Zeitzeuge Dr.Heinz Steudel berichtet im Ulf-Merbold-GymnasiumDr. Heinz Steudel referierte als Zeitzeuge

Zeitzeuge Dr.Heinz Steudel berichtet im Ulf-Merbold-Gymnasium
GREIZ. Eine Geschichtsstunde wird umso interessanter, wenn bestimmte Zahlen, Fakten und Geschehnisse von konkreten Berichten und Erlebnissen untermauert werden. Am Montagvormittag referierte der Berliner Dr. Heinz Steudel vor Zehntklässlern in der Aula des Ulf-Merbold-Gymnasiums über den Komplex DDR-Justiz und Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) und stellte sich als Zeitzeuge zur Verfügung.
Dr. Heinz Steudel weilte am Sonnabend bereits zum Absolventenball in der Vogtlandhalle, besah sich das neue Schulgebäude und bot an, vor den Schülern einen Vortrag über diese Thematik zu halten. Geboren wurde Heinz Steudel im Jahr 1935 in Langenwetzendorf. „Ich habe von 1949 bis 1953 die EOS „Dr. Theodor-Neubauer“ in Greiz besucht. Als Physikstudent bin ich in Jena in die Fänge der Stasi geraten und wegen ’staatsgefährdender Hetze‘ vom Bezirksgericht Gera zu 18 Monaten Zuchthaus verurteilt worden“, stellte Dr. Heinz Steudel seinem Vortrag voran. Am 30. November 1956 fand in den Räumen der Jenaer Mensa der jährlich veranstaltete Physikerball statt, an dem Heinz Steudel wesentlich beteiligt war. Insbesondere stellte er die Ereignisse des wenige Wochen zuvor niedergeschlagenen Ungarnaufstands in Form einer Tierfabel unter Mitwirkung eines Jägers, eines Wanderers und eines Hundes auf die Bühne. Die „Abrechnung“ erfolgte ein Jahr später. Im März 1958 wurde Heinz Steudel verhaftet. Er verbrachte sieben Monate Einzelhaft in der STASI-Haftanstalt Gera. Für die „staatsgefährdende Hetze“ erhielt Dr. Heinz Steudel dann die genannte Haftstrafe von achtzehn Monaten. In seinem interessanten Vortrag, der mit vielen Informationen in den Kontext zur Geschichte der DDR und der osteuropäischen sozialistischen Staatensysteme gesetzt wurde, spielte er jene Szene aus dem Jahr 1956 den Schülern noch einmal in wechselnden Rollen vor. Es ist schwierig, die damalige Zeit zu verstehen, man kann sich heute nicht vorstellen, wegen eines kabarettistischen Stückes solche Repressalien erleben zu müssen, fasste eine Schülerin diese Geschichtsstunde der ganz besonderen Art zusammen. Die Gymnasiasten bedankten sich herzlich bei Dr. Heinz Steudel für diesen interessanten Zeitzeugen-Vortrag.

Antje-Gesine Marsch @01.10.2012