Kommunales Bildungswerkes Thüringen lud zum Infoabend in die Greizer Vogtlandhalle einv.l. Prof. Dr. Veit Mehde, Sozialministerin Heike Taubert und Ernst Kranz sitzen im Präsidium der Veranstaltung.

Es sollte ein interessanter Abend werden – schließlich ist die Thematik Funktional-und Gebietsreform derzeit ein Dauerbrenner.

Greiz. Am Montagabend hatte das Kommunale Bildungswerk Thüringen e.V. zu einer Diskussionsveranstaltung in den Seminarraum der Vogtlandhalle Greiz eingeladen. Gäste des Abends, die vom Geschäftsführer Ernst Kranz herzlich begrüßt wurden, waren Thüringens Sozialministerin Heike Taubert (SPD) und Prof. Dr. Veit Mehde, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaft an der Juristischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover. Ebenfalls unter den zahlreichen Anwesenden es kamen vor allem kommunalpolitische Vertreter war auch Landrätin Martina Schweinsburg (CDU).
In seinem Eingangsbericht ging Prof. Dr. Mehde auf die Arbeit der vor anderthalb Jahren berufenen fünfköpfigen Expertenkommission ein, deren Aufgabe es war, einen unabhängigen Blick auf Thüringer Strukturen zu werfen dies vor dem Hintergrund der Demografie und der Finanzen.

Roter Faden der Prüfungen waren vor allem Bevölkerungsprognosen und Hochrechnungen zur Einnahmen- und Ausgabenentwicklung.

Hatte Thüringen im Jahr 2010 2,2 Mio. Einwohner, werden es in der Prognose für das Jahr 2050 nur noch 1,55 Mio. sein. Auch der Thüringer Landeshaushalt, dem derzeit 9 Milliarden Euro zur Verfügung stehen, wird bis 2019 jährlich um 500 Mio. Euro geschmälert. Diese Zahlen erfordern Handlungsbedarf, unterstrich Mehde, der bekräftigte, dass der Kuchen fortan nicht neu verteilt, sondern einfach kleiner werde. So habe sich die zentrale Frage gestellt, wo man Einsparungen tätigen und was man strukturell tun kann. Dazu hörte die Expertenkommission Leute und Behörden an, wie Mehde sagte. Zudem wurden schriftliche Stellungnahmen eingefordert und Vergleiche zu anderen Bundesländern erarbeitet.

Insgesamt 40 Sitzungen wurden von Oktober 2011 bis November 2012 durchgeführt, im Aufgabenteil Funktionalreform mehr als 30 Zweige der staatlichen Verwaltung, zehn Einrichtungen der Aus-und Fortbildung und einige Stiftungen auf den Prüfstand gestellt. Bei der Aufgabenstellung Gebietsreform befasste man sich mit der Kreisgebiets-und Gemeindegebietsstruktur. Am 31. Januar wurde das Expertengutachten an Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) übergeben.

Das Expertengutachten schlägt vor, die 23 Landkreise und kreisfreien Städte Thüringens auf acht Kreise und zwei kreisfreie Städte – Erfurt und Jena – zusammenzuführen. Dabei orientierte man sich an Richtwerten der 1994er-Verwaltungs-Gebietsreform in Thüringen, dass von etwa 80000 bis 150000 Einwohnern pro Landkreis auszugehen sei. Zudem gibt die Kommission Empfehlungen zur Gemeindegröße: während bislang arbeitsfähige Strukturen in Gemeinden von mindestens 3000 Einwohnern galten, sollen künftig Gemeinden erst ab einer Einwohnerzahl von 12000 selbständig sein. Dabei habe sich die Frage gestellt, wie kann man eine effiziente und leistungsfähige Aufgabenerfüllung mit weniger Personal bewerkstelligen. Eine Mindestgröße sollte da sein, wie Prof. Mehde ausführte, denn die Bürger brauchen eine spezialisierte Verwaltung.

Aus Regierungssicht sprach im Anschluss Heike Taubert. Trotz aller Diskrepanzen müsse man im Gespräch bleiben, forderte die Sozialministerin. Wir sind den Bürgern verpflichtet und müssen die beste Lösung für das Land Thüringen erbringen, so die Politikerin im Hinblick auf die Meinungsverschiedenheiten im Vorfeld. Ich habe nie gesagt, dass die jetzigen Strukturen ineffizient sind, unterstrich Heike Taubert in ihren Worten. Trotz Stellen-und Kosteneinsparungen: Qualifiziertes Personal zu haben, sei die wichtigste Herausforderung, um die Leistungsfähigkeit zu sichern, so Frau Taubert. Man müsse beim Standard schauen, über die Abschaffung von Doppelarbeit und Privatisierung nachdenken oder Aufgaben des Landes in die Kommune packen und so die beste Behördenstruktur finden.

Neben Langenwetzendorfs Bürgermeister, Kai Dittmann (CDU), der dafür plädierte, nicht 50 Jahre im Voraus zu planen und Bundestagskandidat Dr. Nikolaus Dorsch (SPD), der sich für das Modell Mitteldeutschland begeistert, ergriff auch Landrätin Martina Schweinsburg das Wort. Ihr war es besonders wichtig zu unterstreichen, dass die Größe eines Landkreises nichts mit dessen Effizienz zu tun hat: Die Größe muss wirtschaftlich sein. Dabei führte sie als Beispiel an, dass im Bereich SGB VIII und SGB II 7000 Pflichtvorsprechungen abgearbeitete werden müssen – in der Gewährleistung, dass der Weg bis zur erfüllenden Stelle nicht länger als 20 bis 30 Minuten sein darf. Eine Gebietsreform ist nicht nachvollziehbar, so die Landrätin, die dennoch unterstrich, keine Verweigerungshaltung einzunehmen. Sie appellierte einmal mehr an die politisch Verantwortlichen, nicht aus dem Selbstzweck heraus, kommunale Strukturen zu zerstören, die funktioniert haben. Schließlich sei Thüringen ein prosperierendes Zukunftsland.

Antje-Gesine Marsch @13.05.2013