Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore KraftNordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sprach im Greizer Sommerpalais über Politik für Menschen.

GREIZ. „Nein, vielen Dank, unten warten eine Menge Leute auf mich“, lehnte Hannelore Kraft die freundliche Einladung von Sommerpalais-Direktorin Eva-Maria von Mariassy ab, die ihr nach dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Greiz im Festsaal einige Erfrischungen anbot. Der Gartensaal war am Montagabend bis zum letzten Platz gefüllt, um Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin sprechen zu hören. Die 1961 geborene Politikerin gab zunächst einige biografische Daten preis – dass sie nach dem Abitur am liebsten Jura studiert hätte, doch dann eine Bank-Lehre absolvierte, in der sie viele Möglichkeiten wahrnahm, Menschen zu betrachten. Später, als Betriebsratsvorsitzende fühlte sie sich als Kummerkasten, noch weit davon entfernt, Politik einmal professionell zu betrieben. Seit dem Jahr 2000, als sie echt unerwartet Mitglied des nordrhein-westfälischen Landtags wurde, sei es immer wieder der Kontakt zu ganz normalen Bürgern, der sie trägt und der ihr Kraft – Nomen est Omen – gibt.
Ich finde meinen Beruf faszinierend, wie die Sozialdemokratin zugibt. Damit sie nicht die Bodenhaftung verliert, initiierte die engagierte Politikerin die Aktion TatKraft, wobei sie aller paar Wochen einen Tag lang richtig arbeitend einen Tag verbringt. So etwa auf einer Polizeiwache in Mitte Essen oder einer Pflegestation als Schwester Hannelore. Das hilft wirklich, Politik für die Menschen zu machen, so Frau Kraft. Zudem sei es wichtig, alles mit dem gesunden Menschenverstand anzugehen. Warum sie nicht in die ganz große Politik nach Berlin wolle, fragte Harald Seidel, der die Ministerpräsidentin nach Greiz eingeladen hatte. Ich habe in Nordrhein-Westfalen vieles auf den Weg gebracht und will auch die Ergebnisse sehen, war die Antwort von Hannelore Kraft. Eines ihrer obersten Ziele avisiert sie so: Wir wollen kein Kind zurücklassen. Das Reparieren später treibe die Kosten immens nach oben, deshalb sollten die frühen Hilfen am Anfang des Lebens noch intensiver greifen. Das ist der beste Weg zur Haushaltkonsolidierung, sagte Hannelore Kraft in Bezug auf die später aufkommenden Kosten beim Zurückholen der Jugendlichen. Auf die anstehenden Wahlen zum Bundestag angesprochen, führte die Politikerin aus, dass eine Demokratie Wahlen braucht. Wir wollen mündige Bürger, die auch mal meckern, wie sie sich wünscht. Immer wieder würden Entscheidungen gefällt. Bei ihren unzähligen Gesprächen mit den Menschen, von denen jedes sie innerlich bereichere, spüre sie immer wieder, dass man ganz konkrete Antworten wolle, etwa Was wird aus unseren Kindern? oder Wie wird das mit den Krankenversicherungen? Die primäre Aufgabe für sie als Landesmutter werde auch weiterhin sein: Was wollen die Menschen? Das soziale Umfeld müsse der Staat zur Verfügung stellen, denn die Reichen können sich alles kaufen, was aber machen die Armen? Die Frage des Greizers Siegfried Schnürer, ob sie das Arbeitslosengeld, auch Hartz IV zurückführen wolle, beantwortete Hannelore Kraft: Durch das Zusammenlegen von Arbeitslosen-und Sozialhilfe habe es auch neue Chancen gegeben. Der soziale Arbeitsmarkt ist unser erklärtes Ziel, so die Ministerpräsidentin. Dazu gehöre, dass es einen Mindestlohn und keine Aufstocker mehr gebe. Nach der Wahl sehe sie die Bürgerversicherung als vollziehbar. Sich einzumischen in die Politik und vernünftig zu streiten, gab Harald Seidel den abschließend Anwesenden mit auf den Weg: Die Ja-Sager-Gesellschaft haben wir 1989 hinter uns gelassen.

Antje-Gesine Marsch @19.08.2013