Umbruch Ost - Diskussion zum Einheitsprozess am FeiertagIm Gespräch (v.l.) MdB Elisabeth Kaiser, Pfarrer Michael Kleim, Finanzministerin Heike Taubert und Geras Oberbürgermeister Julian Vonarb.

Kirchgemeinde und SPD-Parlamentarierin in Ausstellungs-Kooperation

Gera. Der Geraer Pfarrer Michael Kleim und SPD -Bundestagsabgeordnete Elisabeth Kaiser hatten am 3. Oktober zu einem Einheitsempfang in die Geraer Trinitatiskirche eingeladen. Damit wurde den Gästen, Geraer Bürgerinnen und Bürgern sowie den Thüringer SPD-Ministern Heike Taubert und Wolfgang Tiefensee sowie dem Geraer Oberbürgermeister Julian Vonarb (parteilos) Gelegenheit gegeben, die Ausstellung „Umbruch Ost-Lebenswelten im Wandel“ im Gotteshaus anzuschauen und damit eigene Erinnerungen an die Zeit vor 30 Jahren zu verbinden.

Pfarrer Kleim, in der Stadtgesellschaft Gera bekannt für seine aufrechte demokratische Haltung, sagte zu Beginn: „Unsere Kirche ist eine Kirche gegen Rassismus und Antisemitismus und ein guter Ort für den heutigen Feiertag, den 30. Jahrestag der Wiedervereinigung Deutschlands.“ Als Kirche übernehme man gesellschaftliche Verantwortung, agiere überparteilich und suche das Gespräch mit der Breite der Zivilgesellschaft.

Die Geraerin Elisabeth Kaiser, SPD-Bundestagsabgeordnete und stellvertretendes Mitglied im Stiftungsrat der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, war vor 30 Jahren im Kleinkindalter und freute sich rückblickend, dass sie als Heranwachsende und Studentin die neuen Möglichkeiten des vereinten Deutschland nutzen konnte, unter anderem durch Studienaustausch im Ausland. Durch die Erfahrungen und Erzählungen der Familie und ihr Aufwachsen in Gera-Lusan sei sie dennoch ostdeutsch geprägt.

Als Politikerin sehe sie sehr bewusst die noch immer bestehenden Unterschiede zwischen Ost und West, insbesondere bei Löhnen oder der Wirtschaftskraft. Der Wegzug von Menschen in den 90iger und 2000er Jahren, die alternde Bevölkerung mit erhöhtem Männeranteil sei historisch und weltweit in dieser Größenordnung einmalig gewesen. Das wirke sich bis heute auf die Produktivität und die Gesellschaft im Osten aus. Gerade durch die Gespräche mit den Bürgerinnen und Bürgern wisse die SPD-Abgeordnete, dass Umbrucherfahrungen der Ostdeutschen bis heute nachwirken. Doch nur im gegenseitigen Zuhören zwischen Ost und West, dem Lernen voneinander und Respekt füreinander werde die innere Einheit Deutschlands gelingen. Nur als gemeinschaftlich starkes Deutschland könnten die globalen Herausforderungen der Zeit bewältigt werden, ist sich Kaiser sicher.

Die unter Regie der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und dem Ostbeauftragten der Bundesregierung entstandene Ausstellung „Umbruch Ost“, die die Bundestagsabgeordnete in ihre Heimatstadt gebracht hatte und die weltweit gezeigt wird, weckt in Wort und Bild bewegende Erinnerungen an die Wiedervereinigung vor 30 Jahren, an die hohen Erwartungen, manche Enttäuschungen und Verluste, soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten. Gleichzeitig verweist sie auf die Gefahr rechtsradikaler und rassistischer Strömungen, die die Demokratie in Gefahr bringen.

Dienstags bis freitags jeweils von 14 bis 17 Uhr ist sie noch bis zum 9. November in der Geraer Trinitatiskirche zu sehen.