohnstandort Greizer InnenstadtArchitekt Gerd Surber entwarf das Konzept für das Haus Breitscheidstr. 22.

Der freiberuflicher Architekt Gert Surber beschäftigte sich mit der Planung des Objektes Rudolf-Breitscheid-Str. 22.

Herr Surber, Sie sind Architekt und Stadtplaner und in der Bauwerkserhaltung tätig. Können Sie einige Worte zu Ihrer Person sagen?
Gern. Ich bin als Architekt freiberuflich tätig und habe zusätzlich einen Abschluss als Diplomingenieur für Raumplanung / Stadt-und Regionalplanung. Weiterhin arbeite ich Fachplaner für präventiven Brandschutz und Sachverständiger für Bauwerkserhaltung. Somit bin ich bestrebt, Bauaufgaben möglichst komplex im städtischen Kontext aber auch in Abhängigkeiten zu anderen Fachplanungen zu betrachten. Mit dieser Verfahrensweise lassen sich Probleme frühzeitig erkennen und Potentiale von Standort und Gebäude nachhaltiger erschließen.

Wie sind Sie auf die Initiative Wohnstandort Innenstadt aufmerksam geworden?
Ich erfuhr davon über das Sachgebiet Stadtplanung der Stadt Greiz. Nach dem Erhalt der Unterlagen und dem Feststellen der Ist-Situation fiel dann der Startschuss. Angenehm empfand ich, dass man den Planern überwiegend freie Hand ließ, zu beachten war jedoch grundsätzlich, dass sich das Vorhaben in die bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen einfügen muss.

Warum fiel Ihr Augenmerk dann gerade auf dieses Gebäude?
Es wurde ein ganzer Pool von Objekten präsentiert; alte Häuser und Baulücken, wobei diese besonders gefragt waren. Das Haus Breitscheidstraße 22 war zwar nicht meine erste, aber auf jeden Fall gute zweite Wahl. Es spricht mich an, fasziniert durch seine Großzügigkeit, wirkt noch intakt und überstand die letzten Sanierungsmaßnahmen zu DDR-Zeiten recht gut.

Gebaut im Jahr 1877, im 1925 aufgestockt, 1972 saniert, steht das Gebäude seit 2001 leer. Ein generationsübergreifendes Mehrfamilienhaus können Sie sich hier gut vorstellen, da es zum einen mit einer Nutzfläche von 630 Quadratmetern großzügig ist, zum anderen auch 415 Quadratmeter Freifläche bietet. Welche Besonderheiten weist dieses Gebäude auf?
Das Haus wurde im Jahr 1877 vom Fabrikanten Paul Arnold erbaut. Es beinhaltete in der ersten und zweiten Etage repräsentative Wohnungen von denen heute noch mit Stuckelementen an den Decken zeugen. Man kann dabei die Ideen des Baumeisters regelrecht entdecken.

Derzeit werden im Haus Sicherungsmaßnahmen durchgeführt. Wird das Gesamtkonzept dadurch beeinflusst?
In keinster Weise; die Schwammbekämpfung, die derzeit durchgeführt wird, ist von hoher Wichtigkeit. Nach dem Leerzug des Gebäudes wurde bereits eine Teilentkernung durchgeführt. Schwämme und Pilze brauchen in altem Gemäuer Holz zum Existieren. Durch das Entfernen der Holzbauteile in kritischen Bereichen kann man beispielsweise dazu beitragen, diesem Befall keinen Vorschub zu leisten.

Gab es Ideen Ihrerseits, die sich am Objekt nicht realisieren ließen?
Ich habe zum Beispiel den Keller nicht in meine Planungen einbezogen. Durch das letzte Hochwasser war er noch in Mitleidenschaft gezogen und wird auch perspektivisch durch hohe Wasserstände gefährdet sein.

Erhaltenswürdig und belebenswert titeln Sie das Gebäude. Was heißt das präzise?
Betrachtet man den Zyklus eines Wohnhauses in Relation zum Lebenszyklus eines Menschen, ist dieser doch wesentlich kürzer frequentiert. Es gilt also, beide Zyklen in Einklang zu bringen.
Ideal wäre eine Nutzungsmischung so etwa Wohnungen klein, mittel und groß. Auch Gewerberäume könnten sich gut in das Gebäude einfügen. Man kann dazu auch neue Wohnformen erschließen, um das Haus nachhaltig nutzbar zu machen. Zusammengefasst ein generationsübergreifendes Mehrfamilienhaus.

Wie kann man bei diesem Projekt künstlerisches und technisches Verständnis verbinden?
Mir ist neben der Planung des Hauses nach meiner persönlichen Lesart natürlich auch der Erhalt der Quartiersstruktur enorm wichtig. Um die Typik der Stadt zu erhalten, wäre ein Abriss nicht anzuraten, dem aber nur durch Belebung und Erhaltung der Objekte entgegen zu wirken ist. Zu den Grundzügen des Architekturberufs gehört es natürlich, der Gestaltung einen großen Raum zu geben und eine Symbiose mit der technischen Realisierbarkeit einzugehen.

Zum Schluss eine persönliche Frage: Architektur ist Stein gewordene Musik« – welche Musik hören Sie gern?
Ich höre sehr gern klassische Musik so etwa Johann Sebstian Bach oder Johann Christoph Pachelbel. Die Kunst der Fuge als Prinzip der Komposition, das durch eine bestimmte Anordnung von Imitationen gekennzeichnet ist, gilt in bestimmter Weise auch als Gleichnis in der Architektur.

Beteiligt waren folgende Architekten-und Ingenieurbüros:

Ingenieure Schubert-Hamann-Dinkler
Architektin Birgit Förster
Architekturbüro Katrin König
Architektur und Stadtplanung Gert Surber
Bauplanungsgesellschaft Beierlein + Weise
Ib-bauprojekt Rico Beyse
BAUplan Jürgen Jahn
Ingenieur-und Sachverständigenbüro Dr. Christian Karg
Planungsbüro Korb
Bauplanungsbüro Jens Schmidt
Ai-s Architekten und Ingenieure Seiffert

Herzlichen Dank für das interessante Gespräch.
Das Interview führte Antje-Gesine Marsch @18.10.2013