Utz Rachowski - 80. Gedenktag der BücherverbrennungBibo-Chefin Corina Gutmann bedankt sich bei Utz Rachowski für den Vortrag.

Sprache als Machtmittel
Utz Rachowski referierte und las vor Gymnasiasten in der Greizer Bibliothek

GREIZ. Vor Gymnasiasten des Ulf-Merbold-Gymnasiums und des Staatlichen Berufsbildungszentrums Greiz-Zeulenroda sprach am Donnerstagmorgen der im Vogtland geborene Schriftsteller Utz Rachowski. Dabei ging der Autor der Frage nach, wie es sich mit Kunst und vor allem im Hinblick auf deren Missbrauch in einer Diktatur verhält. Am Beispiel von e.o. plauen erklärte der Autor die Thematik. Der als Illustrator tätige 1903 geborene Künstler Erich Ohser wurde vor allem durch seine lustigen Vater-Sohn-Zeichnungen bekannt. Allerdings zog er sich auch durch seine Hitler-und Goebbels-Karikaturen den Hass der Nationalsozialisten zu. Nach deren Machtübernahme bekam Ohser Berufsverbot, nach Annahme eines Pseudonyms durfte er in der Zeitung Das Reich unpolitische Zeichnungen veröffentlichen. Doch es verging nicht viel Zeit, bis Ohser seine Abneigung gegen die Nazis nicht länger verbergen konnte. Im Jahr 1943 fand man ihn erhängt in seiner Gefängniszelle die wahren Umstände seines Todes wurden nie geklärt. Wie sehr Sprache als Machtmittel im Nationalsozialismus eingesetzt wurde, demonstrierte Rachowski anhand einer Rede, die der damalige Reichsminister Goebbels im Jahr 1943 in Heidelberg hielt, und die als Paradebeispiel der Rhetorik und NS-Propaganda gilt. Ich lese Euch ein paar Sätze vor, um die pathetische Sprache vorzuführen, erklärte dazu der Autor. ähnlichen Pathos hätten aber auch die Leitartikel der sozialistischen Presse in der DDR beinhaltet, beispielsweise mit der Revolution des Proletariats.
Utz Rachowski, der 1954 in Plauen geboren wurde, 1971 von der Erweiterten Schule relegiert und aus der FDJ ausgeschlossen wurde, erkannte anhand eigener Lebenserfahrungen Parallelen zwischen beiden Gesellschaftsordnungen. In einem Vergleich der Diktaturen des Nationalsozialismus und des realen Sozialismus in der DDR gebe es einige gemeinsame Elemente, wie er ausführte.
Rachowski erlebte schon in frühen Jugendjahren die Repressalien der DDR-Diktatur. 1979 wurde er verhaftet und zu 27 Monaten Gefängnis verurteilt, wegen fünf Gedichten und der Verbreitung verbotener Literatur von Wolf Biermann, Jürgen Fuchs, Reiner Kunze und Gerulf Pannach.
Als Klient von amnesty international im November 1980 aus der DDR ausgebürgert, lebte Rachowski bis 1992 in Westberlin und Göttingen. Nach dem Studium der Kunstgeschichte und Philosophie kehrte er 1992 ins Vogtland zurück, wo er als freier Autor lebt. Seit 2003 ist Rachowski Bürger- und Rechtsberater zur Rehabilitierung von Opfern der SED-Diktatur im Auftrag des Sächsischen Landesbeauftragten für die Stasi-Akten. Im Jahr 2007 wurde er als erster Schriftsteller im Jahr 2007 mit dem Reiner-Kunze-Preis ausgezeichnet.
Die Lesung war eine gemeinsame Veranstaltung mit Lese-Zeichen e.V., der Landeszentrale für politische Bildung, dem Thüringer Literaturrat e.V. und der Greizer Bibliothek.

Antje-Gesine Marsch @18.04.2013