Informationsveranstaltung zum Thema HochwasserZu einer Informationsveranstaltung zum Thema Hochwasser lud Bürgermeister Gerd Grüner (steh.) in die Vogtlandhalle Greiz ein. Rechts im Bild Detlef Sambale.

Umfassendes Resümee zur Flutkatastrophe im Juni 2013 – Vorstellung geplanter Maßnahmen in puncto Hochwasserschutz

GREIZ. Es war schon verwunderlich, dass die Dienstagabend-Veranstaltung im Großen Saal der Vogtlandhalle Greiz zum Thema „Hochwasser“ mit etwa 60 Gästen nur mäßig besucht war – gerade in Anbetracht der Brisanz und Aktualität des Themas, das Mitte des Jahres nicht nur die Stadt Greiz, sondern ganz Mitteldeutschland in Atem hielt. Eingeladen hatte Bürgermeister Gerd Grüner (SPD) Detlef Sambale, Sachgebietsleiter Tiefbau der Stadt Greiz; Heiko Pohle, Sachgebietsleiter Brandschutz der Stadt Greiz; Karsten Pehlke von der TLUG Jena und Dr. Klaus Goebel vom Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr. In seinen Ausführungen ließ Bürgermeister Grüner nicht nur die Tage der Flutkatastrophe noch einmal Revue passieren, sondern ging in vielfältiger Hinsicht auch auf die Folgen des Hochwassers ein.

Detlef Sambale erörterte kommunale Maßnahmen für Vorfluter, also Gewässer zweiter Ordnung, für die sich die Stadt Greiz verantwortlich zeichnet. Die Talsperre Aubach habe man im Jahr 2012 planmäßig begonnen, entsprechend zu ertüchtigen. Man habe sie mit Dauerstau-und Hochwasserschutz-Lamellen gefahren, so dass 15 Kubikmeter Wasser pro Sekunde abgegeben werden konnten. Im Bereich der Eisbahn kann die Brücke nur noch als irreparabler Totalschaden bezeichnet werden. Unterhalb der Brücke in der Oßwaldstraße beginne in Kürze der erste von drei Bauabschnitten, um auch die Ufermauer instand zu setzen. 12 Mio. Euro betrage die Gesamtinvestitionssumme nur für den Bereich des Aubachs. Auch der Quirlbach weise als Vorfluter Auskolkungen aus, so Herr Sambale. Die Thematik mobiler Hochwasser-Schutzwände sprach er ebenso an. Der Einsatz ist vor allem eine Frage der Zeit, uns bleiben allerdings nur vier Stunden, wie der Experte meinte. Wie man optional den Elstersteig und die Bruno-Bergner-Straße im Bereich B92/94 besser schützen könne – ob mit Platten, Aluminium-Dammbalken oder Metallsegmenten darüber denke man derzeit intensiv nach.

