Proben vor der Aufführung des Oratoriums "Elias"Propsteikantor Oliver Scheffels und die Sängerinnen und Sänger des Greizer Kantatenchores geben in der vorletzten Probe vor den Aufführungen von Mendelssohns „Elias“ in Berlin und Greiz noch einmal alles für den letzten musikalischen Feinschliff des Oratoriums.

Greizer Kantatenchor führt am 6. November Mendelssohn Bartholdys Meisterwerk „Elias“ in der Vogtlandhalle auf. Einen Tag zuvor treten die Choristen in Berlin auf.

GREIZ. Eine Partitur zu lesen will gelernt sein. Seit Januar dieses Jahres sind die gebundenen Notenblätter des Oratoriums „Elias“ op. 70 von Felix Mendelssohn Bartholdy zur Lieblingsliteratur von Propsteikantor Oliver Scheffels geworden.

Wenn man bedenkt, dass der Komponist zehn Jahre damit beschäftigt war, das Werk zu schaffen, für den Kantor eine verschwindend kurze Zeit, es auswendig zu lernen. Genau das macht Oliver Scheffels. „Meistens nachts, wenn kein Telefon klingelt“, wie er augenzwinkernd meint.

Seit Anfang des Jahres probt auch der Greizer Kantatenchor dieses große musikalische Werk, um es am 5. November in Berlin-Tempelhof und am Tag darauf, Sonntag, den 6. November, um 19 Uhr gemeinsam mit dem Chor der Kantorei Alt-Tempelhof und der Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach in der Vogtlandhalle Greiz aufzuführen.
Mendelssohns Komposition bezeichnet der Greizer Kantor nicht nur als „Meilenstein in der Oratorienliteratur“, sondern zugleich als Initialzündung für seine eigene kirchenmusikalische Entwicklung „Mit vierzehn Jahren sang ich den ‚Elias‘ in meiner Heimatkantorei
Ingolstadt“, wie sich Scheffels erinnert.

Jahre später – der Kantor versah im ersten Jahr seinen Dienst in Greiz – führte er das Werk bereits in der Stadtkirche „St. Marien“ auf. „Obwohl ich die Partitur kannte, las ich sie wie zum ersten Mal.“ Immer entdecke er neue Details. Dabei biete das Oratorium über die biblische Geschichte des Propheten Elias eine Vielzahl musikalischer Ausdrucksmöglichkeiten.

„Wir singen das Werk jetzt noch nuancierter, auch die dynamischen Abstufungen haben wir noch besser herausgearbeitet; vom feinsten Pianissimo bis zum donnernden Fortissimo“, so Scheffels, dem es von besonderer Wichtigkeit ist, den Chor geistig direkt in das Geschehen zu integrieren, ihn als Teil des Ganzen zu sehen. „Ihr müsst euch vorstellen, ihr lebt im 9. Jahrhundert vor Christi“, wie er seinen Choristen zum noch besseren Verständnis des Werkes im historischen Kontext empfiehlt.
Oliver Scheffels selbst studierte dazu Aufsätze aus der Weltgeschichte und las das Buch „Der Fünfte Berg“ von Paulo Coelho, das ins Jahr 870 v. Chr. zurückversetzt, als Gott Elia befahl, Israel zu verlassen und ins Exil zu gehen. „Aus partiellen Dingen entsteht langsam ein großes Ganzes“, wie der Kantor die intensive Probenarbeit der letzten Wochen beschreibt.

Nun steht noch eine Chorprobe ins Haus; am kommenden Freitag wird es Ernst: „Dann führen wir die Hauptprobe mit dem Chor, dem Orchester und den Solisten Andrea Chudak (Sopran), Ulrike Helzel (Alt), Mathis Gronemeyer (Tenor) und Markus Brück (Bariton) durch.“

Tags darauf wird das Werk nach einer Generalprobe unter Leitung von Wolfgang Wedel in Berlin aufgeführt. Besonders fiebern Kantor Scheffels und der Kantatenchor natürlich dem Auftritt in der Greizer Vogtlandhalle entgegen: „Es wird für uns eine Premiere sein.“ Natürlich könne er auch eine gewisse Spannung im Vorfeld nicht gänzlich verbergen, wie er gesteht, doch das „wunderbare Gefühl und die Freude, dieses Werk aufzuführen“ seien genauso groß. „Wenn ich mit den Solisten die Bühne betrete, ist alle Nervosität verflogen.“

Antje-Gesine Marsch @25.10.2011