Wieder BürgerkircheDie Emporen sind verhüllt; der 3. Bauabschnitt wird bis November geschafft sein.

Der 3. Bauabschnitt in der Greizer Stadtkirche St. Marien hat begonnen. Für die nächsten vier Monate bleibt das Gotteshaus geschlossen. Feierliche Einweihung für den 18. November geplant
GREIZ. Die „Kulinarische Orgelnacht“, die am vergangenen Sonnabend eine Vielzahl Gäste in die Greizer Stadtkirche zog sowie der Abendmahlgottesdienst am Sonntagvormittag waren für die nächsten vier Monate die letzten Veranstaltungen, die im Gotteshaus St. Marien stattfanden. Mit dem 3. und letzten Bauabschnitt beginnt nun die Sanierung der Emporen, wie Superintendent Andreas Görbert im Gespräch erklärt und dazu kurz in die Historie eintaucht: Bereits im Jahr 1987 habe nach langen Verhandlungen und Auseinandersetzungen das Gerüst am Kirchturm gestanden. Die Arbeiten zur Rettung der Kirche begannen. Geldsorgen unterbrachen sie. Die Entdeckungen weiterer Bauschäden warfen zurück, schreibt Pfarrer i.R. Klaus Böhme im Flyer Die Emporen, der jüngst erschien. Im Jahr 2006 wurde die Innenrenovierung der Kirche in Angriff genommen, nachdem sich zwei Jahre vorher der Kirchenbauverein Greiz e.V. konstituiert hatte. Bereits 2004 habe es einen Informationsabend in der Kirche gegeben, wobei den Interessierten eine erste Probeachse vorgestellt wurde, wie Görbert ausführte. Die Sanierung der Decke verlief dann dramatisch, erinnert sich der Superintendent. Entdeckte Schwammschäden hätten Architekten und Bauschaffende vor große Aufgaben gestellt. Im Jahre 2009 wurden die Kanzel, der Altar und die Altarwand saniert. Auch hier sorgte der Schwammbefall für Ernüchterung. Das war die Sternstunde unseres Hausmeisters, Reinhard Limmer, so Görbert. Von der Rückwand habe er in Präzisionsarbeit Stück für Stück der korinthischen Säulen abgenommen und den Altar mittels eines Gerüstes gestützt. Fast ein ganzes Jahr musste die Kirche im vergangenen Jahr geschlossen bleiben; der Einbau eines neuen Fußbodens samt Heizung wurde Ende des Jahres 2011 abgeschlossen. Auch die aufgearbeiteten Kirchenbänke erstrahlen seither in neuem Glanz. Der dritte Bauabschnitt sieht nun die Sanierung der Emporen vor. Die Holzbrüstung soll die ursprüngliche Ausmalung zurück erhalten; hinter fünf Farbschichten habe man den Urzustand wiederentdeckt. Die gesamte Sanierung erfolgt nicht nach Gutdünken, sondern soll den ursprünglichen Raumbestand widerspiegeln, wie er sich zur Eröffnung der Stadtkirche offenbarte, unterstreicht der Superintendent. Eine angelegte Probeachse zeuge von der phänomenalen Gestaltung. Man werde sich in die Zeit vor zweihundert Jahren zurück versetzt fühlen, meint der Geistliche, und führt als nächstgelegene Kirche die Leipziger Nikolaikirche an, die ebenfalls im Stil des Frühklassizismus erbaut wurde und alle Überzeugungen in ein Ganzes bringt. Greiz soll wieder eine Bürgerkirche bekommen offen für Veranstaltungen jeglicher Art, wie es Görbert vorschwebt. Gottesdienste, aber auch Konzerte, Vorträge oder Aufführungen werden die Greizer Bürger noch mehr mit dem sakralen Gebäude verbinden. So wie früher, als die Kirch- und die Bürgergemeinde der Stadt eine Einheit waren. Wenn sich am 18. November die Kirche in hellem Glanz präsentiert, werden die Festgottesdienstbesucher auch die Sitzkissen wieder auf den Bänke finden, die beim Auszug am Sonntag symbolisch herausgetragen wurden. Mit dem 3. Bauabschnitt, der mit einer Summe von 130000 Euro veranschlagt wurde, schließt die langjährige Sanierung der Stadtkirche. Bis auf die Orgel, wie Andreas Görbert hinwies. Die Königin der Instrumente bedarf einer besonderen Kur, bis sie klanglich wieder so erstrahlt, wie es sich Propsteikantor Oliver Scheffels seit Jahren wünscht. Auch hier müsse man alle Möglichkeiten ausschöpfen, die Finanzierung zu ermöglichen. Geld spielt halt immer wieder die entscheidende Rolle, so Görbert, der auch nicht verschweigt, dass eine bei der Emporen-Sanierung eine finanzielle Deckungslücke klafft. 20000 Euro müssen wir durch Spenden erwirtschaften; beispielsweise fließen die Erlöse der Kulinarischen Orgelnacht mit ein.

Info:
Im Jahr 1225 wurde erstmals eine Kirche urkundlich erwähnt, um die der Friedhof lag. Das Gebiet wurde damals durch die Vögte von Weida regiert. Glocken, die in einem besonderen Glockenhaus vor dem Turm hingen, hat es auch bereits gegeben. Im Jahre 1533 wurde in Greiz die Reformation eingeführt und die Kirche wurde evangelisch-lutherisch. 1739 erhielt diese Kirche eine Silbermann-Orgel; durch den Stadtbrand im Jahre 1802 wurde die Stadtkirche schwer beschädigt, die Orgel fiel den Flammen zum Opfer. Der Wiederaufbau der Kirche erfolgte in den Jahren 1802 bis 1805. Die bisher letzte größere Umgestaltung und Renovierung des Innenraums fand im Jahr 1934 statt.

Antje-Gesine Marsch @20.07.2012