Hagen Rüster referiert vor zahlreichen Interessierten im Weißen Saal des Unteren Schlosses.Der Direktor des Thüringer Staatsarchives, Hagen Rüster sprach über Skandale am Fürstenhaus Reuß ältere Linie

Hagen Rüster referiert vor zahlreichen Interessierten im Weißen Saal des Unteren Schlosses. Grützmachers Werk op. 22 wird anlässlich des 110. Todestages von Fürst Heinrich XXII. aufgeführt

GREIZ. Skandale zu enthüllen ist keine Erfindung der heutigen Regenbogenpresse, sondern war schon im 19. Jahrhundert mehr als angesagt. Zum Thema Das Greizer Fürstentum als Skandal Reuß älterer Linie in der politischen Satire des 19. Jahrhunderts referierte der Direktor des Thüringer Staatsarchivs Greiz am Dienstagabend vor zahlreichen Interessierten im Weißen Saal des Unteren Schlosses.

Heinrichs Jugendjahre, der frühe Tod des Vaters, die Übernahme der Regentschaft durch Mutter Caroline, die Kinderzeit das ganze politisch-gesellschaftliche Leben übten eine prägende Wirkung auf die Stadt Greiz aus. Der Beiname Der Unartige« war eine Bezeichnung, die zu Heinrichs Lebzeiten besonders in Satirezeitschriften, wie dem Simplicissimus« oder dem Kladderadatsch« verwendet wurde. Dass Fürst Heinrich XXII. ein bekennender Gegner der Preußen war ist bekannt; sein Auftreten gegen das nationale Machtstreben war in allen Schlagzeilen zu finden. So galt er als erklärter Reichsfeind gerade diesen Blättern als Zielscheibe für diffamierende politische Karikaturen. Im 19. Jahrhundert war die Presse das Hauptmedium, wie Rüster erklärte. Das Fürstentum Reuß ältere Linie sei zu klein für die Nation gewesen, deshalb sei es von der satirischen Presse skandalisiert worden. Einer der Skandale, die Hagen Rüster benannte, war die Erhebung einer Prinzessinnensteuer im Jahr 1862. Das gipfelte in der satirischen Aussage, dass deutsche Töchter ihre Hochzeit selbst ausrichten müssen; eine Prinzessin, die einen Millionär heiratet, diese vom Volk bezahlt bekommt. Schlussendlich wurde der Redakteur des Blattes entlassen, weil er Fürsten Caroline als Bettlerin dargestellt hatte. Ein Blick in die Geschichte stellt allerdings klar, wie die richtigen Zusammenhänge lauteten: Im Jahre 1809 hatte man im Fürstentum einen Staatsbankrott unter der Bedingung abwenden könne, jede Kleinigkeit abzurechnen, wie Rüster ausführte. Eine Hochzeit sei dabei nicht eingeplant gewesen, deshalb wurde diese zweckgebundene Prinzessinnensteuer erhoben.

Auch musikalisch ging es mehr als authentisch zu: Friedrich Wilhelm Ludwig Grützmacher (1832-1903) hatte seinerzeit Seiner Durchlaucht, dem Regierenden Fürsten Heinrich XXII. ein Werk gewidmet Drei Duos für zwei Violoncelli a-moll, D-Dur, C-Dur oder Violoncello und Piano, op 22, das zur Vernissage der Ausstellung Heinrich, der Unartige Anfang April bereits seine Welturaufführung erlebte die Künstler Irina Troian (Klavier) und Yewgeny Sapozhnykov interpretierten es auch am Dienstag dem interessierten Publikum. Beim Skandal geht es nicht darum, ob das Vorkommnis stimmt, sondern, dass es geglaubt wird, stellte Rüster mit einem Seitenhieb in die Gegenwart fest.

Antje-Gesine Marsch @01.05.2012