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Premiere Herz eines Boxers in der Greizer Vogtlandhalle

Premiere Herz eines Boxers in der Greizer Vogtlandhalle

Szene aus der Premiere des Lutz-Hübner-Stückes "Das Herz eines Boxers" mit Wilfried Pucher und Sascha Weidhaas.

Aufstehen nach dem Knockout
Erfolgreiche Aufführung des Lutz-Hübner-Stückes Das Herz eines Boxers in der Greizer Vogtlandhalle

GREIZ. Minutenlanger Beifall krönte am Freitagabend die Aufführung des Zwei-Personen-Stückes Das Herz eines Boxers auf der Studiobühne der Vogtlandhalle. Es handelt von der Konfrontation zwischen Jugend und Alter, wie Wilfried Pucher sagte, der als Regisseur und einer der beiden Hauptdarsteller des 1996 von Lutz Hübner geschriebenen Stücks agierte. Erzählt wird die Geschichte von Jojo, einem halbstarken Jugendlichen, in dessen Leben bislang alles daneben lief und der im Altenheim zur Strafe für einen Mofa-Diebstahl Arbeitsstunden ableisten muss und Leo, einem einstigen Berufsboxer, der nach einer Attacke auf den Pfleger einen Schlaganfall vortäuscht und einfach nur noch seine Ruhe möchte. Im Zimmer des alten Leo treffen beide aufeinander. Jojo, der dem Greis anfangs nur beleidigend und ungehobelt begegnet, ändert seine Sichtweise, als er herausbekommt, dass Leo vor Jahren ein gefeierter Box-Star war. Die Fassaden beider beginnen zu bröckeln und eine ungewöhnliche Freundschaft entsteht. Das gesamte Bühnengeschehen konzentriert sich auf einen einzigen Raum, den Techniker Jörg Flessa zu Beginn mit weißem Klebestreifen markierte. Die spartanische Ausstattung bildeten ein Teppich, ein Garderobenständer, ein Nachttisch, ein Koffer, eine Leiter und der Rollstuhl von Leo. Trotz dieser gestalterischen Sparsamkeit offeriert Lutz Hübners Stück viele szenische Wendungen, die die Spannung des Geschehens ununterbrochen in Balance hielten. Die emotionalen Entwicklungen der beiden Akteure wirkten nachvollziehbar und authentisch. Wilfried Pucher als gestandener Schauspieler und mit allen Bühnen-Wassern gewaschen, überzeugte einmal mehr durch die Finesse seiner Mimik und Gestik; etwa in der Szene, als er nach einem missglückten Fluchtversuch mit Medikamenten ruhig gestellt wurde. Ach, Gott, entfuhr es einigen Zuschauern, als Pucher als gebrochener, klappriger, völlig teilnahmsloser uralter Mann herein geschoben wurde. Der erst sechzehnjährige Sascha Weidhaas brillierte durch sein Temperament und seine in jeder Sekunde spürbare Spielfreude. Dass diese vereinzelt zu kleinen Überzeichnungen führte, tat der schauspielerischen Leistung allerdings keinen Abbruch. An der Seite des großen Pucher spielen zu dürfen, sei für ihn eine Ehre, wie er zugab. Weidhaas, der zurzeit ein Freiwilliges Kulturelles Jahr in der Greizer Bibliothek absolviert, konnte bereits Bühnenerfahrungen sammeln, so etwa im traditionellen Weihnachtsmärchen Die zertanzten Schuhe, das das Spontantheater Hartmann im vergangenen Jahr spielte. Nun werden zahlreiche Aufführungen des Boxers folgen. Der sparsame Einsatz von Bühnenbild und Requisiten ließen es auch zu, das Stück zusammenzupacken« und über Land zu ziehen«, so in Schulen oder andere Einrichtungen, wie Wilfried Pucher bereits ankündigt. Ein tolles Stück, das zum einen betroffen macht, aber auch eine große Menge Optimismus und Hoffnung ausstrahlt, so die einhellige Meinung der etwa einhundertvierzig Gäste im Anschluss an die Premiere. Mit dem Aberglauben, dass einer perfekten Generalprobe eine pannenreiche Aufführung folgt, konnte an diesem Abend auch aufgeräumt werden. Unter den Anwesenden zur Generalprobe befand sich Celino Bleiweiß, einer der bedeutendsten DDR-Regisseure und Drehbuchautoren, der nach seiner Ausreise im Jahr 1983 auch im Westen Fuß fasste und mit dem Ehepaar Gisela und Wilfried Pucher seit 1971 befreundet ist. Das Toi, toi, toi, das er der Aufführung am Vorabend mit auf den Weg gab, gehört zu den festen Gepflogenheiten im Theater-Alltag. Nur bedanken darf man sich dafür nicht.

Antje-Gesine Marsch @26.10.2012

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