Heiko Pohle ging in seinen Erläuterungen noch einmal auf die Chronologie des Ausrufens der Alarmstufen ein, weil es diesbezüglich immer noch Unklarheiten gebe. In Thüringen gebe es nach dem Meldebeginn drei Alarmstufen; die erste bei 3,30 Metern, die zweite bei 3,80 Metern und die dritte bei 4,20 Metern Pegelstand der Weißen Elster. Wie Heiko Pohle informierte, sei am 31. Mai, um 6.30 Uhr die Alarmstufe 1 ausgerufen worden; um 15.30 Uhr die 2 und am Folgetag, den 1. Juni, um 7.51 Uhr die Alarmstufe 3. Am Sonnabendvormittag habe die Feuerwehr verstärkt Gespräche mit den Anwohnern der Brückenstraße, Bruno-Bergner-Straße und des Elstersteigs geführt. 220 Kameraden aus 12 Greizer Wehren seien rund um die Uhr im Einsatz gewesen; dazu kamen 86 weitere ehrenamtliche Kräfte aus Thüringen und Reichenbach/Sachsen. Als Schwerpunkte, die in nächster Zeit noch mehr in den Fokus der Feuerwehr gerückt werden müssen, nannte Heiko Pohle beispielsweise die Erarbeitung eines Maßnahmeplans zur noch konkreteren Information der Bevölkerung, die bessere Organisation der Sandsackbefüllung und die Einrichtung zweier zentraler Auskunftsstellen in der Alt-und Neustadt. Auch die Schaltung eines Bürgertelefons und die Möglichkeit der SMS-Benachrichtigung werde man in die Überlegungen einbeziehen. Der Bevölkerung empfahl er im Ernstfall, die aktuellen Meldungen in den Medien zu beachten und auch die Nachbarn zu informieren. Interessant zur Orientierung sei die Hochwasserfibel, die man aus dem Internet herunterladen könne. Auf Fragen, die den Sachgebietsleiter im Vorfeld der Veranstaltung erreichten, antwortete er, dass der Informationsfluss zwischen der Stadt und den Wehren sehr gut geklappt hätte, auch habe es weder an Kleidung noch an Technik gemangelt. Selbst die angeblich mangelhafte Versorgung der Kameraden wurde von Heiko Pohle dementiert. Es gab keine Not.

Karsten Pehlke von der TLUG Jena ging in seinen Ausführungen auf die Wetterlage V5, die Fünf-B-Wetterlage ein, die dafür verantwortlich war, dass es zu diesem Jahrhundert-Hochwasser kam. Erinnernd an verheerende Hochwasser in der Geschichte, etwa das sogenannte Magdalenenhochwasser im Jahr 1342, das 6000 Menschenleben kostete, betonte der Fachmann, dass es keinen absoluten Schutz gegen Hochwasser gibt. Trotz technischer Schutzanlagen bleibe stets ein Restrisiko. Wir müssen uns dieses Risiko bewusst machen, so Pehlke, der anregte, Retentionsflächen zu erhalten, Abflussbereiche nicht extrem zu verjüngen, das Meldesystem zu verbessern und technische Anlagen zu bauen und instand zu halten. Er appellierte aber auch an die Eigenverantwortung der Bürger, sich zu schützen. Wie er avisierte, werde im Jahr 2015 ein Maßnahmeprogramm verabschiedet, da ist Greiz mit drin, so Pehlke. Wir haben hier die Schäden erfasst und die Schadensbeseitigungen mit der Stadt Greiz abgestimmt.

Über den aktuellen Stand der Wiederaufbauhilfe des Landes Thüringen informierte Dr. Klaus Goebel. 452 Mio. Euro Schäden seien in Thüringen erfasst worden. An Soforthilfen seien 25 Mio. Euro ausgereicht worden, 1087 Anträge auf Wiederaufbauhilfe wurden mit 3 Mio. Euro bewilligt, im Bereich Wohngebäude seien über 1 Mio. Euro ausgezahlt worden und im Bereich Hausrat seien von 241 Anträge etwa die Hälfte bearbeitet. Seien Sie nicht zögerlich, gab Dr. Goebel den Betroffenen zu verstehen, Anträge zu stellen. Erst 100 Anträge auf Wiederaufbauhilfe von Unternehmen habe man thüringenweit verzeichnen können.

