Frank Kunert vor dem Werk "Drive in"Frank Kunert vor dem Werk "Drive in"

Die Ausstellung „Verkehrte Welt“ vereint Werke von Frank Kunert im Greizer Sommerpalais. Irgendetwas stimmt hier nicht.

GREIZ. Manchmal steht die Welt Kopf, irgendetwas wirkt verkehrt. Vielleicht spielt einem das Auge einen Streich und Dinge wirken absurd, womöglich gegensätzlich. So könnte es zunächst dem Besucher beim Betrachten der großflächigen Fotografien gehen, die seit Samstag im Gartensaal des Sommerpalais zu sehen sind.
„Verkehrte Welt“ heißt die Ausstellung, die 50 Arbeiten von Frank Kunert offeriert. Der 1963 in Frankfurt am Main geborene Fotograf, der in Boppard lebt, machte sich 1992 selbstständig. Markenzeichen sind seine „Kleinen Welten“.
Die inszenierten Miniaturwelten baut Kunert maßstabgetreu, akribisch genau und detailverliebt, um sie anschließend mit einer analogen Großformatkamera zu fotografieren. Obwohl die Motive täuschend echt wirken, sind sie maximal im Maßstab 1:12 oder 1:20 in Szene gesetzt.
Entstanden aus Leichtbauplatten, die zurechtgeschnitten und bemalt werden, ergänzt mit winzigen Accessoires, präsentiert Frank Kunert menschenleere Szenerien. „Häuser spielen die Hauptrolle“, wie die Direktorin des Sommerpalais, Eva-Maria von Márisássy, in ihren Einführungsworten sagte. Zunächst scheine die Aussage des Bildes „harmlos“, doch gehe man dem Künstler bald „auf den Leim“. „Grotesk, morbid, traurig und betroffen“ – so sei die gefühlsmäßige Reihenfolge beim Betrachten. Man werde von der eigenen Fantasie überlistet. Ist dabei „verkehrt“ auch „falsch“ oder nur umgedreht? Was Frank Kunert auszeichnet: Er sei kein „Pixel-Schubser“ oder „Virtuose in Sachen Photoshop“.
Laudator Ulf Häder, Leiter der Jenaer Museen, bracht es auf den Punkt: „Kunerts Werke sind ein Fingerzeig. Diese Schöpfungen werden in unser Gedächtnis eingreifen, sich dort verzahnen und verankern.“ Es gelte, die Offenbarungen kritisch sehen, da sie zum größten Teil retrospektiv sind und daraus ein Überlegenheitsgefühl resultiere. Davor müsse man sich allerdings hüten, sondern eher – und das sei die Vollendung des Werkes – das heutige Leben hinterfragen.
Fazit: Frank Kunert fand einen Weg und zeigt auch denen, die sonst eher einen Bogen um Kunst schlagen, dass diese im Grunde überall präsent ist. Was im wahren Leben nicht möglich scheint, schafft der 56-jährige Rheinländer mit seinen Miniaturen. Die Titel der Bilder entsprechen der Redensart „Nomen est omen“; etwa „Büroschlaf“, „Drive in“, „Das leere Blatt“ oder „Babyphon“.
Was auf den ersten Blick oft witzig erscheint, birgt auch das Thema Abfallproduktion einer Konsumgesellschaft, den Verfall moralischer Werte oder die eigene Vergänglichkeit. „Mir blieb das Lachen einige Male im Hals stecken“, gestand ein Ausstellungsbesucher augenzwinkernd .

Service:
Frank Kunert – Verkehrte Welt
Gartensaal des Sommerpalais Greiz
Ausstellung bis 13. Oktober 2019
Öffnungszeiten:
10 bis 17 Uhr (ab 8. Oktober bis 16 Uhr), montags geschlossen

Antje-Gesine Marsch @20.06.2019