Valentina Gruschwitz begeht 70. GeburtstagAm 17. Februar 2014 beging Valentina Gruschwitz ihren 70. Geburtstag. Foto: Christiane Maria Gräßer

Kindheit legte Grundstein für das unbändige Bedürfnis, anderen zu helfen

GREIZ. Am Montag beging Valentina Gruschwitz ihren 70. Geburtstag. Den Greizern ist die engagierte Frau besonders durch ihren unermüdlichen Einsatz für die Kinder im weißrussischen Brest bekannt. Zu den zahlreichen Gratulanten gehörte auch Christiane Maria Gräßer, die sich ebenfalls seit vielen Jahren für die invaliden Zauberer in Brest einsetzt. Im Gespräch entstand folgende Wiedergabe der Vita der Jubilarin: Am 17. Februar kam Valentina, geborene Orlowskaja, in einem kleinen Dorf im Kaukasus zur Welt.

Die Umgebung besteht nur aus Steppe es gibt keine Bäume, kein Holz. An schrecklichen Hunger denkt Frau Gruschwitz in ihren Erinnerungen: Wir hungerten so sehr; alles was sich in der Steppe bewegte, wurde gefangen und gegessen. Im Dorf leben nur die Kinder und die Alten alle anderen sind zum Arbeitsdienst verschleppt oder im Krieg gefallen. Jede alte Frau musste ihre eigenen Enkel und die Nachbarskinder versorgen. Es gab weder Strom, noch Schuhe, kein Spielzeug, keine Medikamente und kein fließend Wasser. Jeder Tropfen wurde auf die „Goldwaage“ gelegt, kein Krümel Brot kam bei uns um, so Valentina, die von Freunden Walja genannt wird. Es herrschte Krieg und das Dorf rundherum war von Deutschen besetzt. Die blanken Holzbretter des Dorfkrankenhauses sind Valentina Gruschwitz ebenfalls in kindlicher Erinnerung. Unser Dorf war ein Dorf von Verbannten, bekennt sie.

Ihre Großmutter mit vier Kindern war wegen des Großvaters dorthin verbannt worden: Er war ein kaukasischer Terek-Kosake und Mitglied der zaristischen Duma, des russischen Parlaments. Drei Schulen habe es im Dorf gegeben, in der Kinder aus achtzehn Nationen unterrichtet wurden, so aus Tschetschenien, Usbekistan und Kasachstan. Eine Kirche gab es nicht, der Geistliche – der Pope – kam von weither; Gebete, Rituale, wie die Totenwache vollzogen die Einwohner selbst. Auch an wilde Tiere, vor allem Wölfe, die im Winter die Gegend durchkreuzten, kann sich Walja Gruschwitz erinnern. Der Kaukasus ist wunderschön, aber voller Kontraste – hier erlebe man alle Klimazonen der Welt. Als Walja in die 6. Klasse kommt, gibt es den ersten Strom und ein Radio mit Lautsprechern an den Straßenlaternen. Wir Schüler haben es fertiggebracht, das Radio als „Telefon“ zu nutzen und Hausaufgaben gemeinsam anzufertigen, schmunzelt Walja Gruschwitz. Trotz des schweren Lebens habe man zusammengehalten, die Kinder des Ortes hätten sich gegenseitig erzogen. Als im Jahr 1953 der Staatschef der UdSSR, Josef Stalin stirbt, machen sich auch in ihrem Dorf Erleichterungen bemerkbar. Zum Beispiel durfte man den Ort nun ohne Erlaubnis verlassen, eine höhere Schule wurde eingerichtet und den Kindern die Möglichkeit des Studiums eingeräumt. Ihr Studium absolvierte Valentina im nordkaukasischen Stawropol. Dort lernte sie auch ihren späteren Mann kennen. Später zog sie mit ihm nach Greiz, sie gründeten eine Familie mit zwei Kindern. Bis 2004 war Frau Gruschwitz als Berufsschullehrerin tätig.

Denkt sie an ihr bewegtes Leben zurück, ist sie trotzdem von Herzen dankbar: Gott sei Dank erlebte ich diese Kindheit, sonst hätte ich nicht dieses Bedürfnis anderen zu helfen, mit anderen zu teilen und Verantwortung zu übernehmen, entwickeln können.
Anfang der 1990er Jahre begann die Lehrerin, Hilfstransporte mit dringend benötigten Hilfsgütern zu bedürftigen, vom Reaktorunglück betroffenen Familien zu initiieren. Sie organisierte ein Team, auf das sie in all den Jahren zählen konnte. Hunderte Tonnen Hilfsgüter wurden seitdem transportiert, um Not und Elend der Tschernobyl-Kinder« zu lindern. Daraus gründete sich im Februar 2009 der Verein Hilfstransport Greiz-Brest e.V.«, dessen Ehrenpräsidentin sie wurde.
Im Jahr 2008 wurde Valentina Gruschwitz vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler mit der Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland geehrt.
Valentina Gruschwitz aus Greiz war Lehrerin an einer Berufsbildenden Schule. Ehrenamtlich unterstützt sie ausländische Mitbürger dabei, mit den Gegebenheiten und Anforderungen des Alltags zurechtzukommen und in Thüringen Fuß zu fassen. Darüber hinaus organisiert sie regelmäßig Hilfstransporte mit gespendeten Gebrauchsgegenständen und medizinischen Geräten nach Brest in Weißrussland hieß es in der Laudatio.

Gratulieren wir der engagierten Frau von Herzen und wünschen ihr noch viele Jahre bei bester Gesundheit.
Antje-Gesine Marsch @17.02.2014