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Prominente im Gespräch: Vergnügliche musikalische Lesung

Prominente im Gespräch: Vergnügliche musikalische Lesung

Hand in Hand nehmen Wilfried Pucher (l.) und Volker Müller den Beifall der Gäste entgegen.

Volker Müller stellt nicht nur gemeinsam mit Schauspieler Wilfried Pucher seinen Gedichtband vor – er greift auch zur Klarinette und entlockt ihr virtuose Töne
GREIZ. Nicht enden wollender Applaus krönte am Mittwochabend die Lesung „Einen Taubenflug groß ist meine Stadt“, zu der Harald Seidel, Initiator und Moderator der Projektreihe „Prominente im Gespräch“ in den Weißen Saal des Unteren Schlosses eingeladen hatte. Volker Müller, Journalist und Schriftsteller, nahm die Gäste mit auf eine lyrisch-musikalische Reise, die auf dem Gedichtband „Einen Taubenflug groß ist meine Stadt“ basiert, der kürzlich erschien. Müller im Vogtland vorzustellen, heißt im Grunde, Eulen auf das Obere Schloss zu tragen, auf dem er seit vielen Jahren lebt und schreibt. Der 1952 in Plauen Geborene hat sich nicht nur als Journalist sowie Musik- und Theaterkritiker, sondern auch als Autor längst einen Namen gemacht. Gedichte wollte der Greizer – nach einigen frühen Versuchen – eigentlich nicht mehr schreiben, doch der Greizer Lyriker Günter Ullmann (1946-2009) sei nicht müde geworden, immer wieder zu behaupten, er würde eines Tages wieder anfangen, wie Volker Müller zu Beginn schmunzelnd sagte. Ullmann, mit dem ihm eine 42-jährige tiefe Freundschaft verband, hatte Müller immer wieder zum Schreiben ermutigt. Vielleicht wirkte dieser Zuspruch des Lyrikers so intensiv nach, dass er vor drei Jahren doch wieder begann, Gedichte zu verfassen. „Manchmal kommt es eben anders, als man denkt“, wie Volker Müller mit einem fast entschuldigenden Lächeln gestand. Selbst den Entschluss, mit der Literatur „gänzlich Schluss zu machen“, revidierte der 63-Jährige, als Schauspieler Wilfried Pucher ihn Anfang des Jahres fragte, ob man nicht ein gemeinsames lyrisch-musikalisches Programm auf die Beine stellen wolle. Im Gottesgrüner Andreas Seidel fand er zudem einen Mitstreiter, der das Geschriebene auch „verlegerisch in die Hand nahm“ und den Gedichtband druckte.
Zahlreiche lyrische Texte wurden am Mittwochabend von Wilfried Pucher vorgetragen, z.B. „Vorfrühling im Park“ oder „Oberland“, die von Müllers inniger Liebe zu seiner Heimat mehr als durchwoben sind. Immer stehen auch markante Persönlichkeiten im Fokus Müllerscher Dichtung, etwa Manfred „Ibrahim“ Böhme im gleichnamigen Gedicht oder der Schriftsteller Reiner Kunze in „Schöner deutscher Wald“. Wer den Greizer Journalisten kennt, weiß um die Schönheit und Präzision seiner Sprache. Dass er die musikalische Begabung nie verlor – er wirkte unter anderem als Klarinettist im Staatlichen Sinfonieorchester Greiz und als Tanzmusiker– demonstrierte er an diesem Abend. Viele Jahre lang hatte er das Holzblasinstrument nicht angerührt; erst seitdem Enkeltochter Paula vor vier Jahren mit Klarinettenunterricht begann, war die alte Liebe wieder erwacht. An diesem Abend berührten neben den virtuosen Klängen vor allem drei Gedichte die Zuhörer: Der Sizilianer (Für Klaus Rohleder), „Des Dichters Frau“ (Für Geli Ullmann) und „Die Fahrt in den Norden“ (Für Günter Ullmann) – mit denen Volker Müller den drei Freunden ein mehr als ehrendes Gedenken schuf. Als Zugabe kamen die begeisterten Zuhörer noch in den Genuss dreier Gedichte, die Volker Müller erst kürzlich verfasste, etwa „Schlosskonzert in Mühltroff“ oder „Greizer Knabenkraut“. Bleibt zu wünschen, dass die Verse „Trauriger Moment“, in dem sich der Autor mit jenem Tag auseinandersetzt, „an dem das Blatt weiß bleibt“, niemals Realität werden.
Übrigens: Jeder der Gäste glaubte Harald Seidels auf’s Wort, als dieser behauptet, er hätte Günter Ullmann ganz deutlich in der Tür stehen sehen.

Antje-Gesine Marsch @19.11.2015

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