Tonhallentreffen: Gleich zwei Jubiläen im FokusDer harte Kern des traditionellen Tonhallentreffens in der Gaststätte "Glück auf" in Pohlitz.

Beim Tonhallentreffen in der Gaststätte „Glück auf“ waren es gleich zwei Jubiläen, die die Junggebliebenen begingen

GREIZ. „In Vino veritas – Im Wein liegt die Wahrheit – drum trink lieber Bier.“ Davon zeigen sich die Herren des Tonhallentreffens überzeugt, das sie seit nunmehr zehn Jahren zusammenführt. „Zwei Jubiläen haben wir heute zu feiern“, begrüßte Bernd Just den harten Kern am Freitagabend in der Pohlitzer Gaststätte „Glück Auf“, in dem die Mannen nunmehr seit einem Jahrzehnt regelmäßig zusammenkommen.

Das fünfzigjährige Bestehen der Rockgruppe „Renft“ war ebenfalls Gegenstand der Erinnerungen an eine spannende, lustige und feucht-fröhliche Jugendzeit. Wenn ein Dutzend gestandener Männer an „ihre“ Tonhalle denken, sind das Erinnerungen, von denen sie noch heute zehren „Jeden Samstag waren wir in Reichenbach und hörten unsere Musik“, schwärmten die Herren.

Im Jahr 2008 hatte der Pohlitzer Frank Schneider die Idee, eine jährliche Zusammenkunft zu organisieren. Die meisten kommen seither jedes Jahr. „Waren das noch Zeiten, als man für vier Mark ein Tablett mit zehn Bier bekam“, lachten die Männer der Jahrgänge 1947 bis 1951 und zählten die Gruppen auf, wegen denen sie sich jeden Samstag auf den Weg machten – darunter auch „Renft“, die allerdings im Jahr 1975 verboten wurden. „Wenn Renft spielte, kam keine Polizei“, erinnerte sich Bernd Just. Über die Tonhalle hätten einige Bands auch den Sprung in die Studentenclubs, zum Beispiel in Dresden geschafft“ erinnert er sich.

Unter dem Motto „Ein Beatle-Fan geht in jedem Falle, samstagsabend in die Halle“ zelebrierte man die Beatmusik, von der alle begeistert waren. „Eigentlich sind wir aber alle Stones-Fans“, gestand Karli Oettler augenzwinkernd.
Besonders schwierig gestaltete es sich oft, in die völlig überfüllte „Tonhalle“ zu kommen, in der man sogar manchmal die Fenster von innen vernagelte. So musste man ganz tief in die Trickkiste greifen: „Es gab ein Fenster in der Toilette, das wir nahmen“, lachte Wolfgang Braun, der sich auch mal als „Roadie“ Einlass verschaffte.

Wenn man in der Tonhalle am „Greiz-Tisch“ Platz genommen hatte, konnte der Abend starten. Keiner wäre auf die Idee gekommen, sich an diesen Tisch zu setzen. Außer Axel Petermann aus Plauen, dem diese „große Ehre“ zuteil wurde.
Auch an die oft abenteuerlichen Heimwege von Reichenbach nach Greiz – meist zu Fuß – erinnerten sich die Männer. „Es war eine tolle Zeit“, resümierten die Herren einhellig, denen auch nach zehn Jahren der Gesprächsstoff nicht ausgeht. Dass sich dabei „Dichtung und Wahrheit“ oft vermengen, stört die Junggebliebenen nicht. „Uns fallen immer wieder neue Storys ein“, befand Bernd Müller, Mitbegründer der Greizer Jazzformation „media nox“.

Einige “Ehemalige”, wie Bernd Just, wohnen schon lange nicht mehr in Greiz, nehmen aber den weiten Anreiseweg zu „ihrem“ Tonhallentreffen gern in Kauf.

Als Höhepunkt des Abends zelebrierten die Männer die Bier-Messe, in der Bier-Pastor Bernd Just und die „Gesellschaft“ nach dem „Silencium“ das Bierglas erhoben und dies mit „sieben heiligen Zügen“ austranken.

Hintergrund:
Im Jahr 2015 feierte die Stadt Reichenbach „150 Jahre Tonhalle“. Dabei kann das Gebäude in der heutigen Dr.- Wilhelm-Külz-Straße 2 auf eine mehr als wechselhafte Geschichte zurückschauen. Einst als Turnhalle gebaut, verwandelte es sich später auch in eine „Tonhalle“, die Konzerte veranstaltete, beherbergte im 1. Weltkrieg Verwundete; Propaganda-Veranstaltungen im „Deutschen Reich“ wurden hier ebenso durchgeführt, wie sozialistische Frauentagsfeiern in der DDR. Heute beherbergt das altehrwürdige Gebäude das Fitness-Studio „Injoy“. Damit schließt sich der Kreis – von der Turnhalle vor eineinhalb Jahrhunderten zu einer „Turnhalle“ zur Körperertüchtigung in der Gegenwart – neudeutsch: Fitness-Studio.

Antje-Gesine Marsch @21.06.2017