In der Diskussion meldete sich zunächst Manfred Mallon, Angestellter im Autohaus-Lorenz in Rothenthal zu Wort und fragte, wie es hier weitergehe, da es auch versicherungstechnisch unmöglich sei vorzubeugen. Karsten Pehlke antwortete, dass es noch keine konkreten Pläne gebe, aber Bauplaner beauftragt worden seien. Etwa ein halbes bis ein Jahr werde man allerdings für diese Arbeit benötigen. Dass es für den Ortsteil Dölau eine Lösung geben muss, da auch weder Akzo Nobel, noch die TAWEG erreichbar waren, regte Bürgermeister Grüner an. Unternehmer Toralf Zipfel meinte, dass die angestrebten Maßnahmen Mut machen, er aber gern wissen würde, wie man erfahren würde, wie diese umgesetzt werden. Pehlke denkt, dass es in ein, zwei Jahren einen neuen Termin geben wird. Welche Einflussmöglichkeiten man habe, in Thüringen künftig besser zu agieren, wollte Stadtrat Jan Popp (IWA) wissen. Die Infostränge müssen kürzer werden, so der TLUG-Experte. Die Talsperre Pöhl sei gut gefahren worden, da gebe es nichts zu beanstanden. Im Gegenteil: ohne die Talsperre und deren Steuerung wäre die Greizer Neustadt Land unter gegangen. Dass weder die Einwohner der Brückenstraße noch des Elstersteiges ausreichend gewarnt worden seien, schon gar nicht mittels Durchsagen aus Lautsprecherwagen, wie Michael Heyder in den Raum stellte, widersprach Heiko Pohle vehement. Er wisse es genau, schließlich lag die Koordinierung und Durchführung in seinen Händen. Ein Blick aus dem Fenster auf die stündlich ansteigende Weiße Elster hätte vielleicht auch zum Nachdenken anregen können, wie der Greizer Feuerwehrchef Peter Lindner konterte.

Antje-Gesine Marsch @11.12.2013

Ein Gedanke zu „Informationsveranstaltung zum Thema Hochwasser“
  1. Ein kleine Anmerkung zum Thema.
    Mobile Hochwasserschutzwände am Elstersteig und an der Bruno-Bergner-Str. – das klingt erst einmal plausibel und vernünftig. Aber tatsächlich wird dadurch die Flußbreite eingeengt und der Wasserstand erhöht. Hinter der Freiheitsbrücke (wo es ja dann keine HWS-Wände mehr gibt) fließt das Wasser wie im Juni 2013 in den Park und von dort in die Brückenstrasse. Also können diese Wände nur partiell die beiden oben genannten Strassen schützen.
    Was bietet sich also alternativ zu dieser Lösung an ? Zunächst ist es wichtig, die Situation von Greiz und der Elster vor 1800 zu betrachten. Die Neustadt war noch nicht bebaut und stellte eine natürliche Überflutungsfläche bei Hochwasser dar. Erst mit der Bebauung wurde das natürliche Flußbett durch Mauern und Böschungen stark eingeengt. Der Wasserstand stieg deshalb, ebenso die Geschwindigkeit der Fluten. Die nächste rein natürliche Überflutungsfläche ist der jetzige Park. Wenn es gelingen könnte, eine zusätzliche Überflutungsfläche davor zu schaffen würde das Hochwasserproblem deutlich gemindert werden. Die einzige Fläche im Stadtgebiet von Greiz die dafür in Frage kommt ist der Bereich an der Kleingartenanlage Flügelrad.
    Darum folgender Vorschlag:
    Zwischen oder vor den Pfeilern der Eisenbahnbrücke der ehemaligen Bahnstrecke Greiz-Neumark wird eine kleine Staumauer eingeschoben, die ein Wehr enthält. Die Mauer staut einen mittelgroßen See an, der in etwa die Hälfte der Kleingartenanlage Flügelrad umfasst und bis zur Fläche des ehemaligen Elsterflußbades reicht (Einmündung der Göltzsch). Es entsteht ein erhebliches Stauvolumen das bei herannahendem Hochwasser kontrolliert rechtzeitig abgelassen werden kann um neu heranfließendes Wasser aufzunehmen. Gleichzeitig entsteht ein Freizeitsee, der zum Planschen, Baden und für kleinere Boote geeignet ist. Die Strasse in der Kleingartenanlage und der Abschnitt in dem das Schiesshaus steht bleiben unverändert erhalten. Die betroffenen Kleingartenpächter müßten umgesiedelt werden, was bei der derzeitigen hohen Leerstandsqoute in den Greizer Kleingartenanlagen nicht schwierig sein dürfte.

Kommentare sind geschlossen.