Im Stadtrat heiße Diskussion um Schulstandorte

Am 3. März wird der Kreistag zum neuen Schulentwicklungskonzept tagen

Im Stadtrat heiße Diskussion um Schulstandorte
Mit bunten Plakaten machten die Besucher auf der Galerie auf die Brisanz der Themen aufmerksam.
GREIZ. Mit acht Stimmenthaltungen und 21 Nein-Stimmen beziehungsweise sieben Enthaltungen und 22 Nein-Stimmen bei jeweils namentlicher Abstimmung bekundeten die Stadträte am Donnerstag ihre negative Einstellung zur geplanten Aufhebung zweier Schulstandorte zum 31.07.2015 und 31.07.2016. Das Landratsamt Greiz hatte in einem Schreiben vom 6. Januar 2015 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Grundschulen „Ferdinand Haußmann“ Cossengrün und „Bertolt Brecht“ Obergrochlitz zu schließen. Die Angliederung der derzeit bestehenden Schulbezirke solle an den Schulbezirk der Staatlichen Grundschule „J.W. von Goethe“ erfolgen. Im Schreiben hatte das LRA Greiz um eine Stellungsnahme des Bürgermeisters der Stadt Greiz zur Thematik gebeten.

Das Thema Schulschließung sorgte bereits im Vorfeld für Aufregung. Während das Damoklesschwert schon seit mehreren Monaten über Cossengrün schwebt, kam es für die Obergrochlitzer eher überraschend. Deshalb hatten sich am Donnerstagabend eine Vielzahl von Pädagogen, Eltern und Elternvertretern auf den Weg nach Greiz gemacht, um nicht nur durch Präsenz ihren Unmut auszudrücken, sondern auch mit Plakaten, die über dem Geländer der Galerie hingen, auf die Brisanz des Thema hinzuweisen.

Wie bereits kürzlich im Haupt-und Finanzausschuss hatte Yvonne Gensicke, Abteilungsleiterin im Landratsamt Greiz auch an diesem Donnerstagabend im Rathaussaal die Pläne vorgestellt. Man sei vom Kreistag beauftragt worden, der dann am 3. März zum neuen Schulentwicklungskonzept tage. Sechs Grundschulen gebe es in Greiz, in Obergrochlitz würden sechzig Schüler in vier Klassen, in Cossengrün dreißig Schüler in zwei Klassen unterrichtet. Die Goetheschule habe soviel Kapazität, dass sie sofort 184 Kinder aufnehmen könne, ebenso die Lessing-Grundschule mit 160 freien Plätzen, wie Frau Gensicke erläuterte. Zudem seien sie „modern“; für die anderen Schulen seien große Investitionssummen nötig. Langfristig solle die Grundschule Irchwitz mit 2,8 Mio. Euro saniert werden, für die Pohlitzer mit einer Investitionssumme von 2,6 Mio. Euro sei eher ein Immobilienwechsel anzuraten; Obergrochlitz könne optional an einen freien Träger übergeben werden. Die Pohlitzer Grundschule habe „so viel Potential“ warf Stadträtin Annette Heinz (IWA) ein. Sie habe allerdings den Eindruck, dass „alles in diese beiden Schulen mündet“. Johannes Arzt führte an, dass gerade „Schulen im ländlichen Raum“ zu erhalten seien, worauf Frau Gensicke meinte, hier sei „alles ländlicher Raum“.

Man habe alles genau analysiert; die meisten der Cossengrüner Kinder würden jetzt schon fahren, führte Yvonne Gensicke als Argument an. Achtzehn Minuten Fahrzeit seien zumutbar. Wie man dies errechnet habe, wollte Stadtrat Christian Tischner (CDU) wissen. „Über Google Maps“, so die Antwort von Frau Gensicke, die nicht nur bei den Eltern auf der Galerie für ungläubiges Staunen sorgte. Busfahrer Johannes Arzt, der die Linie Cossengrün-Greiz fährt, konnte das nicht akzeptieren: „Unter einer halben Stunde Fahrzeit läuft realistisch nichts. Und Haltestellen gibt es auch noch“, so der IWA-Stadtrat aufgebracht. Auch Guido Brinckmeyer (LINKE) betonte, dass man das so nicht annehmen könne. Rederecht bekamen anschließend Cony Stark aus Cossengrün und Dirk Fuchs aus Obergrochlitz eingeräumt. Beide appellierten an die Stadträte, vor allem an die Kinder zu denken und nicht nur „die Zahlen im Auge“ zu haben. „Die staatliche Grundschule hat sich bewährt“, so Dirk Fuchs. Ulrich Zschegner (CDU) unterstrich unter dem Beifall der Eltern, dass man die „Pflicht zur Erhaltung dieser beiden Schulen“ habe; auch SPD-Fraktionschef Harald Jatho brachte seine ablehnende Haltung zu den Schulschließungen zum Ausdruck. IWA-Vorsitzender Jens Geißler monierte, dass jede Partei die Stärkung des ländlichen Raumes auf seiner Agenda stehen habe: „Die Bürger fühlen sich nun betrogen.“ Zwar habe der Stadtrat zu diesem Thema keine Befassungskompetenz, wie CDU-Fraktionsvorsitzender Christian Tischner feststellte, doch solle man deutlich Position beziehen. Die Wichtigkeit einer eindeutigen Stellungsnahme unterstrich auch Dr. Andreas Hemmann (SPD).
Stadtrat und Ortsteilbürgermeister Jürgen Frantz (CDU) betonte, dass man bereits vor sechs Jahren intensiv nach Möglichkeiten gesucht habe, den Standort Obergrochlitz zu erhalten. „Sonst wäre die Schule schon damals geschlossen worden“, so der Politiker. Seiner Meinung nach sei die Schule nur abzureißen, was sich nicht gegen den Standort richte, sondern den „baulichen Zustand“. Die Schule in dieser Form sei „nicht erhaltungswürdig“. Er kündigte an, dass sich der Ortschaftsrat dazu in Kürze eine Meinung bilden werde.
Antje-Gesine Marsch @14.02.2015