Sein oder Nichtsein als Frage des AbendsStephan Marek (l.) und Matthias Groß in der Aufführung "Hamlet for you".

Verein the.aRter bringt Sebastian Seidels Stück auf die Kulturwinter-Bühne
GREIZ. Stephan Marek und Matthias Groß – oder sollte man lieber sagen Gertrude, Ophelia, Claudius, Polonius und Laertes in Personalunion – brachten am Freitagabend mit der Aufführung des Sebastian-Seidel-Stückes „Hamlet for you“ großes Theater auf die kleine Bühne der Elstertalschule. In den letzten Jahren glänzte der Verein the.aRter an gleicher Stelle bereits mit den Stücken „Wo ist Bob?“ oder „Antoinette“.
William Shakespeares Klassiker erzählt die tragische Geschichte des Dänenprinzen Hamlet: Der König ist tot, dessen Bruder nimmt die Witwe zur Frau und besteigt den Thron, während der Geist von Hamlets ermorderten Vaters durch die Burg spukt und den Sohn zur Rache mahnt.
Anders bei der komödiantischen Fassung von Sebastian Seidel. Bei der Hamlet-for-you-Aufführung rückt das Thema “Theater” selbst in den Vordergrund; wird das Pathos des Trauerspiels zurückgedrängt. Dabei kam das Darsteller-Duo mit einem Minimum an Equipement aus. Lediglich ein schwarzer samtener Vorhang und eine große Kiste bildeten das Bühnenbild – Bart, Krone, Tuch und eine rüschige Halskrause als wechselnde Requisiten für die Mimen wiesen auf die unterschiedlichen Rollen hin, in die sie schlüpften. Als “Lehrstunde in Sachen Theater” bezeichnet der ernsthafte, belesene Stephan das Stück, das so gut “auf diese abendländische Bühne passt”, während der quirlige, vor Motivation überschäumende Matthias lieber singen möchte. So scheint der Konflikt vorprogrammiert.
Dass das Theater immer “Spiegel seiner Zeit” war, betonte Stephan – auch, dass durch die Spielweise der direkte Kontakt zum Publikum allgegenwärtig war. So könne man auch dem sogenannten V-Effekt nach Brecht Rechnung tragen – eine Handlung durch eingeworfene Kommentare zu unterbrechen, so dass beim Zuschauer jegliche Illusion zerstört wird.
Matthias hatte dabei die zündende Idee, die Zuschauer in die Rolle der Zuschauer schlüpfen zu lassen. Beim Wort „Schlange“ sollte der Ausruf „Korrupter Lügner“ zuhören sein, bei „Polonius „Mörder“ und bei Gertrude „Verräterin“. „Hamlet“ selbst bekam die Schlachtruf-Melodie „Wir woll’n den Hamlet seh’n“ verpasst. In fliegendem Wechsel kämpften sich Stephan und Matthias durch die unterschiedlichen Rollen – in rasanter Manier wechselten sie nicht nur ihr Äußeres, sondern auch Stimme, Mimik und Gestik. Dass das Stück trotz des amüsanten Klamauks immer auch zum Shakespeare-Original zurückkehrt, ist vor allem dem wohl bekanntesten Monolog der Literaturgeschichte zu verdanken, den Stephan würdevoll, sinnierend und fein sprach.
Trauer und Freude liegen im Leben oft nah beieinander: Dass in dem Rausch der Rache schlussendlich alle tot sind, ist die eine Sache – dass sich das bestens unterhaltene Publikum von diesem „Leckerbissen“ mehr als begeistert zeigte, die andere.
Wer das Stück gern sehen möchte, ist herzlich eingeladen: am 29. April im Gasthof Nitschareuth, am 15. Mai im Sommerpalais Greiz und am 24.Juni in der Vogtlandhalle Greiz.

Antje-Gesine Marsch @14.03.2016