»Prominente im Gespräch« mit Prof. Dr. Karl-Josef KuschelProf. Dr. Karl-Josef Kuschel referierte in der Greizer Katholischen Kirche zum Thema »Weihnachten und der Koran«.

Zwischen Christentum und Islam gibt es Gleichheiten und Unterschiede
GREIZ. Es war keine leichte Kost, die am Montagabend bei Prominente im Gespräch, diesmal in der Katholischen Kirche, geboten wurde. Prof. Dr. Karl-Josef Kuschel von der Universität Tübingen referierte zum Thema Weihnachten und der Koran. Vielen Menschen ist sicher nicht bekannt, dass im Koran biblische Überlieferungen in erstaunlich großer Breite Aufnahme fanden. Der Koran beinhaltet in Sure 19 sogar die Weihnachtsgeschichte doch überschneidet sich die Geschichte von der Geburt Jesu nirgendwo stärker als in den Überlieferungen von Bibel und Koran, wie Prof. Kuschel sagte. Zunächst ging der Theologe der Frage nach, in welchen Weltreligionen es Heilige Nächte gibt und kam zum Schluss, dass es die Nacht der Erleuchtung im Buddhismus gibt und die Nacht des Exodus aus ägypten im 2. Mose, Vers 12 und die Nacht der Offenbarung die Herabkunft des Koran. Neben gravierenden Unterschieden zeigen sich im Verständnis der Person Jesu überraschende Parallelen. Auch für Muslime ist die Geburt Jesu ein Zeichen. So heißt es: Als Jesus geboren wurde, kamen die Teufel zu Satan und sagten: Heute haben die Götzen alle ihre Köpfe gesenkt. Satan sagte: Etwas ist auf Eurer Welt geschehen! Satan flog kreuz und quer über die Welt, fand aber nichts. Schließlich fand er das Kind Jesus, das von Engeln umgeben war. Er kehrte zu den Teufeln zurück und sagte: Gestern wurde ein Prophet geboren. Dieser Text stammt nicht etwa von einem Christen, sondern von einem Moslem. Abu Hamid al Ghazali, ein persischer Philosoph aus dem 12. Jahrhundert hat ihn verfasst. Wie im Neuen Testament gibt es im Koran zwei Texte zur Geburt Jesus, und zwar in Sure 3 und Sure 19. Durch den Geist Gottes empfängt Maria ihren Sohn Jesus, den sie an einem fernen Ort unter einer Palme allein zur Welt bringt. Aus der Sicht des Koran ist Jesus der größte Prophet vor Mohammed. Über die Geburt des Propheten Mohammed findet sich im Koran hingegen kein Wort. Muslimische Tradition hat die Empfängnis und Geburt Mohammeds allerdings mit besonderen Zeichen ausgestattet. Sie fordern ihrerseits zum Vergleich dieser Überlieferungen mit der Geburtsgeschichte Jesu heraus.
Der fundamentale Unterschied zwischen Christentum und Islam ist und bleibt: Für Christen ist Gottes Wort in Jesus Mensch geworden. Im Islam ist Gottes Wort im Koran Buch geworden, so die Aussage Prof. Kuschels.
Landrätin Martina Schweinsburg (CDU), die auch zu den Gästen des Abends gehörte, hatte sich nach dem 11. September 2001 einen Koran gekauft, als alles Muslimische verteufelt wurde. Sie habe selbst Freunde im Iran und konnte sich nicht vorstellen, dass auf einmal alle Terroristen seien. Beim Studium des Koran sei sie besonders von der Sure 3, Vers 36 tief berührt gewesen. Das Wissen umeinander ist wichtig, so Frau Schweinsburg. Nur mit Wissen nicht durch Polemik könne man sich seiner Verantwortung stellen.
In Anbetracht der aktuellen Ereignisse bezüglich der Aufnahme von 53 Syrern in der Stadt Greiz, brach Prof. Kuschel eine Lanze für Menschlichkeit und Gastfreundschaft. Öffnen Sie Ihre Türen und Herzen. Das Aufnehmen von Flüchtlingen, die um ihr nacktes Leben geflüchtet sind, sei keine Bedrohung, sondern eine Chance. Die Zeiten des Kampfes und der gegenseitigen Denunziation zwischen Christen und Muslimen sollten endgültig vorbei sein und in Zukunft der gute Wille zählen, einander zu verstehen, zu respektieren und womöglich sogar zu würdigen, gab er den Besuchern mit auf den Weg. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung, die den Greizer Asylbewerbern gewidmet war, wie Harald Seidel anfangs zu verstehen gab, von Frauenkirchenkantor Matthias Grünert.

Antje-Gesine Marsch @10.11.2013