Johannes Schleich begeht 101. GeburtstagBürgermeister Gerd Grüner (l.) und Peter Jahn-Illig (r.) überbringen Johannes Schleich, der seine Lieblingsschnitzerei "Hans im Glück" in den Händen hält, die herzlichsten Glückwünsche zum 101. Geburtstag. Hinten Tochter Gisela Geßner mit Ehemann Wolfgang.

Seinen 101. Geburtstag beging der Greizer Johannes Schleich am Montag und erhielt viele Glückwünsche

GREIZ. „I’m glad to see you here, and not only in the newspaper“ – mit diesen freundlichen Worten begrüßte Johannes Schleich am Montagvormittag den Greizer Bürgermeister Gerd Grüner (SPD) in perfektem Englisch. Das Stadtoberhaupt brachte gemeinsam mit Peter Jahn-Illig in Vertretung der Greizer Landrätin die besten Grüße und Glückwünsche zum 101. Geburtstag.
Wie der Jubilar berichtet, gehöre das Englisch-Wörterbuch oft zur bevorzugten Lektüre. Wie geistig rege der Betagte ist, bewies er zudem beim anschließenden Rezitieren der Passage eines Goethe-Briefes an die Geliebte Marianne von Willemer: „Ist es ein lebendig Wesen, das sich in sich selbst getrennt? Sind es zwei, die sich erlesen, dass man sie als Eines kennt?“

Johannes Schleich, der seit 1949 im Parkgewächshaus lebt, kann viel aus seinem Leben berichten. Geboren am 26. September 1915 in Schleiz, legte er am dortigen Gymnasium das Abitur ab. Sein Wunsch, Lehrer zu werden, fällt den Schrecken und Unbilden des 2. Weltkrieges zum Opfer. Bereits 1937 wird er eingezogen, erlebt den Krieg in Polen, um Moskau und in Frankreich.

Im Jahr 1940 lernte er seine Frau Hildegard kennen, mit der er 73 glückliche Ehejahre verbringen durfte – leider verstarb sie vor drei Jahren. Ihr Tod riss eine tiefe Lücke in das Leben von Johannes Schleicher; doch dankbar schaut er auf die gemeinsamen Jahre zurück. Zwei Töchter – Gisela und Barbara – zwei Enkel und vier Urenkel gehören zur Familie. Tochter Gisela und ihr Ehemann Wolfgang wohnen ebenfalls im Parkgewächshaus und kümmern sich liebevoll um den Vati, der zwar in seiner Mobilität eingeschränkt ist, aber zum Fortbewegen einen Elektrorollstuhl sein eigen nennt.

Sieht man sich in der „guten Stube“ von Johannes Schleich um, entdeckt man die verschiedensten geschnitzten Figuren – ein Hobby, dem der Betagte bis zum heutigen Tag frönt. Sein Lieblingsstück „Hans im Glück“ oder „Zwei kämpfende Steinböcke“ gehören dazu. Anregungen holte sich Johannes Schleich stets aus der Natur – da insbesondere aus seinen zahlreichen Ausflügen ins Zillertal. „Neun Mal war ich in der Greizer Hütte“, erzählte der Senior mit leuchtenden Augen. Bis zu seinem 85. Geburtstag sei er noch im Hochgebirge “rumgeklettert“, berichtet Tochter Gisela lächelnd. Dort habe er auch einen Schnitz-Professor kennengelernt, der ihm Stücke der Zirbelkiefer verkaufte und fortan jedes Jahr für Nachschub sorgte. „Jeder, der seitdem in die Alpen fuhr, brachte dieses Holz mit“, erinnert sich Johannes Schleich in Dankbarkeit. Noch heute nimmt er das Schnitzmesser in die Hand und fertigt die Figuren „aus einem Stück“, wie er stolz sagt. Dass er zum Geburtstag von seinen Kindern eine japanische Säge erhielt, ist für den Jubilar das schönste Geschenk. „Künstlerisch begabt war Vati schon immer“, wie Gisela Geßner weiß. Früher habe er Aquarelle gemalt oder Lichterbögen gefertigt.

Den Fürstlich Greizer Park mit all seiner Flora und Fauna liebt der Senior von ganzem Herzen. „Er kennt jeden Baum und jeden Strauch“ bescheinigen ihm Tochter und Schwiegersohn. Über dreißig Blätter von Bäumen hat Johannes Schleich naturgetreu nachgebildet, etwa vom Tulpenbaum vor dem Sommerpalais. Diese Unikate bewahrt er in einer großen Schachtel auf und zeigte sie stolz in die Runde.

Ein kleiner Wermutstropfen hat sich allerdings in das Leben des Greizers gemengt: Im Alter von 101 Jahren wird der Betagte Ende November in ein neues Domizil umziehen. Das Parkgewächshaus wird saniert und macht den Umzug erforderlich. „Wir wissen es seit fast zehn Jahren“, so Gisela Geßner betrübt. Nun werde es ernst; man sei bereits über dem Packen. „Natürlich muss ich mich reduzieren“, weiß Johannes Schleich. Das Schnitzzeug nimmt er mit, seine gesamten Figuren natürlich auch. Im GWG-Wohnpark in der Carolinenstraße wird Johannes Schleich dann gemeinsam mit Tochter und Schwiegersohn wohnen. „Ich habe das große Glück, dass ich bei meiner Familie bin“, betont der rüstige Senior. Nach 67 Jahren fällt es ihm trotzdem schwer, das geliebte Haus zu verlassen.

Antje-Gesine Marsch @27.09.2016